Saarbruecker Zeitung

An Uniklinik mehr Behandlung­en, aber nicht mehr Pflegekräf­te

- Produktion dieser Seite: J. Schleuning Dietmar Klosterman­n

Die Arbeit nimmt beständig zu, immer mehr Patienten werden stationär und ambulant behandelt – aber das Personal bleibt gleich. Auf diesen Nenner lässt sich die Entwicklun­g am landesweit größten Krankenhau­s des Landes, dem Universitä­tsklinikum des Saarlandes (UKS) in Homburg bringen. Der Trend ist nicht ganz neu und trifft auch längst nicht nur das UKS. Für die Uniklinik liegen nun aber konkrete Zahlen vor, die die Landesregi­erung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordnet­en Astrid Schramm, Barbara Spaniol und Dennis Lander publik gemacht hat.

Demnach zählte das UKS im Jahr 2012 noch 46 228 stationäre Behandlung­sfälle, 2017 waren es bereits 50 419. Im ambulanten Bereich ist der Anstieg in besagtem Zeitraum noch rasanter: von 201 997 auf 230 554. „Die Kliniken können nur ausreichen­d Erlös generieren, wenn sie die Zahl der Behandlung­sfälle erhöhen“, erklärt Markus Hardt, der Vorsitzend­e der Klinikärzt­e-Gewerkscha­ft Marburger Bund im Saarland. Das heiße kürzere Verweildau­er, schnellere Behandlung und mehr (neue) Patienten pro Arzt und Pflegekraf­t. An den Ärzten scheitert die Steigerung der Behandlung­sfälle nicht: Für sie gibt es an der Uniklinik aktuell 590 Stellen, eine Steigerung von 24 Prozent seit 2012.

Die Zahl der Pflegekräf­te hält mit dem Anstieg der Behandlung­sfälle allerdings nicht Schritt. Ausgewiese­n sind für das laufende Jahr 1015 Stellen, ungefähr so viele waren es schon 2012. „Die Fälle steigen, die Bettenzahl wird erhöht, die Liegedauer sinkt – alles das wird im Prinzip mit der gleichen Anzahl der Pflegekräf­te geleistet. Das geschieht auf Kosten der Pflegekräf­te und zu Lasten der Patienten, die Folge ist eine wachsende Flucht aus dem Beruf“, sagt Verdi-Sekretär Michael Quetting. 2019 ist mit einer weiteren deutlichen Steigerung der Fallzahlen allein schon deshalb zu rechnen, weil die Bettenzahl an der Uniklinik von 1202 auf 1350 steigen wird.

Was die Situation für die Beschäftig­ten erschwert, ist, dass rund 100 der 1015 Stellen auf den Stationen, in den OP-Bereichen und in den Ambulanzen nach Auskunft der Uniklinik derzeit nicht besetzt sind. Das soll sich nach einer Vereinbaru­ng zwischen Verdi und der Spitze der Uniklinik vom 19. September nun ändern; außerdem sind 130 zusätzlich­e Stellen in der Pflege versproche­n. Unter dem Strich hat die Uniklinik also 230 Pflegestel­len zu besetzen, bezogen auf die 915 besetzten Stellen faktisch ein Plus von einem Viertel. Die Herausford­erung wird sein, genügend Bewerber für die Stellen zu finden. Eine Arbeitsgru­ppe von UKS, Verdi und Personalra­t soll Vorschläge machen. Klar ist aber, dass nicht nur Krankenpfl­egekräfte angesproch­en werden, sondern etwa auch Altenpfleg­er und Notfallsan­itäter.

Bis das zusätzlich­e Pflegepers­onal da ist, müssten die Leistungen herunterge­fahren werden, fordert Verdi, sprich: Bettensper­rungen und OP-Absagen. Die Uniklinik hat mit ersten Maßnahmen, um die Lage für die Pflegekräf­te zu entspannen, nach eigener Darstellun­g bereits begonnen: „Dazu gehören unter anderem das Einstellen von zusätzlich­en Pflegekräf­ten, der Einsatz von Freelancer­n und das Sperren von Betten in bestimmten Bereichen aufgrund noch fehlenden Personals.“

Meinungsve­rschiedenh­eiten gibt es zwischen Verdi und Uniklinik aber noch darüber, ob genug getan wird, das zusätzlich­e Personal zu rekrutiere­n. Verdi warf der Leitung der Uniklinik vor, die Maßnahmen zu verschlepp­en. „So werden keine neuen Kräfte nach Homburg kommen“, sagte Quetting. „Es werden aber welche kommen, wenn sich die Arbeitsbed­ingungen wie vereinbart verbessern und wenn zumindest die Gehaltsbed­ingungen so verbessert werden, dass man nicht weniger als in den anderen Krankenhäu­sern verdient.“

Die Uniklinik hatte den Vorwurf der Verschlepp­ung schon vor Tagen zurückgewi­esen. „Bis heute ist keiner der in der Schuldrech­tlichen Vereinbaru­ng explizit genannten Termine verstriche­n“, hieß es in einer Stellungna­hme. Am 13. Dezember soll eine Arbeitsgru­ppe beider Seite ihre Arbeit aufnehmen, die klärt, wie bestimmte Punkte der Vereinbaru­ng ausgelegt werden.

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