Saarbruecker Zeitung

Auf finanziell­e Hilfe angewiesen

Die Reportager­eihe „37°“thematisie­rt in einer neuen Folge die Altersarmu­t in Deutschlan­d.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Die Altersarmu­t in Deutschlan­d nimmt zu. Heute gilt jeder sechste Rentner als arm: vor allem Senioren, die nicht durchgängi­g gearbeitet haben. Das stellt Familien vor Herausford­erungen. Und wenn die Rente nicht reicht und Senioren verzweifel­n, dann sind deren Kinder gefragt. Doch mit welchen Problemen haben die gerade zu kämpfen? Und können die Eltern ihre Hilfe überhaupt annehmen?

Christiane studierte noch, als der Hilferuf ihrer Mutter kam: „Es hat mich erschütter­t. Ich kannte meine Mutter immer nur als starke Frau.“Giesela, heute 66, war Geschäftsf­ührerin einer Restaurant­kette, stand mitten im Leben, als ein Herzinfark­t sie aus der Bahn warf. Kurz darauf ging ihre Ehe in die Brüche, und die damals 53-Jährige fiel psychisch und finanziell in ein tiefes Loch: „Es fiel mir schwer, in der Situation meine Tochter um Hilfe zu bitten.“Christiane holte sie zu sich, kümmerte sich um ihre Gesundheit, organisier­te eine kleine Wohnung und gebrauchte Möbel: „Es ist wie ein Rollenwech­sel. Ich bin jetzt die Mutter, sie das Kind.“

Sebastian setzt gerade alles daran, seine Mutter von Neumünster zu sich nach Essen zu holen: „Sie hat nicht viel Geld, kann mich und meinen kleinen Sohn daher selten besuchen kommen. Ich hätte sie gerne in meiner Nähe, damit ich mich mehr um sie kümmern kann.“Seine Mutter Sigrun lebt von 750 Euro Rente im Monat: „Es reicht zum Überleben, aber nicht zum Leben.“Kaffeetrin­ken, ins Kino, spontan shoppen gehen ist für sie nicht drin. Einen Nebenjob kann sie nicht machen, wegen der Schmerzen. „Ich war Taxifahrer­in, daher der kaputte Rücken. Und zwischendr­in hab ich mir erlaubt, meine vier Kinder großzuzieh­en, habe also im Job pausiert. Das rächt sich jetzt mit der niedrigen Rente.“

Frauen, die wegen der Kinder nicht voll gearbeitet haben, rutschen dabei wesentlich häufiger in die Armut als Männer. In den kommenden Jahren könnte sogar jede dritte alleinsteh­ende Frau, die in Rente geht, auf zusätzlich­e finanziell­e Unterstütz­ung angewiesen sein, so zumindest die Schätzunge­n einer Studie der Bertelsman­n Stiftung. Der „37°“-Film zeigt, wie sich Kinder um ihre finanziell schlecht gestellten Mütter kümmern. Sie tun es aus Liebe und Verantwort­ung. Krisen bleiben da nicht aus. Und wenn sich nach einer Zeit der Trennung Kinder und Eltern wieder begegnen, dann ist das die Chance auf einen Neubeginn in der Beziehung.

37°: Meine Mutter, mein Sorgenkind, 22.15 Uhr, ZDF

 ?? FOTO: ZDF/NICOLE SOMMER ?? Giesela (l.) ist auf finanziell­e Unterstütz­ung von ihrer Tochter Christiane angewiesen. So geht es vielen Rentnerinn­en und Rentnern mittlerwei­le in Deutschlan­d – Tendenz weiter steigend.
FOTO: ZDF/NICOLE SOMMER Giesela (l.) ist auf finanziell­e Unterstütz­ung von ihrer Tochter Christiane angewiesen. So geht es vielen Rentnerinn­en und Rentnern mittlerwei­le in Deutschlan­d – Tendenz weiter steigend.

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