VW ist Ursache und Testfall für Musterklagen
Im Abgas-Skandal reichten die Verbraucherzentralen gestern im Namen mehrerer Geschädigter Klage ein – eine juristische Premiere.
leichter, ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.
VW ist sowohl Ursache als auch erster Testfall für die Musterklage. Weltweit hat der Autobauer mit seiner Betrugssoftware Millionen Käufer von Dieselautos getäuscht. Doch die Konsequenzen waren je nach Land sehr unterschiedlich. Während Dieselkäufer in den USA bis zu 10 000 Dollar Wiedergutmachung bekamen und Volkswagen zusätzlich die Autos zurückkaufte oder umrüstete, wurden die meisten einmal über den gesamten Schadenersatz mit dem Unternehmen. Beide Seiten werden dabei von Spezialanwälten vertreten, während sich das in Deutschland kaum ein Verbraucher leisten kann. Diese Ungleichheit sorgte für politischen Druck: Kurz bevor die Ansprüche der Dieselkäufer gegen Volkswagen verjähren, führte die Bundesregierung die Musterklage ein.
„Damit sind die Verbraucher sicher noch nicht auf Augenhöhe mit den Unternehmen“, sagt der Anwalt Ralf Stoll, der die klagenden Verbände Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und ADAC gegen VW vertritt. Es handle sich dennoch um einen Meilenstein: „Jetzt haben wir die Möglichkeit, einmal Dinge feststellen zu lassen, die dann für alle gelten.“Das sei für die Betroffenen kostenlos und erleichtere ihnen die Entscheidung über eine eigene Klage. Denn ein Musterprozess kann nur feststellen, ob die Voraussetzungen für Schadenersatz prinzipiell gegeben sind. Über die genaue Höhe müssen dann andere Gerichte entscheiden – wieder im Einzelfall.
Wer mitmachen will, muss sich nun in ein Klageregister beim Bundesamt für Justiz eintragen. Dafür genügt ein ausgefülltes Formular per E-Mail. Damit eine Musterklage überhaupt zugelassen wird, müssen sich innerhalb von zwei Monaten ab öffentlicher Bekanntmachung mindestens 50 Verbraucher in das Register eintragen.
Bei den Unternehmen hat die Musterklage wenig Fans. So warnt der Chef der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt: „Wir sehen die Gefahr, dass künftig häufig die Forderungen nicht im Verhältnis zu möglichen finanziellen Einbußen und dem drohenden Reputationsverlust des beklagten Unternehmens stehen werden.“