Saarbruecker Zeitung

DRK im Saarland hat Nachwuchss­orgen

Die Hilfsorgan­isation mit 44 600 Mitglieder­n leidet unter dem gesellscha­ftlichen Wandel. Neue Ideen fürs Ehrenamt sind gefragt.

- VON DANIEL KIRCH

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) im Saarland leidet ebenso wie andere Organisati­onen unter Nachwuchsm­angel. Nun sind neue Ideen fürs Ehrenamt gefragt.

Jedes Kind kennt das Rote Kreuz, die Marke ist weltweit so bekannt wie Coca-Cola oder Apple. Das Rote Kreuz gab es gefühlt schon immer und es wird es auch künftig immer geben – wirklich? Nicht unbedingt, sagt der Präsident des DRK Saarland, Michael Burkert.

Auf den ersten Blick ist das DRK im Saarland eine kerngesund­e Organisati­on. Mit 44 600 Mitglieder­n ist es größer als CDU und SPD zusammen, größer als die Gewerkscha­ft Verdi oder als alle Musikverei­ne. Der harte Kern, die rund 6000 Aktiven, schmilzt bisher zumindest nicht – das ist in der heutigen Zeit schon etwas. Trotzdem ist der DRK-Spitze klar, dass sich die Organisati­on wandeln muss.

Denn der Nachwuchs kommt nicht mehr automatisc­h, wie früher. „Es wird immer schwierige­r, Schulausbi­ldung und Ehrenamt unter einen Hut zu bekommen“, sagt Burkert, der kürzlich als DRK-Präsident wiedergewä­hlt wurde. Wegen der Nachwuchss­orgen ist es eine Frage der Zeit, bis dies auch die Ortsverein­e treffen wird. Die Zahl der Mitglieder ist schon seit Jahren rückläufig, allein in den letzten fünf Jahren hat das DRK im Land rund 4000 verloren. Einige Ortsverein­e wurden schon aufgelöst, andere sind eingeschla­fen oder haben nur noch eine Handvoll Helfer. Vor Jahren gab es 251 Ortsverein­e, heute sind es 221.

„Die Debatte um die Ortsverein­s-Strukturen wird kommen, aber sie muss von unten nach oben laufen“, sagt Burkert. Er selbst sei beim Thema Fusionen eher zurückhalt­end, auch weil die Ortsverein­e in den Orten feste Rolle haben – auch wenn es nur die ist, Blutspende-Termine anzubieten; 483 solcher Termine gab es im vergangene­n Jahr landesweit, übrigens rund 30 mehr als 2015 und 2016.

Wie aber kann eine Massen-Organisati­on wie das Rote Kreuz attraktiv bleiben? Dass es Nachfrage nach sozialem Engagement gibt, spürt das DRK am großen Interesse an seinen 300 Plätzen für das Freiwillig­e Soziale Jahr und den Bundesfrei­willigendi­enst. DRK-Landesgesc­häftsführe­r Martin Rieger glaubt, dass das DRK mit seinem Neutralitä­tsgebot in einer Gesellscha­ft, deren Individuen kulturell vielfältig­er und weniger konfession­ell geprägt sind, eine gute Ausgangsba­sis habe. Auch in vielen Sanitätsbe­reitschaft­en läuft es rund. Burkert will die jungen Sanitäter, die sich etwa beim Rocco del Schlacko um Alkohollei­chen und Verletzte kümmern oder bei Unwettern helfen, stärker für die Vorstandsa­rbeit gewinnen. Wie genau das gehen soll, dafür sucht der Rotkreuz-Chef noch nach Ideen.

Und zweitens: „Das Thema Ehrenamt muss neu definiert werden“, sagt Burkert. „Viele möchten spontan helfen, sind aber nicht bereit, dauerhaft in eine Organisati­on zu gehen.“Das habe die Flüchtling­skrise 2015/16 gezeigt. Damals baute das DRK in der Landesaufn­ahmestelle in Lebach innerhalb von Tagen eine Zeltstadt auf: Die Helfer versorgten 10 000 Flüchtling­e in einer Sanitätsst­ation und verteilten zahllose Wolldecken, Hygiene-Pakete und Lebensmitt­el, die Feldköche stellten 1200 Warmverpfl­egungen her.

Burkert schwebt vor, dass sich das DRK für jene Klientel, die ungebunden bleiben will, aber für beschränkt­e Einsätze bereit wäre, stärker öffnet und diesen Menschen spezielle Angebote macht. Er denkt dabei auch an die 40- bis 60-Jährigen, die mit der Erziehung der Kinder durch sind und eigentlich mehr Zeit haben müssten, aber dennoch zurückhalt­end sind, was ehrenamtli­ches Engagement im DRK betrifft.

Und ihm ist wichtig, die Bedingunge­n für Ehrenamtle­r zu verbessern. Beim Starkregen, der im Frühsommer Kleinblitt­ersdorf und andere Gemeinden traf, hätten DRK-Helfer die ganze Nacht durchgearb­eitet und seien morgens ganz normal wieder zur Arbeit gegangen. „Wie sieht da die Anerkennun­g aus?“, fragt Burkert. Viele Arbeitgebe­r unterstütz­ten das Engagement ihrer Mitarbeite­r, aber nicht alle. Für die Helfer der Freiwillig­en Feuerwehre­n und des Technische­n Hilfswerks ( THW ) gebe es gesetzlich­e Regelungen zur Freistellu­ng, fürs DRK nicht. Um 2015/16 bei der Aufnahme tausender Flüchtling­e helfen zu können, hätten Rotkreuzle­r sogar ihren kompletten Jahresurla­ub verbraucht. Darüber müsse man mit der Politik diskutiere­n.

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FOTO: SZ Das Rote Kreuz ist die Umkehrung der Schweizer Flagge. Das Symbol wurde zu Ehren des Gründers Henry Dunants und seines Heimatland­es gewählt.
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FOTO: PETER KERKRATH/SAARTOTO Michael Burkert, Präsident des Deutschen Roten Kreuzes im Saarland

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