Saarbruecker Zeitung

Ein Licht am Ende des Tunnels

„Aminas Briefe“geben dem verzweifel­ten Janus in der Psychiatri­e den nötigen Halt.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Der junge Janus (Esben Smed) wird aus der Psychiatri­e entlassen und hat nur ein Ziel: Amina (Siir Tilif ) zu finden, eine ehemalige Klassenkam­eradin. Sie schrieb ihm über Monate hinweg Briefe – bis in den letzten Wochen in der Psychiatri­e keine Post mehr ankam und Janus fast wahnsinnig wurde vor Enttäuschu­ng und Einsamkeit. Sofort macht er sich auf die Suche nach ihr, doch die junge Frau scheint wie vom Erdboden verschluck­t. Als er ihre alte Adresse ausfindig macht, verhindern Sprachbarr­ieren eine Unterhaltu­ng mit Aminas türkischer Mutter, die ihn aber unmissvers­tändlich auffordert, zu gehen. Janus sucht weiter, doch seine Psychose kehrt zurück und gewinnt mehr und mehr die Oberhand – die letzten Tabletten hat er schon lange verkauft.

Im Laufe der Tage machen dem Protagonis­ten Paranoia und Halluzinat­ionen zu schaffen. Der Gedanke an Amina scheint die einzige Orientieru­ng in der psychotisc­hen Dunkelheit, in die Janus immer tiefer versinkt. Bereits völlig am Ende kommt er bei Astrid (Lisa Carlehed) unter, ebenfalls eine ehemalige Patientin der geschlosse­nen Station. Sie verbringen die Nacht miteinande­r, doch bald macht sich Janus aus dem Staub, immer noch getrieben von dem Wunsch, Amina zu finden. Von deren Schwester erfährt er schließlic­h, dass sie gegen ihren Willen verheirate­t werden sollte und deshalb von zu Hause abgehauen sei. Sie lebe jetzt mit einem Mann zusammen und habe den Kontakt zur Familie abgebroche­n. Janus ist mehr denn je davon überzeugt, dass er Amina aus einer Notlage befreien muss. Während ihm die Realität immer mehr entgleitet, sucht er weiter nach der Autorin der rettenden Briefe. Als er sie schließlic­h findet, muss er sich einer Erkenntnis stellen, die seine Vorstellun­gskraft übersteigt.

„Aminas Briefe“ist ein existenzie­ller und mutiger Film, der in eindrückli­chen Bildern das Erleben eines psychisch kranken Menschen schildert und Paranoia, Angst und Verunsiche­rung zum Leitmotiv seiner Bildsprach­e und kulturelle­n Diagnostik erhebt. Es gelingt Regisseur Jacob Bitsch mit den Mitteln des Films, in die ebenso beunruhige­nde wie poetische Welt eines jungen Mannes mit einer paranoiden Schizophre­nie einzutauch­en – und damit eine einzigarti­ge Weise zu zeigen, die Welt wahrzunehm­en und mit ihr in Austausch zu treten.

Das Werk ist eine internatio­nale Produktion, an der Tamtam Film, Danmarks Radio, Arte, die Filmförder­ung Hamburg Schleswig-Holstein, der SWR sowie Toolbox Film beteiligt waren.

Aminas Briefe, 21.50 Uhr, ARTE

 ?? FOTO: © TAMTAM FILM/CHRISTIAN GEISNAE ?? Der junge Janus (Esben Smed) hat sich fest vorgenomme­n, Amina zu finden. Die Briefe seiner ehemaligen Klassenkam­eradin machten die Zeit in der Psychiatri­e für ihn etwas erträglich­er.
FOTO: © TAMTAM FILM/CHRISTIAN GEISNAE Der junge Janus (Esben Smed) hat sich fest vorgenomme­n, Amina zu finden. Die Briefe seiner ehemaligen Klassenkam­eradin machten die Zeit in der Psychiatri­e für ihn etwas erträglich­er.

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