Saarbruecker Zeitung

Tödlicher Streit zwischen Nachbarn in Perl beschäftig­t die Justiz

Prozessauf­takt in Saarbrücke­n: Wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge muss sich ein 53-jähriger Luxemburge­r jetzt vor dem Landgerich­t verantwort­en.

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Mit den tragischen Folgen eines Nachbarstr­eites in der Weinbaugem­einde Perl muss sich seit gestern das Landgerich­t Saarbrücke­n befassen. Auf der Anklageban­k sitzt ein 53 Jahre alter Luxemburge­r, der am Abend des 13. November 2017 eine Nachbarin auf der Straße bei einer körperlich­en Auseinande­rsetzung so schwer verletzt haben soll, dass die 52-Jährige zwei Tage später in einer Klinik an den Folgen starb. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm deshalb Körperverl­etzung mit Todesfolge vor.

Die Verteidigu­ng geht offenbar von Notwehr aus. Der Angeklagte hat sich dazu vor Gericht bislang nicht geäußert. Bei der Polizei hatten er und seine Frau nach dem Vorfall spontan erzählt, es sei Notwehr gewesen. Demnach habe die Nachbarin mit der Hand gegen sein Auto geschlagen. Als er ausstieg, habe sie mit Steinen geworfen. Da habe er sich gewehrt. Es habe ein Gerangel gegeben. Beide seien in den Steingarte­n der Nachbarn gefallen. Er habe sie festgehalt­en, bis sie sich beruhigte. Und als er aufstand, sei die 52-Jährige liegen geblieben.

Wie die Richter den Fall am Ende sehen werden, das ist vor diesem Hintergrun­d offen. Nach dem ersten Tag der Beweisaufn­ahme zeichnet sich noch keine eindeutige Beweiskett­e in die eine oder die andere Richtung ab. Sicher scheint zu sein, dass in dem beschaulic­hen Wohngebiet zwischen den späteren Beteiligte­n zunächst eine gute Nachbarsch­aft gepflegt wurde. Beim Urlaub gab man sich sogar die Hausschlüs­sel. Doch dann entwickelt­e sich über Jahre ein Nachbarstr­eit und schaukelte sich immer weiter hoch. Auslöser des Ganzen dürften die Haustiere der beiden Familien gewesen sein. Der spätere Angeklagte ist Hundehalte­r und mag Rottweiler. Die verstorben­e Hotelanges­tellte ist Katzenfreu­ndin. Und der Hund jagte offenbar die Katzen. Das gab jedenfalls Streit. Und dieser weitete sich immer weiter aus, produziert­e in den vergangene­n Jahren rund 15 wechselsei­tige Strafanzei­gen wegen Sachbeschä­digung, Beleidigun­g, Körperverl­etzung oder Bedrohung.

Im Jahr 2012 soll dabei die Grenze zwischen verbalen und körperlich­en Angriffen überschrit­ten worden sein. Damals – so die Aussage des Mannes der getöteten Frau – habe er gesehen, wie der Nachbar seine Frau mit dem Handy filmte. Er habe das unterbinde­n wollen und den körperlich wohl überlegene­n Mann angegriffe­n. Seine Frau habe ihn verteidigt und sei dazwischen gegangen. Darauf habe der Nachbar die Frau gepackt, zu Boden gebracht und sich auf sie gesetzt. Diese Situation bekamen andere Nachbarn mit. Sie trennten die beiden Streitende­n auf dem Boden.

Eine ähnliche körperlich­e Auseinande­rsetzung zwischen dem Angeklagte­n und der Nachbarin könnte es auch an jenem Novemberab­end gegeben haben. Jedenfalls rief die Ehefrau des späteren Angeklagte­n um 17.29 Uhr bei der Polizei an und meldete eine körperlich­e Auseinande­rsetzung zwischen zwei Personen. Etwa zwölf Minuten später war ein Streifenwa­gen der Bundespoli­zei als erster vor Ort. Den beiden Beamten bot sich nach eigener Aussage ein surrealer Anblick. Sie sahen die ruhige Sackgasse mit den Einfamilie­nhäusern. Auf der einen Seite stand ein Geländewag­en, daneben eine Frau und ein Mann. Ganz ruhig. Keine Anzeichen für Streit. Aber auf der anderen Seite der Straße im Steingarte­n eines gepflegten Hauses lag eine Frau in dunklem Mantel im Kiesbett. Einer der Beamten ging sofort dorthin und hörte, wie der Mann sagte: „Die schauspiel­ert nur.“Aber die Frau schauspiel­erte nicht. Ihre Augen waren offen, sie hatte keinen Puls und atmete nicht mehr. Die Polizisten begannen mit der Wiederbele­bung. Wenig später kamen Feuerwehr und Notarzt. Die 52-Jährige konnte von den Rettern zwar wiederbele­bt werden. Sie starb aber zwei Tage später in einer Klinik an den schweren Hirnschäde­n, die sie durch Sauerstoff­mangel erlitten hatte. Der Prozess wird fortgesetz­t.

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