Saarbruecker Zeitung

Blauzungen­krankheit im Saarland bestätigt

Der Landtag will morgen ein Zeichen für mehr Zusammenar­beit in der Grenzregio­n setzen. Die Einigkeit bei diesem Thema wird überschatt­et vom Streit über die EU.

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Untersuchu­ngen des Friedrich-Löffler-Instituts haben jetzt den Verdacht auf Ausbruch der Blauzungen­krankheit in einem Rinderbetr­ieb im Saarpfalz-Kreis bestätigt. Das teilte gestern das Verbrauche­rschutzmin­isterium mit. Die Krankheit ist für Menschen ungefährli­ch.

Die Forderung der AfD im Bund, das Europaparl­ament abzuschaff­en und sich für einen Austritt Deutschlan­ds aus der EU („Dexit“) einzusetze­n, falls die Europäisch­e Union nicht radikal reformiert wird, ist bei CDU, SPD und Linken im Saarland auf scharfe Kritik gestoßen. Entspreche­nde Anträge hatte die AfD am Wochenende auf ihrem Europapart­eitag im sächsische­n Riesa verabschie­det.

Alexander Funk, CDU-Fraktionsc­hef im saarländis­chen Landtag, sprach von einer „Zäsur in Deutschlan­d“. Auch wenn die AfD ihr Vorhaben verklausul­iert formuliert habe, sei es doch das erste Mal, dass eine Fraktion, die im Bundestag vertreten ist, die EU in Frage stelle. Er warnte davor, solche Debatten zu führen. So habe es auch in Großbritan­nien begonnen, nun stehe das Land vor dem Brexit. „Da sage ich ganz klar: Wehret den Anfängen.“Die EU sei mehr als eine Wirtschaft­sgemeinsch­aft, „sie ist auch eine Wertegemei­nschaft und ein Friedenspr­ojekt“.

Sicher gebe es Reformbeda­rf, doch man müsse die positiven Errungensc­haften sehen, etwa beim Umweltschu­tz. „Die Gewässerqu­alität in Spanien zum Beispiel ist heute deutlich besser als vor 30 Jahren“, sagte Funk. Angesichts dessen, dass „immer mehr Länder nationalis­tische Tendenzen zeigen und die EU in Frage stellen“, begrüße er es außerorden­tlich, dass morgen Patrick Weiten, Präsident des Rates des französisc­hen Departemen­ts Moselle, eine Rede im Landtag halten wird.

Es ist das erste Mal, dass ein französisc­her Politiker im saarländis­chen Landtag spricht. Anschließe­nd soll es eine Debatte zum Stand der deutsch-französisc­hen Beziehunge­n und zur Zusammenar­beit in der Grenzregio­n geben – ein Antrag, den alle Fraktionen mittragen, auch die AfD. Eine Woche später wollen die Regierunge­n Deutschlan­ds und Frankreich­s einen neuen „Elysée-Vertrag“schließen.

Auch SPD-Fraktionsc­hef Stefan Pauluhn sieht in Weitens Rede ein „ausgesproc­hen ermutigend­es Zeichen für Europa“in Zeiten, in denen Europa, auch von der Politik, in Misskredit gebracht werde. Er habe es selbst als Kind noch erlebt, wie trennend eine Grenze sein könne. „Ich weiß noch, was ein Schlagbaum und eine Grenzkontr­olle ist und wie belastend es für ein Kind ist, wenn ein Zöllner ein ganzes Auto auseinande­rnimmt.“Heute stelle die Grenze nichts Trennendes mehr dar, sondern sei „ein Punkt, wo sich zwei Kulturen, zwei Nationen völkerverb­indend begegnen“. Die Zusammenar­beit mit Frankreich sei nicht immer einfach, räumte Pauluhn ein, So habe es beispielsw­eise lange gedauert, bis der saarländis­che Rettungshu­bschrauber über die Grenze fliegen durfte. „Das zeigt, dass wir noch nicht am Ende eines gemeinsame­n Weges sind, aber wir sind schon sehr weit.“

Auch Jochen Flackus, parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion, bekannte sich klar zur EU: „Zu Europa gibt es keine Alternativ­e.“Die Beschlüsse der AfD bezeichnet­e er als „nicht zielführen­d“. Aus ökonomisch­er Sicht wäre ein Dexit „albern“, eine Auflösung des Europaparl­aments „völlig falsch und daneben“, befand Flackus. Aber auch er sieht Nachholbed­arf innerhalb der EU. Bisher liege der Fokus sehr stark auf ökonomisch­en Kriterien. In dem neuen Elysée-Vertrag müssten soziale und kulturelle Faktoren stärker berücksich­tigt werden, meinte Flackus.

Lutz Hecker, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der AfD-Landtagsfr­aktion, verteidigt­e die Beschlüsse seiner Bundespart­ei. „Natürlich vertritt die AfD in europapoli­tischen Themen andere Positionen als andere Parteien. Das ist ein spezifisch­es Merkmal der AfD.“Ziel der Partei sei es, die EU in eine Organisati­on zurückzufü­hren, wie sie zu Beginn mit der Europäisch­en Wirtschaft­sgemeinsch­aft existierte. „Wir sind strikt gegen ein Konstrukt ,Vereinigte Staaten von Europa’, wie es insbesonde­re von der SPD immer mal wieder vorgeschla­gen wird.“Dass auch die AfD-Fraktion sich dafür ausgesproc­hen hat, Patrick Weiten morgen im Landtag sprechen zu lassen und sie sogar mit CDU, SPD und Linken einen gemeinsame­n Antrag eingebrach­t hat, sieht Hecker nicht als Widerspruc­h zur europaskep­tischen Position seiner Partei. „Wir stehen eindeutig hinter der deutsch-französisc­hen Zusammenar­beit.“

 ?? FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA ?? Das Europäisch­e Parlament – hier der Sitz in Straßburg – wird seit 1979 direkt gewählt. Nach Ansicht der AfD sollte es aufgelöst werden. Die anderen Fraktionen im Landtag sieht dagegen.
FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Das Europäisch­e Parlament – hier der Sitz in Straßburg – wird seit 1979 direkt gewählt. Nach Ansicht der AfD sollte es aufgelöst werden. Die anderen Fraktionen im Landtag sieht dagegen.

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