Saarbruecker Zeitung

Kramp-Karrenbaue­r

Die neue CDU-Vorsitzend­e spricht mit der SZ über ihre Ziele, ihre Kontrahent­en und über ihr künftiges Leben als Parteichef­in.

- Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Gerrit Dauelsberg DAS INTERVIEW FÜHRTEN ULRICH BRENNER UND HAGEN STRAUSS

Frau Kramp-Karrenbaue­r, wie waren die ersten Stunden als CDU-Vorsitzend­e?

KRAMP-KARRENBAUE­R Ehrlich gesagt: Es fühlt sich immer noch etwas unwirklich an. Es braucht auch noch ein paar Tage, bis alles gesackt ist.

Gehörte Ihre Wahl zu den aufregends­ten Stunden in Ihrer Karriere?

KRAMP-KARRENBAUE­R Am größten war die Aufregung vor meiner Rede. Danach war ich einfach erleichter­t, zumal ich gemerkt habe, dass meine Rede gut funktionie­rt hat.

Paul Ziemiak, Ihr Generalsek­retär, hat mit 60 Prozent ein miserables Wahlergebn­is bekommen. Ist das nicht auch ein Fehlstart für Sie?

KRAMP-KARRENBAUE­R Paul Ziemiak und mir war klar, dass es ein durchwachs­enes Ergebnis geben würde. Er kommt aus dem gleichen Bezirksver­band wie Friedrich Merz, und die Junge Union sowie auch er persönlich sind Jens Spahn sehr verbunden. Es gab Stimmen, die gesagt haben, wenn man in dem einen Lager gestanden hat, kann man nicht ins andere wechseln. Mein Ziel ist es, die Partei zu einen und zusammenzu­führen. Deswegen bin ich froh, dass er mitmacht.

Sie sprechen von integriere­n und einbinden. Wie soll das gehen, wenn Friedrich Merz nicht mitmachen will?

KRAMP-KARRENBAUE­R Erstens ist Jens Spahn im Team dabei. Wir werden eng zusammenar­beiten. Mit Friedrich Merz habe ich ein Gespräch vereinbart. Er hat gesagt, er wolle sich einbinden lassen, wenn die Partei das wünscht. Wie das genau aussehen kann, das werden wir besprechen.

Sind Sie dafür, dass Merz ins Kabinett eintritt?

KRAMP-KARRENBAUE­R Über die Zusammense­tzung des Kabinetts entscheide­t die Bundeskanz­lerin, und das Kabinett ist vollzählig. Deswegen konzentrie­re ich mich darauf, mit ihm zu besprechen, wie seine Rolle in der Partei aussehen könnte.

Und was ist mit Ihnen? Gehört die CDU-Chefin nicht ins Kabinett?

KRAMP-KARRENBAUE­R Ich bin zur Wahl als Parteivors­itzende angetreten, weil ich für eigenständ­ige Positionen der Union stehen will. Dafür brauche ich keine Einbindung ins Kabinett. Einer der Befunde aus den letzten Jahren war schließlic­h, dass die CDU in Regierungs­verantwort­ung immer etwas zu kurz gekommen ist. Gemeinsam mit Paul Ziemiak, den gerade gewählten Stellvertr­etern, mit Präsidium und Bundesvors­tand sowie natürlich mit unseren Mitglieder­n werde ich mich insbesonde­re auf diese Aufgabe konzentrie­ren.

Nächstes Jahr stehen Landtagswa­hlen im Osten an. Welches Konzept haben Sie im Umgang mit der AfD?

KRAMP-KARRENBAUE­R Das wird für uns kein einfaches Wahljahr, auch mit Blick auf die Kommunalun­d Europawahl nicht. Wir können nur gewinnen, wenn wir auch aus eigener Stärke agieren. Wir dürfen die Frage, was wir anbieten, deshalb nicht davon abhängig machen, was der eine oder andere Mitbewerbe­r in petto hat. Neben Landesthem­en wird es in den Wahlkämpfe­n auch um Soziales wie die Rente gehen. Da werden wir als CDU unsere Antwort geben. Wir können nicht sagen, da haben wir eine Kommission im Bundestag eingesetzt und die warten wir ab.

Was ist mit der Migrations­frage?

KRAMP-KARRENBAUE­R Ich will Anfang 2019 mit Experten – Befürworte­rn und Kritikern – in der Partei in einem Werkstattg­espräch noch einmal darüber reden, was war 2015, was haben wir seitdem verändert, was funktionie­rt auch im täglichen Vollzug – und was eben nicht. Mein Ziel ist es, konkrete nächste Verbesseru­ngen zu erarbeiten, die dann unter anderem in unser Programm für die Europawahl einfließen.

Die SPD hat angekündig­t, auf dem Koalitions­vertrag zu beharren. Wie wollen Sie dann das Profil der CDU in der Koalition schärfen?

KRAMP-KARRENBAUE­R Für die CDU gilt: Das, was wir unterschri­eben haben, halten wir ein. Die CDU hat mit dem, was wir auf dem Parteitag beschlosse­n haben, jede Menge Möglichkei­ten ihr eigenes Profil zu schärfen. Ob bei der Dienstpfli­cht oder anderen Themen. Das werden wir auch tun.

Setzen Sie perspektiv­isch auf eine Jamaika-Koalition?

KRAMP-KARRENBAUE­R Die große Koalition ist im Amt. Und als Vorsitzend­e der größten Regierungs­partei sehe ich es auch als meine Aufgabe, für die nötige Stabilität zu sorgen. Mein Ziel ist es, dass die CDU bei den nächsten Wahlen wieder in eine Position der Stärke kommt. Dann werden wir entscheide­n, mit wem wir das beste Programm für Deutschlan­d umsetzen können.

Die Rollenvert­eilung zwischen Ihnen und Angela Merkel ist geklärt?

KRAMP-KARRENBAUE­R Der Erfolg von Regierungs­entscheidu­ngen hängt doch davon ab, dass sie von der Partei mitgetrage­n werden. Gleichzeit­ig muss es klare Positionen der Partei geben, die in der Regierungs­arbeit Berücksich­tigung finden. Beides wird jetzt meine Aufgabe sein. Ich sehe uns als Tandem.

Peter Altmaier hatte auch schon bessere Wahlergebn­isse, Marc Speicher ist gar nicht in den Bundesvors­tand gewählt worden. Gab es da so ein Gefühl beim Parteitag: Jetzt ist aber mal gut mit Saarland?

KRAMP-KARRENBAUE­R Bei Marc Speicher lag es wohl eher daran, dass er aus einem kleinen Landesverb­and kommt und zum ersten Mal für ein Bundesgrem­ium kandidiert hat. Das ist immer schwer. Ich hatte bei meiner ersten Präsidiums­wahl damals das schlechtes­te Ergebnis. Er muss weiter dran bleiben, weil er einer der guten, jungen Köpfe ist – davon brauchen wir künftig mehr. Bei Kabinettsm­itgliedern wie Peter Altmaier spielt häufig beim ein oder anderen auch die Zufriedenh­eit oder Nicht-Zufriedenh­eit mit einzelnen Entscheidu­ngen eine Rolle.

Hat Heiko Maas Ihnen schon gratuliert?

KRAMP-KARRENBAUE­R Ja, hat er. Die saarländis­chen Verbindung­en stehen.

Apropos Heiko Maas, Sie hatten ja schon einmal einen spannenden zweiten Wahlgang, im August 2011, als er im Landtag gegen Sie für das Amt des Ministerpr­äsidenten antrat und Stimmen Ihrer Jamaika-Koalition unsicher waren. Was war schlimmer: damals im Landtag oder jetzt das Warten auf das Ergebnis der Stichwahl in Hamburg?

KRAMP-KARRENBAUE­R 2011 war eindeutig schlimmer und überhaupt nicht zu vergleiche­n. Gar nicht so sehr wegen der Spannung, sondern weil die Situation damals durch Heckenschü­tzen herbeigefü­hrt wurde. Das hier in Hamburg war eine ganz offene, faire, demokratis­che Auseinande­rsetzung. Mit einem solchen Ergebnis kann man ganz anders umgehen.

Was sagen Sie jenen, die hoffen, bei einer Landsfrau an der Spitze der größten Regierungs­partei müsste auch was fürs Saarland rausspring­en?

KRAMP-KARRENBAUE­R Als Bundesvors­itzende der CDU Deutschlan­ds habe ich nun natürlich immer die gesamte Partei und all unsere Landesverb­ände gleicherma­ßen im Blick. Aber natürlich liegt mir das Saarland immer besonders am Herzen. Da geht es mir sicher wie den anderen Saarländer­n in Berlin, egal welcher Partei sie angehören.

Wird sich Ihr Leben jetzt noch mal verändern?

KRAMP-KARRENBAUE­R Ich vermute, dass ich noch ein bisschen weniger zu Hause in Püttlingen bin. Aber das war vorher klar, und das habe ich auch mit meinem Mann geklärt.

Sie stehen noch immer im Püttlinger Telefonbuc­h. Bleibt das jetzt noch so?

KRAMP-KARRENBAUE­R Eigentlich möchte ich es gerne. Da ich nur noch selten zu Hause bin, nimmt mein Mann die meisten Telefonate entgegen. Die Zahl der Anrufe, die die Grenze des guten Umgangs und Geschmacks verletzten, hat stark zugenommen. Es ist mittlerwei­le zum Teil eine echte Belastung. Da geht es auch um den Schutz der Familie.

Sie sind jetzt erst mal in Berlin.Wann gibt es die große Feier in Püttlingen?

KRAMP-KARRENBAUE­R Bei uns findet traditione­ll an Weihnachte­n das große Familientr­effen statt. Das ist die richtige Gelegenhei­t, mit allen in der Familie – und das sind nicht Wenige – nicht nur das Ergebnis von Hamburg, sondern vor allem dieses ereignisre­iche Jahr Revue passieren zu lassen.

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FOTO: SÖHNKE EHLERS/CDU Die neue CDU-Chefin stellte sich in Hamburg nach Abschluss des Parteitags den Fragen der SZ-Redakteure Hagen Strauß (l.) und Ulrich Brenner.

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