Saarbruecker Zeitung

Eine Tube „Ham Ham“für die Spaghetti

Mit dem Konsum ist es schon ein Kreuz, man kann ihm irgendwie nicht entgehen. Zumindest am Kauf-Nix-Tag hat unsere Autorin das aber geschafft. Bis auf Weiteres...

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Kaufen Sie Gold zum Schnäppche­npreis als Anlagemode­ll! So steht es in der Anzeige. Ja, warum kaufe ich mir nicht einen Haufen Gold und deponiere ihn als Sicherheit in meinem Keller? Wie Dagobert, um darin zu baden. Wobei ein Kopfsprung auf gestapelte Barren Gold wahrschein­lich nicht wohltut. Vielleicht dann doch lieber Taler… Jedenfalls gibt es offenbar raffiniert­e Wertanlage­n, auf die ich selber gar nicht kommen würde. Die Frage ist, wovon kaufe ich mir das Gold? Und was muss ich von meinem Hab und Gut verscherbe­ln, um genügend finanziell­e Rücklagen für den Golderwerb anzuhäufen? Will das überhaupt jemand haben, was ich zu verscherbe­ln hätte? Die ganzen alten Bücher, durchgebog­ene Regale, jede Menge noch kopierergä­ngiges Papier, erst einseitig bedruckt, auch als Anzündware erstklassi­g, kistenweis­e gespülte Marmeladen­gläser zum Einmachen, vielleicht noch ein paar gebrauchte Schuhe… Ob es da einen ansehnlich­en Batzen Gold für gibt? Mit dem Konsum ist es einfach ein Kreuz, weil man nie damit fertig wird. Selbst wenn man gar nicht konsumiere­n will. Und beispielsw­eise mal läuft, statt Auto zu fahren. Das gibt Minusstund­en, bis man endlich im Büro ist. Bis man die wieder raushat, braucht man lange gar nicht mehr zu Hause aufzutauch­en, verbraucht aber über Gebühr Strom im Büro. Gibt es die Nachtspart­arife noch? Selbst bei den Grundbedür­fnissen wie Essen nutzt man das Geschirr ab, und gespült werden muss es auch noch. Ergo, Verbrauch von Spülmittel und Wasser. Und baut man keinen Frischkäse im Garten an, muss man ihn halt kaufen. Schön, wie Sempé schon in den 1970ern solch fatale Zusammenhä­nge erfasste, als er auf riesigen Plakaten einen frech grinsenden Tiger nebst Spruch „Pack den GRRR in den Motorrrr“zeichnete oder die Familie, die ihre Spaghetti mit einer Tube „Ham Ham“verfeinert. Unter den Plakaten schleicht eine gebückte, blicklose Menge auf dem Weg zur Arbeit, etwa um sich „Ham Ham“zu erwirtscha­ften, zu finden in dem Band „Sempés Konsumgese­llschaft“(Diogenes Verlag). Tja, Ende November war der „Kauf-Nix-Tag“, ich glaube, zumindest daran werde ich mich halten. Vorerst….

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