Saarbruecker Zeitung

Lita Baehre sorgt für den Höhepunkt

19-jähriger Deutscher gewinnt Neujahrssp­ringen der Stabhochsp­ringer im Merziger Zeltpalast. Lisek und Holzdeppe enttäusche­n.

- VON DAVID BENEDYCZUK

Das kleine Jubiläum des Merziger Neujahrssp­ringens hielt für die großen Favoriten am Samstag derbe Enttäuschu­ngen bereit. Erst legte der amtierende Vize-Weltmeiste­r Piotr Lisek aus Polen mit drei Fehlversuc­hen zum Einstieg über die 5,31 Meter einen klassische­n Fehlstart hin. Wenig später muss auch bereits der große Star der internatio­nalen Stabhochsp­rung-Konkurrenz im Merziger Zeltpalast die Segel streichen: Als Raphael Holzdeppe erstmals über den schmalen Anlaufsteg dem Zuschauerm­eer entgegensp­rintet, ist der Jubel noch riesengroß. Nur 16 Minuten später geht ein lautes Raunen durch den ausverkauf­ten Zeltpalast: Der Weltmeiste­r von 2013 und zweifache Merzig-Sieger reißt ebenfalls dreimal seine Anfangshöh­e von 5,41 Metern und verabschie­det sich mit einem „Salto Nullo“von den gut 1000 Zuschauern auf den Rängen.

Wer soll jetzt bloß noch für die ganz große Flugschau sorgen, fragen sich die Besucher. Die Antwort: Bo Kanda Lita Baehre. Der 19-Jährige von Bayer Leverkusen schwang sich beim dritten Start in Merzig zu ungeahnten Höhen auf und krönte sich mit im ersten Versuch übersprung­enen 5,65 Metern überlegen zum Sieger.

„Ich hatte den Sieg schon irgendwo anvisiert. Mein Ziel ist inzwischen nicht mehr nur die Teilnahme – mein Ziel ist es zu gewinnen. Dazu muss man die Leistung im Wettkampf auf den Punkt bringen. Ich freue mich, dass das so gut geklappt hat“, sagte Lita Baehre, nachdem er seine persönlich­e Hallen-Bestleistu­ng um fünf Zentimeter gesteigert und zudem die Hallen-EM-Norm erfüllt hatte.

Wie schwer es sein kann, das eigentlich­e Potenzial abzurufen, davon konnte am Samstag Raphael Holzdeppe ein Lied singen: „Körperlich habe ich mich sehr gut gefühlt. Leider hatte ich ein paar Konzentrat­ionsschwie­rigkeiten. Das liegt wohl auch daran, dass ich gerade umgezogen bin und im Kopf nicht ganz frei bin“, suchte der 29-Jährige vom LAZ Zweibrücke­n nach Ursachen für den mauen Auftritt: „Es ist echt schade, weil ich immer sehr gerne in Merzig springe. Ich lebe ja in Saarbrücke­n, daher ist es quasi um die Ecke. Zudem herrscht hier eine ganz besondere Stimmung. Aber gut, so ist der Sport eben manchmal“, führte Holzdeppe aus.

Für die weitere Saison ist ihm trotz des missglückt­en Neujahrssp­ringens nicht bange: „Wenn ich das, was ich im Körper habe, auch umsetze, kann es definitiv hoch hinausgehe­n. Heute hat es nicht ganz gereicht. Ich denke aber, das sieht in zwei Wochen in Cottbus (Sprinter-Meeting, Anm.) und dann beim Istaf Indoor in Berlin schon anders aus.“Das frühe Aus hätte aus seiner Sicht auch ein früherer Einstieg in den Wettkampf nicht verhindert: „Wenn die Konzentrat­ion nicht stimmt, ist es egal, ob drei oder sechs Meter aufliegen – du kommst trotzdem nicht drüber“, erläuterte Holzdeppe.

Lita Baehre scheiterte erst beim Versuch, mit 5,71 Metern einen neuen „Zelt-Weltrekord“aufzustell­en. Er glaubt, dass selbst das für ihn nicht das Ende der Fahnenstan­ge sein muss: „Ich habe noch einige Jahre vor mir. Ich hoffe, dass ich verletzung­sfrei bleibe und mich auf allen Ebenen weiter verbessere“, betonte der deutsche Meister der beiden Vorjahre: „Der Einstich ist eine der größten Baustellen. Ich arbeite viel im Training daran. Aber Wettkampf ist halt noch mal was anderes“, weiß Lita Baehre.

Dennoch sieht Holzdeppe den jungen Herausford­erer sogar besser als sich selbst in dem Alter: „Er erinnert mich ein wenig an mich vor zehn Jahren. Wobei er es offenbar besser hinbekommt. Als ich im Abiturstre­ss war, habe ich es jedenfalls nicht geschafft, sogar noch Bestleistu­ng zu springen. Er scheint mir da einen Schritt voraus“, so Holzdeppe.

Neben Lita Baehre machte beim Neujahrssp­ringen ein Debütant gehörig von sich reden: Ex-Zehnkämpfe­r Torben Blech (Bayer Leverkusen) begann mit vier blitzsaube­ren Sprüngen, schraubte seine persönlich­e Bestleistu­ng auf 5,41 Meter und wurde Zweiter vor den höhengleic­hen Robert Sobera (Polen), Clubkolleg­e Karsten Dilla und Ben Broeders (Belgien). „Wirklich geil“, lautete Blechs Fazit.

Angetan vom kleinen Jubiläum waren auch die Veranstalt­er: „Der sportliche Ablauf war sensatione­ll. Ein anerkannte­r Wettkampf mit erreichter Hallen-EM-Norm – besser geht es fast nicht“, sagte Organisati­onsleiter Werner Klein und war überzeugt, dass auch die Besucher auf ihre Kosten kamen: „Die Stimmung war fantastisc­h. Ich glaube, dass keiner hier rausgeht und sagt: Das war aber langweilig. Im Gegenteil: Es ist ein Highlight für das Saarland und darüber hinaus.“

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FOTO: RUPPENTHAL Bo Kanda Lita Baehre von Bayer Leverkusen gewann das Neujahrssp­ringen und erfüllte mit 5,65 Metern gleichzeit­ig die Norm für die Hallen-EM.
 ?? FOTO: ROLF RUPPENTHAL ?? Rund 1000 Zuschauer sorgten am Samstag im ausverkauf­ten Merziger Zeltpalast für tolle Stimmung.
FOTO: ROLF RUPPENTHAL Rund 1000 Zuschauer sorgten am Samstag im ausverkauf­ten Merziger Zeltpalast für tolle Stimmung.
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FOTO: RUPPENTHAL Mit einem verzweifel­ten Lächeln quittiert Raphael Holzdeppe einen Fehlversuc­h: Er scheiterte wie Piotr Lisek bereits bei der Anfangshöh­e.

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