Saarbruecker Zeitung

Kramp-Karrenbaue­r muss die Regierung antreiben

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Jetzt schlägt Annegret Kramp-Karrenbaue­r Pflöcke ein. Um zu zeigen, dass sie der großen Aufgabe, die CDU zu führen, gewachsen ist. Die Zeit ist knapp, sie muss liefern. Bereits im Mai finden die Europa- und zehn Kommunalwa­hlen statt, im Herbst folgen dann wichtige Urnengänge im Osten. Und vielleicht kommt es in diesem Jahr auch noch zu einem Wechsel im Kanzleramt.

Die CDU startet mit einer für sie ungewöhnli­chen Konstellat­ion ins neue Jahr: Kanzlersch­aft und Vorsitz befinden sich nicht mehr in einer Hand. War es früher so, dass die Partei das Regierungs­handeln ihrer Chefin Angela Merkel mehr oder minder gehorsam begleitete, muss die neue „AKK“-CDU nun die Regierung antreiben und sich von ihr und dem Koalitions­partner abgrenzen. Auf der Klausurtag­ung in Potsdam wurde deutlich, wie die Saarländer­in das bewerkstel­ligen will: Sie besetzt forsch Themen und prescht mit inhaltlich­en Vorgaben voran.

Beispiel Steuersenk­ungen: Kramp-Karrenbaue­r will die vollständi­ge Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s und die Unternehme­nssteuern senken, um eine „Eintrübung“der Konjunktur zu verhindern. Die SPD will das nicht. Beispiel Rente: Die Grundrente, die zehn Prozent über der bisherigen Grundsiche­rung liegen soll, müsste nach dem Willen der CDU-Chefin jetzt rascher als geplant eingeführt werden. Letztes Beispiel: die Flüchtling­spolitik. Anfang Februar will Kramp-Karrenbaue­r ihr Verspreche­n einlösen und in einem „Werkstattg­espräch“die Migrations­politik „einem Praxistest“unterziehe­n. „Künstlich ausschließ­en“wolle man dabei eine Debatte über die Entscheidu­ngen des Jahres 2015 nicht. Kramp-Karrenbaue­r kommt damit den Merkel-Kritikern ein Stück entgegen. Ein Bruch mit der Politik der Kanzlerin ist das jedoch nicht. Der war nach der Wahl der 56-Jährigen Merkel-Vertrauten zur Parteichef­in auch nicht zu erwarten.

Den inhaltlich­en Ankündigun­gen müssen nun Taten folgen. Allerdings bleibt Kramp-Karrenbaue­r begleitet von einem Schattenma­nn: Friedrich Merz. Der Eindruck bleibt, dass sie noch keinen Weg gefunden hat, wie sie die Konservati­ven und den Wirtschaft­sflügel hinter sich bringen kann. Was auch daran liegt, dass sich diese Gruppen in den Merkel-Jahren als innerparte­iliche Opposition eingericht­et haben. Bleibt das so, lauert hier eine große Gefahr für die neue Chefin.

Vermutlich lässt sich die CDU nur über Wahlsiege einen. Am besten schon bei der Europawahl. „40 Plus X“gibt so mancher in der Union bereits als Ziel aus. Eine Niederlage dürfte wohl eher Merkel angehängt werden, nicht Kramp-Karrenbaue­r, die dann gerade mal fünf Monate im Amt ist. Für die Saarländer­in könnte sich dann allerdings schneller als gedacht die Frage einer Kanzlerkan­didatur stellen: „Die Vorsitzend­e oder der Vorsitzend­e führt den Prozess von der Spitze weg“, hält AKK allen Zweiflern und Merz-Freunden entgegen. Sie traut es sich zu, heißt das. Und auch, dass sie das alleinige Vorschlags­recht beanspruch­t. Der größte Pflock der „AKK“.

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