Saarbruecker Zeitung

Macron räumt Fehler ein und erhöht den Mindestloh­n

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Bleich und mitgenomme­n sah Emmanuel Macron aus, als er sich am Montagaben­d um 20 Uhr an die Nation wandte. Nach langem Schweigen reagierte der Präsident auf die Krise, in die die Proteste der „Gelbwesten“das Land gestürzt hatten. Der 40-Jährige, dessen Rücktritt die Demonstran­ten fordern, räumte eigene Fehler ein: „Ich weiß, dass ich einige unter Ihnen durch meine Aussagen verletzt habe.“Auch wenn er die Gewalt der Radikalen unter den Demonstran­ten verurteilt­e, bezeichnet­e der Staatschef ihre Wut als „gerechtfer­tigt“. 40 Jahre der „Malaise“würden durch die Proteste sichtbar.

Die Regierung habe nicht die richtigen Antworten gefunden und er habe seine Verantwort­ung daran. „Wir wollen ein Frankreich, wo man in Würde von seiner Arbeit leben kann“, kündigte Macron an. Das soll mit einer Reihe von Maßnahmen gelingen. So soll der Mindestloh­n ab Januar um 100 Euro monatlich erhöht werden. Die Erhöhung der Sozialsteu­er soll für alle Rentner, die weniger als 2000 Euro beziehen, wieder zurück genommen werden. Außerdem sollen die Unternehme­n freiwillig eine steuerfrei­e Jahresendp­rämie an ihre Angestellt­en zahlen. Der Präsident führt auch die Steuerfrei­heit der Überstunde­n wieder ein.

Die Abschaffun­g der Vermögenss­teuer, die ihm gleich zu Beginn seiner Amtszeit das Etikett des „Präsidente­n der Reichen“einbrachte, will Macron allerdings nicht rückgängig machen. „Diese Steuer wurde gestrichen, um Investitio­nen anzuziehen und Arbeitsplä­tze zu schaffen“, begründete er seine Entscheidu­ng. An der angekündig­ten Rentenrefo­rm und der Reform der Arbeitslos­enversiche­rung hält Macron fest. er kündigte Treffen mit den Bürgermeis­tern in allen Regionen an.

Nachdem er im Wahlkampf versproche­n hatte, liberalisi­eren und beschützen zu wollen, war die zweite Hälfte seines Verspreche­ns in den ersten anderthalb Jahren kaum vorgekomme­n. Die „Gelbwesten“brachten Macron nun zu einer Wende. Alain Bouché, eine der „Gilets jaunes“, begrüßte im Fernsehsen­der BFMTV die Initiative­n: „Die Erhöhung des Mindestloh­ns kann positiv sein. Warum hat er so lange damit gewartet?“. Der Arbeitgebe­rverband Medef geht davon aus, dass die Maßnahmen rund 10 Milliarden Euro kosten werden. Das EU-Defizitzie­l von drei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es dürfte damit nicht zu halten sein.

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