Eine schnelle Wende ist nötig
Emmanuel Macron ist an einem Wendepunkt seiner Amtszeit angekommen. Frankreichs Staatschef erlebt die bisher wichtigsten Tage seiner Präsidentschaft, und er kann sich dabei keinen Fehler erlauben. Wohl auch deshalb wartet er so lange, bis er zu seinen Landsleuten spricht. Zu oft hat er sich im Ton vergriffen. Nachdem er wochenlang geschwiegen hat, muss nun jedes Wort sitzen, jede Maßnahme durchdacht sein. Denn wie ein Seismograph reagiert die Bevölkerung inzwischen auf das kleinste Zeichen der Missachtung, das von dem 40-Jährigen ausgeht.
Bedeutende Ankündigungen solle es geben, heißt es aus seinem Umfeld. Ob das reichen wird, um die Wut der Straße zu besänftigen, ist allerdings fraglich. Denn Macron will weiter an der Abschaffung der Vermögenssteuer ISF festhalten, die zum Symbol seiner Politik zugunsten der Reichen geworden ist. Nur die Wiedereinführung könnte wohl den Protest der Gelbwesten erlahmen lassen.
Der Präsident muss schnell eine Wende herbeiführen, wenn er nicht nur im eigenen Land, sondern auch international zur „lame duck“werden will. Er muss Erfolge auf europäischer Ebene vorweisen, um im eigenen Land damit zu punkten. Das gilt für die Digitalsteuer ebenso wie für den Eurozonen-Haushalt, um den es diese Woche in Brüssel geht. Deutschland muss diese Projekte zusammen mit Frankreich mutig vorantreiben. Die europapolitische Debatte, die Macron so lange praktisch allein geführt hat, muss nun von der Bundesregierung neue Impulse bekommen. In Deutschland herrscht nach dem CDU-Parteitag die Klarheit, die nötig ist, um der EU endlich neuen Schwung zu geben. Nicht nur, um Macron zu helfen. Sondern auch, um Europa zu retten. Denn ein Versagen des Präsidenten öffnet nur den Populisten den Weg.