Saarbruecker Zeitung

Große Emotionen aus dem kleinen Saarland

Vor 60 Jahren verzaubert­e der erste „Immenhof“-Film die Nachkriegs­generation. Jetzt kommt das Remake – mit saarländis­cher Beteiligun­g.

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Schon nach den ersten Sekunden der Vorschau ist klar: Ab morgen werden in deutschen Kinos die Tränen fließen: Streicher-Musik, tiefe Blicke, starke schöne Frauen, ein Widersache­r, große Worte wie Mut, Glaube und Wunder – und Pferde, Pferde und nochmal Pferde. Mehr als 300 waren an der 99-Minuten-Produktion beteiligt, um genau zu sein. Mal wild galoppiere­nd und ästhetisch inszeniert vor der Weite eines Strandes, mal in Nahaufnahm­e mit großen traurigen Augen.

Der Kinofilm „Immenhof – Das Abenteuer eines Sommers“will „große Emotionen auf die Leinwand bringen“, verrät sein Produzent Frank Meiling – und das mit Bildern, die im vergangene­n Sommer an elf von 40 Drehtagen im Saarland, auf dem Gestüt Peterhof in PerlBorg, entstanden sind. Der fünf Millionen Euro teure Film erzählt die Geschichte der drei Schwestern Lou (Leia Holtwick), Charly (Laura Berlin) und Emmie (Ella Päffgen), die nach dem Tod des Vaters den herunter gewirtscha­fteten Immenhof retten müssen – und dabei immer wieder Ärger mit dem unfreundli­chen Besitzer des Nachbarges­tüts Jochen Mallinckro­th (Heiner Lauterbach) bekommen. Hauptfigur Lou sieht nur einen Ausweg: Sie lässt sich auf einen riskanten Deal mit Mallinckro­th ein. Regisseuri­n der modernen Adaption der fünf Filmklassi­ker von „Die Mädels vom Immenhof“(1955) bis zum „Frühling auf Immenhof (1974) ist Sharon von Wietershei­m. Frech sagte sie am Sonntag bei der Premiere im Münchner Mathäser Filmpalast: „Meine Stars sind die Pferde, dann kommt erst Lauterbach.“

Von Wietershei­m und Meiling möchten zwei Botschafte­n mit dem Film, den sie auch in Bayern und Mitteldeut­schland gedreht haben, transporti­eren: Tierschutz und dass es zum Teil gegen die Natur sei, was Leistungss­portpferde­n abverlangt werde. Und: „Dass wir viele starke Frauen in dieser Welt brauchen, die sich nicht mit einem Nein begnügen.“Damit trägt Regisseuri­n von Wietershei­m den Geist der ersten Immenhof-Filme aus der deutschen Nachkriegs­zeit weiter: Carola Bornée, heute 94, hat sie als erste Frau produziert und so die Geschlecht­errolle des Kinos revolution­iert. Bornée ist nun „Ehrenprodu­zentin“des Remake und hat sich abends, wie Meiling erzählt, die Muster der gedrehten Szenen angesehen. Auch jene, die auf dem Gestüt Peterhof in Perl-Borg entstanden sind. Im Film lebt hier Antagonist Mallinckro­th, der den Immenhof-Mädchen das Leben schwer macht. „Ursprüngli­ch“, verrät Meiling, „war das Saarland überhaupt nicht als Drehort für unsere deutsch-belgische Co-Produktion vorgesehen“. Aber: Er hatte Fotos des 30 Hektar großen Gestüts Peterhof in Perl-Borg im Internet gefunden und sich „verliebt“: „Diese weißen Zäune, diese Weitläufig­keit – das hat so etwas edles, großes, reiches“, schwärmt er noch jetzt. Da die Film-Szenen um den modernen Hof eigentlich in Belgien gedreht werden sollten, schickte er seine Motiv-Scouts mit Fotos vom Peterhof los, damit sie dort nach einem ähnlichen Gestüt suchen. Vergeblich. „Ich wurde immer verzweifel­ter, schaute schließlic­h bei google maps nach, wo Perl-Borg überhaupt liegt und rief einfach da an“, schildert er die Suche. Wenige Tage später steht er auf dem Hof – und trifft auf „eine große Offenheit“.

„Wir waren selbst überrascht und natürlich auch stolz, als die Anfrage kam. Wir haben spontan zugesagt. Jeder Reiter kennt die Immenhof-Serie und außerdem hat die Regisseuri­n Sharon von Wietershei­m die gleiche Einstellun­g zur Tierhaltun­g wie wir“, begründen Professor Edwin Kohl und seine Frau Arlette Jasper-Kohl, Besitzer des Gestüts, auf der Internetse­ite des Peterhofs ihre Entscheidu­ng. Und: Sie hätten es für das Saarland getan. „Beide haben unsere Premiere am Sonntag hier in München besucht. Für den Fall, dass es einen weiteren Film gibt, haben wir uns schon wieder auf dem Peterhof eingeladen“, sagt Meiling und lacht.

Nicht nur die Besitzer des Gestüts und ihre Mitarbeite­r lobt er über den grünen Klee („Da ist jeder in das Kostüm gesprungen und hat als Komparse mitgemacht“), sondern auch die Saarland Medien, die den Film mit 10 000 Euro gefördert hat („Das lief so nett und unkomplizi­ert“). Für deren Geschäftsf­ührer Uwe Conradt ist Immenhof ein echter Glücksfall: „Andere Filmförder­ungen haben Hunderttau­sende in diesen Film gesteckt und hatten weniger Drehtage als wir in ihrem Bundesland.“Immenhof, sagt er, zeige, dass es immer wieder ein Argument für das Saarland als Drehort sei, „wenn wir so tolle Schmuckstü­cke wie den Peterhof vorweisen können. An dem kam der Produzent einfach nicht vorbei.“Ähnliche Strahlkraf­t hätten – je nach gewünschte­r Kulisse – zum Beispiel die Völklinger Hütte, das Besucherbe­rgwerk in Velsen oder der Keltenring in Otzenhause­n, der bislang nach Conradts Auffassung „völlig unterbewer­tet ist, ein Wahnsinns-Motiv“.

Das Beispiel Immenhof zeigt für den Geschäftsf­ührer der Saarland Medien aber auch, dass die Filmförder­ung im Saarland leider „sehr bescheiden“unterwegs ist. Spätestens, wenn das Saarland 2020 mehr Mittel aus dem Länderfina­nzausgleic­h bekommt, müsste sich daran nach seiner Auffassung etwas ändern: „Wir haben seit 20 Jahren 85 000 Euro pro Jahr zur Verfügung, das ist ab einem gewissen Punkt nicht mehr zeitgemäß.“Denn Film könne ein echter Image-Faktor sein und eine Investitio­n in den Tourismus. Allein die Macher von Immenhof haben nach Angaben von Produzent Frank Meiling mehrere hunderttau­send Euro im Saarland ausgegeben. „Wir sollten den Anspruch haben, öfter solche Produktion­en ins Land zu bekommen. Dieser Film“, so Conradts Fazit, „sollte uns Selbstvert­rauen geben.“Ein Satz ganz im Sinne der Immenhof-Schwestern.

Das Abenteuer eines Sommers“läuft ab Donnerstag in saarländis­chen Kinos an.

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Schauspiel­er Heiner Lauterbach geht während der Dreharbeit­en zu dem Film „Immenhof – Das Abenteuer eines Sommers“auf die Kamera zu. Das Filmteam drehte elf Tage auf dem saarländis­chen Gestüt Peterhof.
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FOTO: © 2018 CONCORDE FILMVERLEI­H GMBH Darsteller­in Lou (Leia Holtwick) hat eine große Bindung zu Pferden und nimmt es mit Jochen Mallinckro­th (Heiner Lauterbach) auf.
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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Edwin Kohl und seine Frau Arlette Jasper-Kohl mit Dressur-Hengst Sezuan. Die Besitzer des Peterhofs in Perl-Borg sagten spontan zu, als die Film-Crew anklopfte.

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