Destillateure brauchen feine Sinne
Die Spezialisten feilen an der richtigen Rezeptur von Schnäpsen und anderen Spirituosen. Um aus Rohstoffen wie Obst und Getreide edle Tropfen zu machen, müssen sie lernen, möglichst präzise zu schmecken und zu riechen.
(dpa) Wie wird aus einer Birne ein guter Birnenbrand? Welche Kräuter würzen einen Magenbitter? Und wie sollte eigentlich ein Spargelgeist schmecken? Mit diesen Genuss-Fragen setzen sich Destillateure beruflich auseinander. „Es ist ein sehr vielseitiger Beruf, man macht immer was anderes“, erzählt Mario Vallendar. Der 20-jährige Auszubildende tritt in der Brennerei Vallendar im rheinischen Kail in die Fußstapfen seines Vaters.
Für den angehenden Destillateur ist kein Monat wie der andere. „Mir macht am meisten Freude, wenn man den Herbst, also die Saisonzeit mit dem reifen Obst, hinter sich hat.“Mit dieser Ernte ließen sich besonders leckere Spirituosen herstellen. Auch das Brennen selbst mache viel Spaß: „Man kann an ganz vielen Stellschrauben drehen, um am Ende das Produkt möglichst aromatisch hinzubekommen.“
„Destillateur ist kein Job, das ist eine Leidenschaft“, sagt Marios Vater, Hubertus Vallendar, Inhaber der Brennerei in Kail. Er hat neben seinem Sohn noch einen weiteren Auszubildenden im Betrieb. Ihm ist wichtig, dass die angehenden Destillateure mindestens 18 Jahre alt sind. Das sei aus rechtlicher Sicht sinnvoll, da es um die Herstellung von Alkohol gehe Wer sich für den Beruf interessiere, brauche ein gutes Grundwissen in Mathematik, Chemie und Physik. Entscheidend ist auch die Sensorik: „Nur wer weiß, wie etwas richtig oder falsch schmeckt, weiß ja, was er verändern kann“, sagt Vallendar. Er ist allerdings der Meinung, dass das mit viel Übung jeder erlernen kann. „Die Auszubildenden machen einen Sensorik-Kurs, wo sie an allem und jedem riechen.“
In der Ausbildung hat jedes Lehrjahr eigene Schwerpunkte. Die Azubis lernen zunächst die Rohstoffe kennen: Was bei den Bränden das Obst ist, ist beim Whisky das Getreide. Anschließend gehe es darum, wie der Rohstoff richtig behandelt werde, damit er möglichst schonend bis in den Brennkessel gelange, erklärt Hubertus Vallendar. „Der dritte große Part ist die Destillation, der vierte die Fertigstellung und Lagerung der Brände.“
Zweimal im Jahr verbringen alle angehenden Destillateure aus Deutschland, Österreich und Südtirol sechs bis sieben Wochen an der zuständigen Berufsschule im Ruhrgebiet. Sabine Droste ist dort, im Fritz-Henßler-Berufskolleg in Dortmund, Abteilungsleiterin für den Fachbereich Destillateure. „Das Kernfach im berufsbezogenen Bereich heißt Technologie“, erklärt sie. Im ersten Jahr werden auch hier die Grundlagen gelehrt, es geht um Rohstoffe, Unfallgefahren, Arbeitsschutzmaßnahmen und Hygiene. Zudem steht Drogenkunde auf dem Stundenplan. „Im zweiten Ausbildungsjahr ist der Schwerpunkt die Herstellung von Alkohol aus diversen Rohstoffen“, erklärt Droste. Im dritten Lehrjahr geht es dann um Destillation, Reifung, Lagerung, Filtration und Abfüllung.
Wie in vielen anderen Handwerksberufen sind auch Destillateure Mangelware. Das zeigt sich an den Klassenstärken in Dortmund: Rund 20 angehende Fachkräfte sind es pro Lehrjahr, davon im Schnitt drei Schülerinnen. Nach der Ausbildungszeit können die fertigen Destillateure einen Meister oder Betriebswirt machen. Je nach Abschluss ist auch ein Studium denkbar, zum Beispiel in Lebensmittel- oder Getränketechnologie. Generell gilt laut Brennerei-Inhaber Vallendar: „Ohne Weiterbildung kommt man in dem Beruf nicht voran.“