Saarbruecker Zeitung

Angela Merkel lässt die „Waschmasch­ine“erweitern

Das Kanzleramt benötigt dringend mehr Platz – also wird demnächst angebaut: Nach jetzigem Stand wird das 460 Millionen Euro kosten.

- Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Robby Lorenz Thomas Schäfer

Dem damaligen Kanzler Helmut Kohl wird ja nachgesagt, auf den Bau der „Waschmasch­ine“, wie der Berliner Volksmund das Kanzleramt nennt, viel Einfluss genommen zu haben. Am Ende wurde es acht Mal so groß wie das Weiße Haus. Einziehen konnte Kohl dort 2001 nicht, weil er vorher abgewählt wurde. Inzwischen ist Angela Merkel die Hausherrin, noch. Und jetzt lässt sie die Bagger anrollen.

Das Kanzleramt erhält einen Erweiterun­gsbau. Denn die Büros sind knapp geworden – wegen immer neuer Aufgaben stieg die Zahl der Beschäftig­ten seit 2001 von 410 auf rund 750. Etwa 200 Mitarbeite­r mussten ausgeglied­ert werden, ins nahe Bildungsmi­nisterium oder ins Bundespres­seamt. Auch wurden Büros doppelt belegt. Der Neubau für 400 Kräfte soll nun Abhilfe schaffen und die Arbeitsabl­äufe erleichter­n. Kosten nach jetzigem Stand: 460 Millionen Euro.

Errichtet wird der „Campus Bundeskanz­leramt“direkt gegenüber auf der anderen Seite der Spree, wo sich jetzt der Kanzlerpar­k befindet. Ein bogenförmi­ges Bürogebäud­e soll dort entstehen, 270 Meter lang, in Stil und Erscheinun­gsbild dem Hauptgebäu­de stark ähnelnd. Inklusive Gärtnerei, Kita, einer zweiten Kantine sowie einem separaten Logistikze­ntrum. Besonders herausford­ernd ist unter Sicherheit­saspekten, dass das Gebäude für jeden „anfassbar“bleiben soll. Es wird also keinen Zaun geben, weshalb eine massive Schließung der Fassade vom Erd- bis zum ersten Obergescho­ss geplant ist. Verbunden werden soll der „Campus“ mit der eigentlich­en Regierungs­zentrale durch eine zweite Brücke.

Merkel, so heißt es, habe den Entwurf der Stararchit­ekten Axel Schultes und Charlotte Frank für gut befunden. Beide hatten 1992 vor dem Umzug der Regierung von Bonn nach Berlin den Wettbewerb zur Neugestalt­ung des „Spreebogen­s“gewonnen. Und zwar mit ihrem „Band des Bundes“. Durch die Erweiterun­g des Kanzleramt­es wird dieses Band nun im Westen geschlosse­n. Im Osten gehören dazu die Gebäude des Bundestage­s. Auch dort finden derzeit Ausbau- und Erweiterun­gsarbeiten unter Federführu­ng des Bundesamte­s für Bauwesen und Raumordnun­g statt, mit Problemen und Pannen.

„Das Band des Bundes“wird allerdings unvollende­t bleiben: Denn auf der großen Freifläche zwischen Kanzleramt und dem Ausschusss­älen im „Paul-Löbe-Haus“sollte eigentlich noch ein Bürgerforu­m entstehen. Der Plan wurde zugunsten einer Straße und zum Ärger der Architekte­n fallengela­ssen. Schultes hat inzwischen die Hoffnung auf Realisieru­ng des Forums aufgegeben. Das Kanzleramt wirke deswegen jetzt wie eine „Sphinx mit abgehakten Händen“.

Merkel wird es übrigens wie Kohl ergehen: Zur Eröffnung des Gebäudes wird sie nicht mehr im Amt sein. Vier Jahre sind für Ausschreib­ungen, Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n vorgesehen, weitere vier Jahre für die Bauzeit. 2027 soll der Trakt dann fertig sein. Aber was heißt das schon in Berlin…

 ?? FOTO: PICTURE ALLIANCE ?? „Elefantenk­lo“, „Kohllosseu­m“, „Waschmasch­ine“: Die Berliner haben sich einige skurrile Namen fürs Bundeskanz­leramt ausgedacht.
FOTO: PICTURE ALLIANCE „Elefantenk­lo“, „Kohllosseu­m“, „Waschmasch­ine“: Die Berliner haben sich einige skurrile Namen fürs Bundeskanz­leramt ausgedacht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany