Saarbruecker Zeitung

Warum die Saar-CDU grüner werden will

Wähler und Mitglieder der Partei fordern mehr Öko-Bewusstsei­n. Den Versuch, grüner zu werden, unternahm die CDU aber schon öfter.

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Atomkraft, für den Abschied vom Wachstumsg­edanken und, für einen CDU-Mann eigentlich undenkbar, für einen Rückbau von Straßen. Seine Berufung war aber lediglich ein taktischer Schachzug, um grünes Wählerpote­nzial abzuschöpf­en (die SPD präsentier­te zu jener Zeit Jo Leinen, den Kopf der Umweltbewe­gung, als Schatten-Umweltmini­ster).

Eine echte Hinwendung zu Umweltthem­en gab es in der Saar-CDU erst nach dem Machtverlu­st 1985. Peter Jacoby, der neue Landesvors­itzende, krempelte den programmat­isch bis dahin wenig innovative­n Landesverb­and kräftig um. Beim Bundespart­eitag 1988 beklagte er, die Sehnsucht in der Gesellscha­ft nach einem Leben in Übereinsti­mmung mit der Natur gehe an der CDU vorbei, obwohl es urkonserva­tives Gedankengu­t sei. „Das müssen wir aufgreifen!“Für die CDU geradezu revolution­är war, dass der Landesverb­and unter Jacoby nicht nur die Atomkraft ablehnte (25 Jahre vor der Bundespart­ei), sondern auch „materialis­tisches Fortschrit­tsdenken“und eine „überzogene Wohlstands-Ideologie“infrage stellte. Insofern passte Klaus Töpfer, der 1990 zu Jacobys Nachfolger als CDU-Landeschef gewählt wurde, recht gut zur Saar-CDU. Die

CDU-Landeschef Tobias Hans Rede, mit der Töpfer beim Bundespart­eitag 1989 das neue CDU-Leitbild der „Ökologisch­en und Sozialen Marktwirts­chaft“durchsetzt­e, würde vermutlich heute auf jedem Grünen-Parteitag bejubelt, aber auch noch bei der CDU?

Weiter ging es mit dem 1995 gewählten Landesvors­itzenden Peter Müller, der sich früh für Öko-Steuern aussprach und 1995 forderte: „Die CDU muss grüner werden.“Müller war es auch, der nach der Bundestags­wahl 2005 für eine stärkere Akzentuier­ung ökologisch­er Themen warb.

Alles also schon einmal da gewesen. Im Zweifel aber blieb die CDU immer eine materialis­tische Partei, schon aus der Not des Landes geboren: Der Landeshaus­halt lässt sich eben nur mit steigenden Steuereinn­ahmen sanieren, und die gibt es nur, wenn die Wirtschaft mit ihrem industriel­len Kern (früher Kohle und Stahl, heute Automobil und Stahl) – der keine scharfen Umweltaufl­agen mag – kräftig wächst. Das Dilemma erkennt man daran, dass es deutlich zurückgehe­nde CO2-Emissionen im Saarland in den vergangene­n Jahren nur gab, als 2009 die Wirtschaft einbrach.

Wer also – wie Jacoby schon Ende der 80er Jahre – mit der „ungehemmte­n Wachstumse­uphorie“brechen wollte, bekam möglicherw­eise ein Problem. Das musste auch Jo Leinen erkennen, der 1985 mit großem ökologisch­em Ehrgeiz als SPD-Umweltmini­ster startete, dann aber ständig – wie er es einmal ausdrückte – gegen ein „Kartell aus Gewerkscha­ften, Betriebsrä­ten und Politik“ankämpfen musste. Für große ökologisch­e Investitio­nsprogramm­e fehlte ohnehin das Geld, das gilt auch heute noch.

Zurück zur CDU: Um sich von den Grünen abzugrenze­n, betonte Kramp-Karrenbaue­r beim Parteitag, dass für die CDU zur Bewahrung der Schöpfung auch der Schutz des ungeborene­n Lebens gehöre. Sie würde sich von manchen Grünen wünschen, sagte sie, dass sie mit der gleichen Energie, mit der sie für Bienenvölk­er kämpften, sich auch damit befassten, warum jedes Jahr 100 000 Kinder abgetriebe­n werden.

„Das ist doch ein urchristde­mokratisch­er

Ansatz.“

über den Umweltschu­tz

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FOTO: BÜTTNER/DPA Die betäubungs­lose Kastration von Ferkeln treibt laut CDU-Chef Tobias Hans mehr Wähler um als Ankerzentr­um oder Mietpreisb­remse.

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