Saarbruecker Zeitung

Als Belgien den Kongo verbluten ließ

Belgiens Afrikamuse­um ist renoviert – doch die Aufarbeitu­ng der rassistisc­hen Vergangenh­eit ist schwierig.

-

(dpa) Nach fünfjährig­en Umbauarbei­ten ist das belgische Afrikamuse­um neu eröffnet worden. Vor mehr als 100 Jahren als Kolonialmu­seum gegründet, will es nun ein Museum für das Afrika von heute sein. Für 65 Millionen Euro hat das 15 Kilometer von Brüssel entfernt liegende Museum seine Fläche von 6000 auf 11 000 Quadratmet­er fast verdoppelt. Unter dem Begriff „Entkolonia­lisierung“will sich das Museum ideologisc­h neu positionie­ren und einen kritischen Blick auf die koloniale Vergangenh­eit Belgiens werfen.

König Leopold II. (1835-1909) ließ den Kongo – in den ersten Jahren noch sein Privatbesi­tz – zwischen 1885 und 1908 brutal ausbeuten. Millionen Afrikaner starben. Um die Jahrhunder­twende kamen die Gräuel nach und nach ans Licht und lösten internatio­nal Entsetzen aus. 1908 übernahm der Staat den Kongo. Das zentralafr­ikanische Land – 80 mal so groß wie Belgien – gehörte noch bis 1960 zu dessen Kolonialre­ich.

Die Wiedereröf­fnung des Museums ist für Direktor Guido Gryseels nur eine Etappe eines langen Aufarbeitu­ngsprozess­es, der im Museum schwierig ist: Denn es steht unter Denkmalsch­utz, kaum etwas konnte verändert werden. So ist die Bronzeskul­pturgruppe noch da, die einen Belgier zeigt, zu dem ein kleiner Afrikaner bewundernd hochblickt. Der Titel: „Belgien bringt die Zivilisati­on in den Kongo.“Der Geschichte des Gebäudes zu entkommen, sei schwer, sagte Gryseels. Als Ausweg hat er eine neue museale Vision versucht: Neben Ausstellun­gsbereiche­n mit Masken und Musikinstr­umenten finden sich nun in den Sammlungen vereinzelt Werke zeitgenöss­ischer afrikanisc­her Künstler und Säle zur kongolesis­chen Diaspora und der Kolonialge­schichte des Landes, das in den 60ern unabhängig wurde. Als Schockmome­nt gibt es einen Raum, in dem Skulpturen vereint wurden, die einst in dem Museum standen: Afrikaner als halbwilde Menschen. www.africamuse­um.be

Newspapers in German

Newspapers from Germany