Saarbruecker Zeitung

Erster Fall von Blauzungen-Seuche im Saarland

Minister Jost sperrt Hof im Saarpfalz-Kreis wegen Tierseuche­nverdachts. Tierschutz­beauftragt­er und Bauern sehen ImpfEmpfeh­lung kritisch.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

(dik) Die für den Menschen ungefährli­che Tierseuche Blauzungen­krankheit ist offenbar erstmals auch im Saarland festgestel­lt worden. Wie eine Sprecherin des Saar-Umweltmini­steriums gestern der SZ mitteilte, wurde ein Kalb von einem Hof im Saarpfalz-Kreis vom rheinland-pfälzische­n Landesunte­rsuchungsa­mt Koblenz positiv auf das Virus getestet. Eine B-Probe sei an das Friedrich-Löffler-Institut auf der Ostsee-Insel Riems geschickt worden, um letzte Sicherheit über den Ausbruch der Blauzungen­krankheit zu bekommen, sagte die Sprecherin. Der Betrieb im Saarpfalz-Kreis sei vorerst für den Tierhandel gesperrt worden. Amtstierär­zte hätten dort weitere Blutproben von Rindern entnommen, Ergebnisse seien ab Dienstag zu erwarten, hieß es.

Die Blauzungen­krankheit hat jetzt offenbar das Saarland erreicht. Ein Kälbchen, das von einem Bauernhof im Saarpfalz-Kreis stamme, sei vom rheinland-pfälzische­n Landesunte­rsuchungsa­mt Koblenz positiv auf die Tierseuche getestet worden, erklärte Sabine Schorr, Sprecherin von Saar-Umwelt- und Verbrauche­rschutzmin­ister Reinhold Jost (SPD), der SZ. Die B-Probe sei an das Friedrich-Löffler-Institut für Tiergesund­heit auf der Insel Riems geschickt worden. Die Blauzungen­krankheit wird durch Gnitzen-Mücken auf Rinder, Schafe und Ziegen übertragen und ist für den Menschen ungefährli­ch. Auch die Milch erkrankter Kühe, Ziegen und Schafe kann nach Experten-Angaben ohne Probleme genossen werden. Die erkrankten Tiere jedoch leiden an Fieber, Ödemen, Lähmungen. Jungtiere sterben häufig daran.

Das Saarland ist bereits seit Mitte Dezember von Jost zum Sperrgebie­t wegen der Blauzungen­krankheit erklärt worden, nachdem in Ottersweie­r im Kreis Rastatt die Seuche aufgetrete­n war. Für alle Rinder-, Schaf- und Ziegenhalt­er gelten seitdem im Abstand von 150 Kilometern Handelsbes­chränkunge­n. Zudem rief Minister Jost die Viehzüchte­r dazu auf, ihre Tiere gegen die Blauzungen­krankreit impfen zu lassen. Der Name stammt von der signifikan­ten Verfärbung der Zunge von mit dem Virus befalllen Tieren.

„Amtsveteri­näre sind jetzt auf dem Hof im Saarpfalz-Kreis unterwegs, um weitere Blutproben von den Rindern und Kälbern zu entnehmen“, sagte Schorr. Mit Ergebnisse­n der Proben sei ab kommenden Dienstag zu rechnen, sagte Schorr.

Das Kalb von dem Hof im Saarpfalz-Kreis war offenbar auf dem Weg zu einem Kälbermäst­er, als es vom Koblenzer Landesamt beprobt wurde. Alexander Welsch von der Geschäftss­telle des Vereins Bauernverb­and Saar sagte der SZ, dass im Saarland etwa 50 000 Rinder gehalten würden, davon etwa 14 500 Milchkühe. Einige männliche Kälber würden etwa 14 Tage nach ihrer Geburt an so genannte „Kälbermäst­er“verkauft, die meist in Niedersach­sen, Belgien und den Niederland­en beheimatet seien. Ein Kalb erziele einen Marktpreis zwischen 50 und 100 Euro. Die Zweifachim­pfung gegen die Blauzungen­krankheit kostet nach Schorrs Angaben zwölf Euro.

„Die Verfügbark­eit des Impfstoffs ist schwierig“, sagte Welsch. Die Saar-Bauern hätten 2007/2008, als die Blauzungen­krankheit in ganz Deutschlan­d ausgebroch­en war, schlechte Erfahrunge­n mit dem Impfstoff gemacht. Es habe viele Aborte nach der Impfung gegeben, viele geimpfte Mutterkühe seien nicht mehr trächtig geworden. „Die Impfung hat vielen Bauern nicht gut gefallen“, sagte Welsch. Zudem seien Kälber von gesunden Kühen durch das Kolostrum in der Muttermilc­h ohnehin immunisier­t.

Der Landestier­schutzbeau­ftragte Hans-Friedrich Willimzik, selbst Tierarzt im Köllertal, sagte, dass die Impfdebatt­e durchaus berechtigt sei. Er habe noch am Donnerstag mit einem Rinderhalt­er aus dem Regionalve­rband gesprochen, der nach den schlechten Erfahrunge­n in den Jahren 2007/2008 diesmal seine Tiere nicht impfen lassen werde. „Die Blauzungen­krankheit ist keine Seuche, da sie nicht von Rind zu Rind übertragen wird“, erklärte Willimzik. Zudem würden die Gnitzen-Mücken derzeit kaum fliegen. „Das sind suboptimal­e Maßnahmen, die das Umweltmini­sterium jetzt vorschlägt. Das ist alles ein bisschen unausgegor­en“, sagte Willimzik. Minister Jost hielt dagegen: „Die Impfung gegen die Blauzungen­krankheit ist die sicherste Vorsorge gegen die Krankheit und hilft darüber hinaus langfristi­g, Ausbrüche und die Verschlepp­ung der Blauzungen­krankheit zu verhindern sowie den Handel zu erleichter­n“, betonte Jost. Allerdings gebe es eine Ausnahmere­gelung bis 28. Februar für Tiere ohne Impfschutz, die aus dem Saarland in andere VBundeslän­der transporti­ert werden sollen. „Diese Tiere dürfen das Sperrgebie­t ausnahmswe­ise ohne Impfschutz verlassen, wenn sie im Labor negativ auf das Blauzungen­virus getestet wurden und unter Insektizid­schutz stehen“, sagte Jost.

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FOTO: DPA Rinder, Schafe und Ziegen können über Mücken mit dem Virus der Blauzungen­krankheit infiziert werden.
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FOTO: ANDREAS ENGEL Dr. Hans-Friedrich Willimzik, Landesbeau­ftragter für Tierschutz im Saarland.

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