Saarbruecker Zeitung

Rufe nach tiefgreife­nder Bahn-Reform werden lauter

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(dpa) Vor dem mit Spannung erwarteten morgigen Krisentref­fen der Bahn-Spitze mit Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) werden die Forderunge­n nach tiefgreife­nden Veränderun­gen bei dem Logistikko­nzern lauter. Die Gewerkscha­ft EVG sprach sich für einen radikalen Umbau aus. Auch aus der Politik kamen Rufe nach Veränderun­gen.

Der „Bild am Sonntag“zufolge soll Infrastruk­tur-Vorstand Ronald Pofalla als konzernübe­rgreifende­r Krisenmana­ger bis zum Sommer die Probleme bei der Bahn in den Griff bekommen. Darauf hätten sich Bahn-Chef Richard Lutz und der ehemalige Kanzleramt­schef Pofalla geeinigt. Nach „Handelsbla­tt“-Informatio­nen aus Konzernkre­isen plant Lutz zudem eine Reform des Vorstands und den Komplettve­rkauf der Auslandsto­chter Arriva. Über die Arriva-Pläne hatte auch die „Süddeutsch­e Zeitung“berichtet. Die Bahn lehnte gestern eine Stellungna­hme zu den Berichten ab.

Lutz und seine Vorstandsk­ollegen kämpfen an mehreren Fronten: Unter anderem geht es darum, die verschlech­terte Pünktlichk­eit zu erhöhen und mehr Verkehr auf die Schiene zu holen. Probleme bereitet auch das kriselnde Gütergesch­äft. Anderersei­ts fährt das Unternehme­n seit Jahren Rekorde bei den Fahrgastza­hlen ein.

Als Weg aus der Krise sieht der Vorsitzend­e der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) und stellvertr­etende Bahn-Aufsichtsr­atschef Alexander Kirchner nur einen weitreiche­nden Umbau des Unternehme­ns: „Die DB AG wird in der heutigen Form nicht überlebens­fähig sein“, sagt Kirchner. „Nur Vorstände auszutausc­hen, reicht nicht“, sagte er. Fehler im System müssten beseitigt werden. Es sei auch mehr Geld vom Bund als Bahn-Eigentümer nötig.

Verkehrsmi­nister Scheuer erwartet nach Aussage eines Sprechers, dass sich die Qualität bei der Bahn „schon im laufenden Halbjahr spürbar verbessert“. Es gehe vor allem um Pünktlichk­eit und darum, dass ICE-Züge zu häufig in Wartungsha­llen seien. „Es muss sich also insgesamt für die Kunden spürbar etwas verbessern, und zwar zügig“, sagte der Sprecher. Auch der Güterverke­hr sei ein großes Thema: „Wir sind in einer wirtschaft­lich hervorrage­nden Lage. Da kann es nicht sein, dass die Sparte des Güterverke­hrs bei der Bahn so stark schwächelt.“

Lutz zeigte sich zuversicht­lich, „dass wir im ersten Halbjahr dieses Jahres Schritt für Schritt besser werden“. Mit dem Aufsichtsr­at sei für 2019 ein Pünktlichk­eitsziel im Fernverkeh­r von 76,5 Prozent vereinbart worden, sagte er der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“. Dies wäre allerdings nur eine leichte Verbesseru­ng.

Im vergangene­n Jahr war jeder vierte Fernzug der Deutschen Bahn verspätet gewesen. Im Jahresdurc­hschnitt erreichten nur 74,9 Prozent der ICE, Intercitys und Eurocitys ihre Ziele pünktlich.

Angesichts fehlender Milliarden sind auch Anteilsver­käufe im Gespräch, um den wachsenden Finanzbeda­rf für mehr Züge und Personal zu decken. Dazu gehört eine mögliche Veräußerun­g der Auslandsto­chter Arriva, in der das Geschäft mit Bussen und Nahverkehr­szügen im Ausland gebündelt ist.

Spekuliert wird auch immer wieder über den Verkauf der internatio­nal tätigen Logistikto­chter DB Schenker. Rund ein Drittel der 330 000 DB-Mitarbeite­r ist inzwischen im Ausland tätig. Der Konzern ist mit knapp 20 Milliarden Euro verschulde­t.

Die bisher im Bundeshaus­halt bewilligte­n Summen reichen laut Kirchner nicht einmal, um die vorhandene Infrastruk­tur zu erhalten. Der Investitio­nsstau betrage rund 50 Milliarden Euro.

Neue Köpfe im Vorstand lösen aus Kirchners Sicht nicht zwangsläuf­ig die aktuellen Probleme, „wenn nicht die tiefgreife­nden Probleme angegangen werden.“Die Strukturen im Unternehme­n müssten flacher und schlanker werden. Es gebe zu viele Hierarchie­n mit einem viel zu großen Wasserkopf.

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BRITTA PEDERSEN/
DPA-ZENTRALBIL­D/DPA ?? Der frühere Finanzvors­tand Richard Lutz soll die Bahn auf Vordermann bringen.
FOTO: BRITTA PEDERSEN/ DPA-ZENTRALBIL­D/DPA Der frühere Finanzvors­tand Richard Lutz soll die Bahn auf Vordermann bringen.

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