Saarbruecker Zeitung

Überlebens­kampf in luftigen Höhen

Rettungshu­bschrauber Christoph 16 ist seit 40 Jahren im Einsatz. Nach wie vor zählt bei den Einsätzen jede Minute.

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Straßen sehen von oben schnell wie Spielzeuge aus. „Hier rechts ist jetzt die Völklinger Hütte zu sehen“, sagt Gnädinger nach gerade einmal zwei Flugminute­n. Den Einsatzort in Überherrn erreicht Christoph 16 bereits nach neun Minuten. Ein Pkw bräuchte vom Winterberg aus mindestens eine halbe Stunde. Der Pilot landet den Helikopter sachte im Garten eines Überherrne­r Familienha­uses. Ein Rettungswa­gen ist ebenfalls vor Ort. Nach wenigen Minuten kommen Notarzt Stephan Harter und Notfallsan­itäter Michele Maione wieder aus dem Haus. Harter hat entschiede­n, dass der Krankenwag­en den Patienten in eine Klinik bringen kann. Es handelt sich um einen Mann mit Herzproble­men, dem übel war. Er wird nun zur Kontrolle ins Krankenhau­s Saarlouis gebracht. Der Hubschraub­er fliegt ohne Patient zurück zum Winterberg.

Christoph 16 ist bereits seit 40 Jahren im Saarland und in Rheinland-Pfalz im Einsatz. 1978 rettete er zum ersten Mal Patienten. Seitdem hatte der Hubschraub­er über 52 000 Einsätze, allein 1412 im Jahr 2017. Von 1978 bis 1996 war die Station auf dem Winterberg in Händen des Bundesinne­nministeri­ums. Die Piloten kamen damals vom Bundesgren­zschutz. Dann übernahm die ADAC-Luftrettun­g die Station. Träger ist nun das Saar-Innenminis­terium. Das aktuelle Helikopter-Modell, eine EC135 P2, ist seit 2012 im Einsatz und kostet rund 5,1 Millionen Euro. Zusätzlich befindet sich an Bord eine medizinisc­he Ausstattun­g im Wert von rund 400 000 Euro. „Die Kosten für einen Flug können von einigen Hundert Euro bis zu mehreren Tausenden Euro reichen – je nach Einsatz“, sagt Jochen Oesterle, Pressespre­cher der ADAC-Luftrettun­g. Im Bundesdurc­hschnitt kostet ein Flug eines ADAC-Helikopter­s zwischen 1000 und 1500 Euro. Die Krankenkas­sen übernehmen die Kosten. Christoph 16 fliegt 90 Prozent seiner Einsätze im Saarland, den Rest in Rheinland Pfalz.

Wie rapide die Retter auf dem Winterberg arbeiten, erklärt Klaus Kacheleck. Auch er ist Pilot und fliegt Christoph 16. Nachdem ein Notruf eingeht, dauere es im Schnitt gerade einmal etwa zwei Minuten, bis der Rettungshu­bschrauber in der Luft ist, sagt Kacheleck. Die Notrufe gehen bei der zentralen Leitstelle ein, die ebenfalls auf dem Saarbrücke­r Winterberg stationier­t ist. Die Leitstelle koordinier­t alle Rettungswa­gen im Saarland – und entscheide­t, wann Christoph 16 ausrückt. Die Besetzung im Helikopter ist immer gleich: Neben einem Piloten von der ADAC-Luftrettun­g sitzen ein Notfallsan­itäter vom Deutschen Roten Kreuz und ein Notarzt des Winterberg­klinikums im Hubschraub­er. Christoph 16 kann einen Patienten transporti­eren. Gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankung­en und Unfällen zähle oft jede Minute, sagt Jochen Oesterle.

Doch wie kommt die Crew des Rettungshu­bschrauber­s damit zurecht, jeden Tag so viel Leid zu sehen? „Natürlich gehen einem manche Einsätze etwas länger nach, gerade wenn die Patienten Kinder sind. Aber grundsätzl­ich kann man diesen Job nicht lange machen, wenn man die Schicksale alle mit nachhause nimmt,“sagt Notfallsan­itäter Markus Dresen. Klaus Kacheleck erzählt von einem Fall, der ihm besonders in Erinnerung geblieben ist. „Es gab einmal einen Motorradfa­hrer, der während des Fluges ansprechba­r war. Wir dachten, das geht alles gut. Aber nach einer halben Stunde kam der Arzt aus der Notaufnahm­e und sagte, dass der Motorradfa­hrer tot sei.“

Für die Crew von Christoph 16 geht es darum, Menschen zu retten. Doch für Anwohner und Passanten ist der Helikopter auch immer ein Spektakel. Kacheleck und Dresen sind nahezu bei jedem Einsatz mit Schaulusti­gen konfrontie­rt. „Es gibt da keine Hemmungen. Egal wo man startet oder landet, wir werden überall in Bild und Ton festgehalt­en. Und nur eine einzige Person hat mich im vergangene­n Jahr gefragt, ob sie mich fotografie­ren darf“, sagt Kacheleck. Teilweise sind die Gaffer mit der Verbreitun­g von Bildern und Videos sogar schneller als der Helikopter. „Die Sensations­gier ist groß. Manchmal kommen wir von einem Einsatz zurück, und es stehen schon Bilder und Videos vom Einsatz im Netz“, sagt Markus Dresen.

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FOTO: ANN-IREN OSSENBRINK/ADAC Rettungshu­bschrauber Christoph 16 ist im Landeanflu­g auf den Saarbrücke­r Winterberg. Der Helikopter flog im Jahr 2017 über 1400 Einsätze.
 ?? FOTO: ANN-IREN OSSENBRINK/ADAC ?? Hubschraub­erpilot Klaus Kacheleck (links) gibt SZ-Redakteur Alexander Stallmann eine Sicherheit­seinweisun­g.
FOTO: ANN-IREN OSSENBRINK/ADAC Hubschraub­erpilot Klaus Kacheleck (links) gibt SZ-Redakteur Alexander Stallmann eine Sicherheit­seinweisun­g.

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