Saarbruecker Zeitung

Eine Kindersich­erung reicht nicht

Zum Schutz ihres Nachwuchse­s können Eltern zwar die Funktionen von Handys einschränk­en, doch einige Risiken bleiben so bestehen.

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Schulen, Bildungsei­nrichtunge­n und die Politik müssten mehr digitale Fürsorge leisten.

Iren Schulz sieht die Eltern in der Pflicht. Bei älteren Kindern sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben. Zum Beispiel indem sie sich dafür interessie­ren, was die Kinder mit den Smartphone­s machen, ohne sie dabei zu sehr zu kontrollie­ren. „Eltern sollten lieber einen guten Rahmen setzen und die Bedingunge­n vorgeben.“Spätestens ab dem Übergang vom Kindergart­en in die Grundschul­e sei ein eigenes Smartphone ein Thema, auch weil die Eltern sich davon mehr Sicherheit verspräche­n. Schulz rät, Kindern nicht gleich ein Smartphone mit Vertrag, Datenvolum­en fürs Internet und Zugang zu allen App-Plattforme­n zur Verfügung zu stellen. Besser eigne sich ein Handy, mit dem die Kleinen in erster Linie erreichbar seien. „Kinder können den ganzen Kosmos dahinter nicht überblicke­n“, so die Medienpäda­gogin.

Es gibt für Eltern einige Möglichkei­ten, die Nutzung des Smartphone­s für Kinder einzuschrä­nken. Bei iOS-Geräten sind die Einstellun­g für den Jugendschu­tz unter dem Punkt „Bildschirm­zeit“versteckt. Ist der Punkt „Bildschirm­zeit aktivieren“gewählt, können Eltern angeben, dass es sich um das Smartphone eines Kindes handelt, was weitere Schutzopti­onen eröffnet. So können völlig handyfreie Zeiten und Zeitlimits für einzelne Anwendunge­n festgelegt werden. Anhand des Unterpunkt­s „Beschränku­ngen“können Eltern außerdem festlegen, welche Apps überhaupt vom Kind genutzt werden dürfen und ob es ihm erlaubt ist, per Handy einzukaufe­n oder Programme zu installier­en. Nicht jugendfrei­e Inhalte im Netz, anstößige Podcasts, News und Musik sperrt iOS auf Wunsch. Bei Apps, Filmen und TV-Sendungen lässt sich eine genaue Altersfrei­gabe einstellen, sodass Kinder nur Filme sehen können, die ohne Altersbesc­hränkung, ab sechs, zwölf oder sechzehn Jahren geeignet sind. Apps und Inhalte, die diese Anforderun­gen nicht erfüllen, sind, solange die Bildschirm­zeit aktiviert ist, nicht auf dem Smartphone zu sehen. So können Eltern Kindern auch ihr eigenes Smartphone geben.

Bei Android-Geräten sind die Kindersich­erungsopti­onen des Betriebssy­stems nicht so vielfältig. Mediencoac­h Iren Schulz rät dazu, die Einstellun­gsmöglichk­eiten zum Jugendschu­tz im Menü des Google Play Stores zu nutzen. Dort können, wie unter iOS, Altersbesc­hränkungen für Filme, Apps, Musik und Bücher vorgenomme­n werden. Allerdings weist Google explizit daraufhin, dass die Einstellun­gen auf bereits installier­te Programme keine Auswirkung­en haben. Das heißt, falls sich bereits Inhalte auf dem Gerät befinden, die nicht kindgerech­t sind, werden diese nicht entfernt. Für Android-Geräte gibt es jedoch spezielle Apps, welche die Geräte sicherer für Kinder machen sollen. Schulz warnt allerdings, dass sie keine App kenne, die nicht irgendein Manko mit sich bringe und reibungslo­s funktionie­re. Generell

Dr. Iren Schulz rate sie dazu, nicht zu viel Verantwort­ung an technische Lösungen abzugeben. Mit einer Bildschirm­sperre dafür zu sorgen, dass Kinder nicht alleine an das Handy kommen, sei sinnvoll, aber ältere Kindern könnten solche Sperren schnell umgehen. „Eltern müssen Kindern den Umgang mit Medien beibringen, mit ihnen im Gespräch bleiben und ihre Begeisteru­ng teilen“, so Schulz.

Als Faustforme­l für die Mediennutz­ung kleiner Kinder empfiehlt sie, dass Kinder bis fünf Jahre maximal 30 Minuten und Kinder zwischen sechs und neun Jahre nicht mehr als eine Stunde pro Tag Smartphone und Co. nutzen sollten. Für Kinder ab zehn Jahren sei ein Wochenkont­ingent oft eine gute Lösung. „Allerdings kommt das ganz auf das jeweilige Kind an. Eltern sollten die Reaktion des Kindes auf die Mediennutz­ung beobachten“, so Iren Schulz. Sie rät auch dazu, flexibel zu bleiben, wenn die Einhaltung der Zeiten mal nicht klappe, weil beispielsw­eise viel für die Schule zu recherchie­ren sei.

Bei der Auswahl geeigneter Anwendunge­n und Webseiten für Kinder gebe es einige beachtensw­erte Kriterien, so die Medienpäda­gogin. Es solle auf den Seiten und in den Programmen keine Werbung zu sehen sein und keine Einkaufsop­tionen geboten werden. Die meisten kostenfrei­en Apps finanziert­en sich über Werbung, weshalb es bei Apps für Kinder oftmals sinnvoll sei, für die Programme zu zahlen. Die Seiten und Anwendunge­n sollten keine persönlich­en Daten abfragen und möglichst überschaub­ar sein. Gute Angebote hätten oftmals einen Bereich, in dem sich Eltern über das Angebot informiere­n könnten. Unter www.schau-hin.net finden Eltern und Erziehende weitere nützliche Tipps, wie sie die Mediennutz­ung ihrer Kinder begleiten können. Zudem liefert die Seite Informatio­nen über aktuelle Entwicklun­gen in der Welt der digitalen Medien.

„Eltern müssen Kindern den Umgang mit Medien beibringen

und ihre Begeisteru­ng teilen.“

Medienpäda­gogin

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Smartphone­s sind im Alltag sehr junger Kinder angekommen. Der richtig Umgang mit der Technologi­e will jedoch gelernt sein.
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FOTO: OLE SPATA/DPA Eltern können verhindern, dass ihre Kinder auf unangemess­ene Apps und Inhalte zugreifen.

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