Erster Fall von Blauzungen-Seuche im Saarland
Minister Jost sperrt Hof im Saarpfalz-Kreis wegen Tierseuchenverdachts. Tierschutzbeauftragter und Bauern sehen ImpfEmpfehlung kritisch.
(dik) Die für den Menschen ungefährliche Tierseuche Blauzungenkrankheit ist offenbar erstmals auch im Saarland festgestellt worden. Wie eine Sprecherin des Saar-Umweltministeriums gestern der SZ mitteilte, wurde ein Kalb von einem Hof im Saarpfalz-Kreis vom rheinland-pfälzischen Landesuntersuchungsamt Koblenz positiv auf das Virus getestet. Eine B-Probe sei an das Friedrich-Löffler-Institut auf der Ostsee-Insel Riems geschickt worden, um letzte Sicherheit über den Ausbruch der Blauzungenkrankheit zu bekommen, sagte die Sprecherin. Der Betrieb im Saarpfalz-Kreis sei vorerst für den Tierhandel gesperrt worden. Amtstierärzte hätten dort weitere Blutproben von Rindern entnommen, Ergebnisse seien ab Dienstag zu erwarten, hieß es.
Die Blauzungenkrankheit hat jetzt offenbar das Saarland erreicht. Ein Kälbchen, das von einem Bauernhof im Saarpfalz-Kreis stamme, sei vom rheinland-pfälzischen Landesuntersuchungsamt Koblenz positiv auf die Tierseuche getestet worden, erklärte Sabine Schorr, Sprecherin von Saar-Umwelt- und Verbraucherschutzminister Reinhold Jost (SPD), der SZ. Die B-Probe sei an das Friedrich-Löffler-Institut für Tiergesundheit auf der Insel Riems geschickt worden. Die Blauzungenkrankheit wird durch Gnitzen-Mücken auf Rinder, Schafe und Ziegen übertragen und ist für den Menschen ungefährlich. Auch die Milch erkrankter Kühe, Ziegen und Schafe kann nach Experten-Angaben ohne Probleme genossen werden. Die erkrankten Tiere jedoch leiden an Fieber, Ödemen, Lähmungen. Jungtiere sterben häufig daran.
Das Saarland ist bereits seit Mitte Dezember von Jost zum Sperrgebiet wegen der Blauzungenkrankheit erklärt worden, nachdem in Ottersweier im Kreis Rastatt die Seuche aufgetreten war. Für alle Rinder-, Schaf- und Ziegenhalter gelten seitdem im Abstand von 150 Kilometern Handelsbeschränkungen. Zudem rief Minister Jost die Viehzüchter dazu auf, ihre Tiere gegen die Blauzungenkrankreit impfen zu lassen. Der Name stammt von der signifikanten Verfärbung der Zunge von mit dem Virus befalllen Tieren.
„Amtsveterinäre sind jetzt auf dem Hof im Saarpfalz-Kreis unterwegs, um weitere Blutproben von den Rindern und Kälbern zu entnehmen“, sagte Schorr. Mit Ergebnissen der Proben sei ab kommenden Dienstag zu rechnen, sagte Schorr.
Das Kalb von dem Hof im Saarpfalz-Kreis war offenbar auf dem Weg zu einem Kälbermäster, als es vom Koblenzer Landesamt beprobt wurde. Alexander Welsch von der Geschäftsstelle des Vereins Bauernverband Saar sagte der SZ, dass im Saarland etwa 50 000 Rinder gehalten würden, davon etwa 14 500 Milchkühe. Einige männliche Kälber würden etwa 14 Tage nach ihrer Geburt an so genannte „Kälbermäster“verkauft, die meist in Niedersachsen, Belgien und den Niederlanden beheimatet seien. Ein Kalb erziele einen Marktpreis zwischen 50 und 100 Euro. Die Zweifachimpfung gegen die Blauzungenkrankheit kostet nach Schorrs Angaben zwölf Euro.
„Die Verfügbarkeit des Impfstoffs ist schwierig“, sagte Welsch. Die Saar-Bauern hätten 2007/2008, als die Blauzungenkrankheit in ganz Deutschland ausgebrochen war, schlechte Erfahrungen mit dem Impfstoff gemacht. Es habe viele Aborte nach der Impfung gegeben, viele geimpfte Mutterkühe seien nicht mehr trächtig geworden. „Die Impfung hat vielen Bauern nicht gut gefallen“, sagte Welsch. Zudem seien Kälber von gesunden Kühen durch das Kolostrum in der Muttermilch ohnehin immunisiert.
Der Landestierschutzbeauftragte Hans-Friedrich Willimzik, selbst Tierarzt im Köllertal, sagte, dass die Impfdebatte durchaus berechtigt sei. Er habe noch am Donnerstag mit einem Rinderhalter aus dem Regionalverband gesprochen, der nach den schlechten Erfahrungen in den Jahren 2007/2008 diesmal seine Tiere nicht impfen lassen werde. „Die Blauzungenkrankheit ist keine Seuche, da sie nicht von Rind zu Rind übertragen wird“, erklärte Willimzik. Zudem würden die Gnitzen-Mücken derzeit kaum fliegen. „Das sind suboptimale Maßnahmen, die das Umweltministerium jetzt vorschlägt. Das ist alles ein bisschen unausgegoren“, sagte Willimzik. Minister Jost hielt dagegen: „Die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit ist die sicherste Vorsorge gegen die Krankheit und hilft darüber hinaus langfristig, Ausbrüche und die Verschleppung der Blauzungenkrankheit zu verhindern sowie den Handel zu erleichtern“, betonte Jost. Allerdings gebe es eine Ausnahmeregelung bis 28. Februar für Tiere ohne Impfschutz, die aus dem Saarland in andere VBundesländer transportiert werden sollen. „Diese Tiere dürfen das Sperrgebiet ausnahmsweise ohne Impfschutz verlassen, wenn sie im Labor negativ auf das Blauzungenvirus getestet wurden und unter Insektizidschutz stehen“, sagte Jost.