Wenn Abgeordnete grapschen
Auch im EU-Parlament ist sexuelle Belästigung bis hin zum Missbrauch offenbar kein Einzelfall. „MeTooEP“will den Opfern Gehör verschaffen.
als Vertrauensperson für Kollegen engagiert. „Dass es diese Fälle gibt, war klar. Aber es sind noch mehr, als ich gedacht hätte.“Um die Opfer zu schützen, aber auch, um die Täter nicht öffentlich an den Pranger zu stellen, veröffentlichen die Blog-Betreiber die Beiträge in anonymisierter Form. Auch, „weil es unser aller Geschichten sind“, wie es heißt.
Florian Meinhold vom Kölner Institut für Diversity- und Antidiskriminierungsforschung hält das Projekt für hilfreich, um die Sichtbarkeit des Problems erhöhen. „Sehr viele Opfer sprechen nämlich gar nicht über ihre Erfahrungen“, sagt der Psychologe. „Wenn andere Betroffene ihre Geschichten öffentlich machen, kann das helfen, zu verstehen, was alles unter sexuelle Belästigung fällt.“
„MeTooEP“ist Weckruf und Protest zugleich. Bereits vor einem Jahr stimmte das EU-Parlament für eine Resolution, die den Kampf gegen sexuelle Belästigung wirksamer machen sollte. Vorgesehen sind unter anderem externe Ansprechpartner, an die Opfer sich wenden können. Zwar gibt es bereits ein beratendes Komitee mit Ansprechpartnern für Opfer von Belästigung oder Mobbing – allerdings sitzen darin Parlamentarier. Horn nennt diese Struktur einen „No-Brainer“, also eine Schnapsidee. Niemand traue sich, vor Parlaments-Kollegen über seine Erfahrungen am Arbeitsplatz zu sprechen – zumal die Berichte
„Dass es diese Fälle gibt, war klar. Aber es sind noch mehr als ich gedacht hätte.“
Milena Horn
Handelspolitische Referentin
im EU-Parlament
teilweise ziemlich heftig sind. „Ich wurde von einem Kollegen vergewaltigt. Es war gewaltsam und furchteinflößend“, heißt es in einem der anonymen Beiträge. „Ich hatte gehofft, eines Tages selbst in die Politik zu gehen, aber nun habe ich keine Energie mehr. An manchen Tagen nicht einmal genug Selbstvertrauen, um zu sprechen.“
Mit ihrem Blog will die „MeTooEP“Bewegung beweisen, dass es mehr Fälle von Missbrauch und Belästigung im Parlament gibt, als dem internen Komitee bekannt sind. Auf einer Demonstration im März sammelte die Gruppe nach eigenen Angaben 1000 Unterschriften von Kollegen, die ihre Forderungen unterstützen. Eine Sprecherin des EU-Parlaments bezeichnet die Forderung der „MeTooEP“-Bewegung nach externen Beratern als „unmögliche Forderung“. Parlamentarier würden die Beurteilung ihres Verhaltens durch Externe nicht akzeptieren. Um dem Anliegen der Kritiker trotzdem Rechnung zu tragen, will das Parlament den bisherigen Beschwerdeprozess mit Hilfe von Außen überarbeiten. Es soll einfacher für Betroffene werden, sich an das Komitee zu wenden.