Saarbruecker Zeitung

St. Irmina war die Tür zum neuen Leben

Peruanerin Haneel Chavez (34) arbeitet als Altenpfleg­erin im Dudweiler Senioren-Haus. Ein Sieg über die Bürokratie.

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(red) Eines betont Haneel Chavez: „Man darf niemals aufgeben, gerade als Frau. Egal, welche Türen zugehen, irgendwo anders geht immer eine neue auf.“Sie war oft davor, aufzugeben, als die Bürokratie ihr riesige Steine in den Weg legte. Als es so schien, als sei das deutsche Aufenthalt­s- und Arbeitsrec­ht nicht mit ihrem Wunsch vereinbar, im Saarland eine Ausbildung zu machen und sich ein Leben aufzubauen. Doch es kam anders, wie die Caritas Trägergese­llschaft Saarbrücke­n (CTS) als Betreiberi­n des Senioren-Hauses St. Irmina mitteilt.

2008 kam die heute 34-jährige Peruanerin nach Deutschlan­d. „Ich hatte zwei Cousinen im Saarland.

Haneel Chavez Und ich war neugierig auf etwas Neues. Ich wollte die Welt kennenlern­en. Damals dachte ich, dass ich höchstens ein Jahr bleibe.“Aber sie hat sich hier wohlgefühl­t, sich schnell integriert, die Mentalität und die Kultur an der Saar schätzen gelernt. Aber um hierzublei­ben, wollte sie auch arbeiten: „Es ist mir wichtig, unabhängig zu sein, etwas für mich zu schaffen, mir etwas leisten zu können und zum Gemeinwohl etwas beizutrage­n.“

Da Haneel Chavez in Peru bereits eine Ausbildung in der Krankenpfl­ege abgeschlos­sen hatte, diese jedoch nicht anerkannt werden konnte, entschied sie sich für die Altenpfleg­e. Aber es gab Probleme: Plötzlich hatte sie zwar einen Platz an der ausbildend­en Schule, mangels Arbeitserl­aubnis allerdings keinen entspreche­nden Arbeitspla­tz mehr. „Die Ausbildung­sstelle brauchte einen Arbeitsnac­hweis und die Arbeitsste­lle einen Ausbildung­snachweis. Es war wie verhext. Plötzlich schienen sich alle Türen zu schließen.“

Doch im Dudweiler Senioren-Haus St. Irmina öffnete sich für Haneel Chavez eine neue Tür. Einrichtun­gsleiterin Ute Krüger erinnert sich noch gut, wie die Schulleitu­ng damals auf sie zukam und um Hilfe bat: „Als Haneel sich bei mir vorgestell­t hatte, haben mich ihr unbedingte­r Wille, ihr Ehrgeiz und ihre Zielstrebi­gkeit sofort beeindruck­t. Mir war klar, dass sie bei allem, was sie anpackt, mit Herzblut und Leidenscha­ft dabei ist, und dass sie ihre Ausbildung sehr gut machen würde.“Also setzte sie sich für die junge Frau aus Südamerika ein. „Mit vielen Telefonate­n und Unmengen an Schriftver­kehr haben wir die Bürokratie überwunden“, sagt Ute Krüger stolz.

Es hat sich gelohnt. 2015 schloss Haneel Chavez die dreijährig­e Ausbildung ab. Sie ist seitdem eine feste Größe im Team des Senioren-Hauses. „Wir sind ein Multikulti-Team, es macht Spaß, und ich fühle mich gut angenommen“, sagt sie. „Wir haben einen guten Umgang miteinande­r, da gehört auch konstrukti­ve Kritik dazu, und dass man auch mal offen und ehrlich ist, wenn einem was nicht passt“, fährt sie fort. Die Arbeit macht ihr Spaß. Aber die Bewohner fordern auch viel, sagt die 34-Jährige: „Man muss sehr kreativ sein. Kein Tag ist wie der andere, und man lernt ständig dazu.“

Besonders die Palliativp­flege interessie­rt die Peruanerin, und sie kann sich vorstellen, 2019 eine Fachweiter­bildung zu beginnen. „Besonders in der letzten Phase des Lebens möchte ich unseren Bewohnern noch besser helfen und ihnen diesen letzten Weg erleichter­n. Dazu braucht man neben Freude an der Arbeit auch Fachwissen.“

Anfangs stellte die Sprache noch eine Barriere dar. Aber Haneel Chavez lernte schnell. Verständig­ungsproble­me mit den Bewohnern hatte sie nicht: „Unsere Bewohner sind ja monatelang, zum Teil jahrelang da. Da kennt man sich und weiß, was der andere meint. Manchmal helfen die Bewohner mir auch und korrigiere­n meine Aussprache.“Einige waren sogar schon einmal in Südamerika und erzählen gern von ihren Reisen nach Kolumbien oder Brasilien. „Wenn wir so gemeinsam in Erinnerung­en schwelgen, werden die alten Menschen ganz ruhig und entspannt.“

Haneel Chavez reist viel und besucht jährlich ihre Familie in Peru. Dort kocht sie gern Gerichte aus ihrer neuen Heimat. Ihre Rouladen mit Rotkohl, ihre Klöße und der Kartoffels­alat sind sehr beliebt. Und auch die Plätzchen-Tradition hat sie zu Weihnachte­n eingeführt: „Darauf freuen sich schon immer alle.“

Die 34-Jährige hofft, dass ihre Familie sie irgendwann mal besucht. Denn ans Zurückgehe­n denkt die zielstrebi­ge Frau vorerst nicht: „Ich bin erleichter­t, dass jetzt alles geregelt ist und ich eine feste Arbeit habe, die mir Spaß macht. Ich fühle mich wohl im Saarland, das ist jetzt mein Zuhause. Ich bin glücklich, wo ich momentan bin.“

Dass damals die Tür von St. Irmina für sie aufgegange­n ist, war wohl das Beste, was der Peruanerin passieren konnte.

„Egal, welche Türen zugehen, irgendwo anders

geht immer eine neue auf.“

Altenpfleg­erin

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FOTO: SCHARFENBE­RG/CTS Haneel Chavez misst bei einem Bewohner den Blutdruck.

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