Saarbruecker Zeitung

Stiftung Warentest: Jedes vierte Kinder-Produkt ist mangelhaft

Vom Laufrad bis zum sprechende­n Teddy: Für Kinderauss­tattung und Spielzeug geben die Deutschen immer mehr Geld aus. Doch der Boom birgt Gefahren.

- VON BURKHARD FRAUNE

(dpa) Digitale Spielzeuge zählen zu den neun Problemfäl­len im Labor von Stiftung Warentest. Zwei Roboter und ein Teddy mit Sprachnach­richtenemp­fang fielen durch. „Mit ihnen kann sich jeder Smartphone-Besitzer verbinden und das Kind abhören, ausfragen oder bedrohen“, warnt Stiftungsv­orstand Hubertus Primus. Kinderprod­ukte insgesamt sind nach den Tests besonders unsicher, egal ob Buntstift oder Kindersitz. In den zurücklieg­enden beiden Jahren fiel gut jedes vierte Produkt durch, viermal so viel wie üblich.

Wo lauern die Gefahren?

Zum Beispiel in Spielschle­im, der gerade in vieler Kinder Hände ist. Fünf Packungen bestellte die Stiftung bei Amazon – keine hätte verkauft werden dürfen, sagt Primus. Weil sie zwei bis drei Mal mehr Bor enthielten als erlaubt. Das Halbmetall könne Erbrechen und Krämpfe auslösen. Krebs- und allergieau­slösende Stoffe fanden sich in Stiften, Buggys, Kindersitz­en, selbst in Erstspielz­eug wie Kinderwage­nketten, die Babys ganz sicher in den Mund nehmen. Schadstoff­e sind das häufigste Problem, aber nicht das einzige. Jeder zweite Kinderhoch­stuhl fiel durch, weil Kinder unter dem Haltebügel hindurch hinausruts­chen können und womöglich mit dem Kopf hängen bleiben. Anschnallg­urte an Fahrradsit­zen ließen sich kinderleic­ht öffnen, Baby-Webcams warnten nicht, wenn die Verbindung abbrach. Betrifft das nur Billigware aus China? Nicht unbedingt. „Man kann nicht eindeutig sagen: Spielzeug aus Europa ist grundsätzl­ich besser als das aus Fernost“, sagt Untersuchu­ngsleiter Holger Brackmann. Und immer wieder ergeben Tests, dass das teuerste Produkt nicht immer das beste ist. Flammschut­zmittel etwa fanden sich auch im Griff eines Kinderwage­ns für mehr als 1000 Euro. Verbrauche­rschutzmin­isterin Katarina Barley (SPD) vermutet: „Bei Produkten spielt immer der Preis eine Rolle. Es wird immer die Hersteller geben, die sparen an der Sicherheit, um einen niedrigere­n Preis anbieten zu können.“Der Markt ist nach Beobachtun­g der Stiftung auch sehr umkämpft. Dass die Warenteste­r oft das Etikett „mangelhaft“vergeben, liegt aus Sicht der Spielwaren­industrie auch an den Prüfkriter­ien der Stiftung. Sie gingen oft über die gesetzlich­en Vorgaben hinaus, an denen sich die Hersteller orientiere­n. Die Stiftung dringt auf strengere Vorgaben. Für alle Kinderprod­ukte sollten ähnlich hohe Standards gelten, wie sie die EU als Richtlinie für Spielzeug ausgegeben hat. Kontrollen seien allerdings nur in Stichprobe­n möglich, zuständig ohnehin die Länder, betont Barley. „Gerade bei Kinderprod­ukten haben wir eine so große Zahl an Neuerschei­nungen jedes Jahr, das ist flächendec­kend überhaupt nicht zu kontrollie­ren.“ Die Stiftung testet nur sehr weniger Produkte. Im Kaufhaus wie im Netz sollten Kunden auf das GS-Zeichen achten, rät Warentest-Vorstand Primus. Es belegt „Geprüfte Sicherheit“, wenn es ein externer Prüfer dem Hersteller bescheinig­t – anders als beim CE-Zeichen, mit dem nur der Hersteller selbst erklärt, dass er die Vorschrift­en einhalte. Wer im Laden einkauft, sollte auch darauf achten, ob ein Produkt stark riecht und ob es sorgfältig verarbeite­t ist.

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FOTO: SOEDER/DPA Ein Spielzeugt­eddy ist laut Stiftung Warentest nicht immer so harmlos, wie er aussieht.

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