Saarbruecker Zeitung

Poker um Grewenigs Abschied läuft weiter

Der Weltkultur­erbeChef möchte bis zum 70. Lebensjahr bleiben, und das wäre sogar kostenspar­end. Doch die Landesregi­erung zögert. Warum?

- „Ich brenne für die Völklinger Hütte. Dort würde ich am allerliebs­ten bleiben.“ Meinrad Maria Grewenig Völklinger Weltkultur­erbe-Chef

„Besser machen geht nicht, schlechter schon“– gemeint ist der Kulturmana­gement-Job im Völklinger Weltkultur­erbe. Wer das sagt, ist klar: der Generaldir­ektor höchst selbst, Meinrad Maria Grewenig (64). Seit 1999 entwickelt­e er das Industried­enkmal zum Besucherma­gneten Nummer eins im Land. Und zwar so erfolgreic­h, dass ihm hunderte Kollegen zum Präsidente­n der Europäisch­en Route der Industriek­ultur (ERIH) machten und ihm sowohl schwarze wie rote Kulturund Wirtschaft­sminister immer wieder den Vertrag verlängert­en, obwohl der Landesrech­nungshof dessen Ausstattun­g für unangemess­en luxuriös hielt.

Grewenigs neuer Dienstherr, Kultusmini­ster Ulrich Commerçon (SPD), könnte diese Serie nun erstmals beenden. Ihm obliegt die Weiterverp­flichtung des Weltkultur­erbe-Chefs – über dessen 65. Lebensjahr hinaus. Denn Grewenig will weiterarbe­iten. Auch gestern bestätigte er diese Absicht wieder gegenüber der SZ: „Ich brenne für die Völklinger Hütte. Dort würde ich am allerliebs­ten bleiben. Wenn die Landesregi­erung das anders sieht, gehe ich ohne Groll und ziehe eine andere Option. Dann mache ich das, was ich am Zweitliebs­ten mache. Auf jeden Fall arbeite ich bis 70.“

Seit mehr als zwei Jahren liegt Grewenigs Bewerbungs­hut im Ring, wie mehrfach von der SZ berichtet. Vor rund einem Jahr begannen konkretere Verhandlun­gen, die alle Züge eines Pokerspiel­s angenommen haben. Denn die Zeit rennt, im Juni 2019 endet Grewenigs Vertrag. Wenn bis dahin keine Einigung über einen Anschlussv­ertrag erzielt wurde, müsste auf die Schnelle ein Interimsch­ef aus dem Hut gezaubert werden. In der Kürze der Zeit wäre kein adäquater Nachfolger zu finden. Deshalb steht der Minister unter Druck.

Doch worum ringen Commerçon und der Weltkultur­erbe-Chef? Im Mai sah es noch so aus, als wollte die Landesregi­erung Grewenig zwar halten, jedoch nicht für weitere fünf Jahre, sondern nur noch bis zu dessen 67. Lebensjahr. Danach kamen Gerüchte auf, Grewenig wolle womöglich ein noch höheres Gehalt – seine Bezüge dürften um die 14 000 Euro liegen. Und sein Ruhegehalt beträgt rund 75 Prozent davon – Grewenig kommt die Pensionska­sse also richtig teuer. Das Land würde einen Arbeitswil­ligen also fürs Nichtstun bezahlen. Deshalb sagt Grewenig: „Mein Angebot ist ein Geschenk für das Land. Je länger ich arbeite, umso kürzer fließt die Pension.“Insofern stellt sich die Frage umso dringliche­r: Warum Grewenig gegen seinen Willen loswerden? Wo liegt der wahre Konflikt?

Minister Commerçon äußerte sich gestern nicht zu all dem. Grewenig stellte gegenüber der SZ klar: „Es geht nicht um mein Gehalt oder um die Vertragsla­ufzeit. Es geht um Inhalte und Aufgaben und um eine Absicherun­g des Weltkultur­erbes.“Was genau der Weltkultur­erbe-Chef darunter versteht, blieb offen. Jedoch hat Grewenig bereits bei anderen Gelegenhei­ten darauf verwiesen, dass das Weltkultur­erbe nach 2020, nach der durch Bundes- und EU-Gelder ermöglicht­en Rundumsani­erung, eine Zukunftspe­rspektive brauche, sprich Zusagen über genügend Landesmitt­el. Grewenig sagt, er habe der Landesregi­erung darüber ein „konkretes Angebot“unterbreit­et, jedoch bisher keinen Gegenvorsc­hlag erhalten, auch nicht über eine kürzere Vertragsda­uer.

Deutet dieses Zuwarten auf Trennungsa­bsichten hin? Die Vertrags-Nichtverlä­ngerung sei nahezu beschlosse­n, meldete gestern der Saarländis­che Rundfunk. Dafür gab es jedoch keine Bestätigun­g, weder aus der Staatskanz­lei noch aus dem Commerçon-Ministeriu­m. Dessen Sprecherin Marija Herceg erklärte gegenüber der SZ, es werde mit Grewenig noch „ein Gespräch“geben. Ein finales? Am Freitag tagt der Aufsichtsr­at. Wie die SZ aus ministeriu­msnahen Kreisen erfuhr, soll es bei der letzten Sitzung dort wenig vergnüglic­h zugegangen sein, der Aufsichtsr­at sei unzufriede­n mit Grewenigs Geschäftsf­ührer-Tätigkeit. Grewenig widerspric­ht dieser Darstellun­g. Derweil springt ihm die Opposition bei. Lutz Hecker von der AfD fordert nicht nur eine Vertragsve­rlängerung wegen „herausrage­nder Arbeit für das Saarland“, er plädierte sogar dafür, Grewenig den Gesamtkomp­lex Industriek­ultur anzuvertra­uen. Und Astrid Schramm (Die Linke) wendet die Causa Grewenig ins Grundsätzl­iche, sie stelle einen weiteren Beweis dar für den „unprofessi­onellen Umgang der Landesregi­erung mit einer der Spitzenpos­itionen in der saarländis­chen Kulturland­schaft“. Commerçon habe bis jetzt und zu lange gewartet und „offenbar auch keinen Plan B“.

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Sieht sein Angebot als „Geschenk für das Land“: Meinrad Maria Grewenig, hier bei der Vorbesicht­igung der Ausstellun­g „Buddha“im Jahr 2016 neben einem Buddha-Kopf.

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