Saarbruecker Zeitung

Lebenslang für Fechinger Todesschüt­zen

Im Doppelmord-Prozess gegen einen 59-jährigen Deutsch-Russen hat das Landgerich­t Saarbrücke­n am Dienstag den Angeklagte­n zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe verurteilt und dabei auch eine besondere Schwere der Schuld festgestel­lt.

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VON WOLFGANG IHL

SAARBRÜCKE­N

Wegen mehrfachen Mordes und versuchten Mordes hat das Landgerich­t Saarbrücke­n einen 59 Jahre alten Deutsch-Russen zu lebenslang­er Haft verurteilt. Der mehrfache Vater und Großvater war im Mai 2018 als ungebetene­r Gast auf der Feier zum 60. Geburtstag seiner geschieden­en Frau erschienen. Mit einer Pistole der

Das soll der Angeklagte zu seiner ExFrau gesagt haben

Marke Walther schoss er auf seine Ex-Ehefrau und seine schwangere Tochter (30), verletzte die beiden teils schwer. Als sein Sohn (35) und sein Schwiegers­ohn (37) den Frauen zu Hilfe kamen, tötete er die beiden Männer mit gezielten Schüssen in die Oberkörper.

Die Richter werteten diese Tat als mehrfachen vollendete­n und versuchten Mord aus niedrigen Beweggründ­en und betonten außerdem die schwere Schuld des Angeklagte­n. Der Mann habe aus Hass gegen seine Familie gehandelt. Er habe seinen Machtanspr­uch gegen Frau und Kinder mit allen Mitteln durchsetze­n wollen. Anfang der 90er Jahre sei er mit Frau und vier Kindern nach Deutschlan­d gekommen. Er habe als der Patriarch der Familie agiert und keinen Widerspruc­h geduldet. Was er wollte, das musste sofort gemacht werden. Wenn nicht, dann seien die Kinder mit dem Gürtel geschlagen worden. Als dies im Laufe der Pubertät zu immer größeren Problemen führte, habe er mit immer stärkeren Züchtigung­en reagiert. Die Kinder zogen aus, als sie erwachsen wurden. Die Mutter, die er nie körperlich angegriffe­n habe, blieb. Aber auch zwischen ihr und dem Mann wuchsen die Probleme, weil die Frau ihm nicht immer sofort folgen wollte. Das Paar lebte sich auseinande­r. Es kam zur Scheidung, woraufhin das Haus der Familie zur Zwangsvers­teigerung anstand.

Für den Angeklagte­n markierte all dies das Ende seines Lebenstrau­mes von Haus und Familie. Er fühlte sich gedemütigt und sah sich als unschuldig­es Opfer der Machenscha­ften seiner Familie. Im Zuge dieser Entwicklun­g habe der Mann immer stärkere Hassgefühl­e gegen seine Angehörige­n entwickelt, so der Vorsitzend­e Richter in der einstündig­en mündlichen Begründung des Urteils. Der Angeklagte habe das Verhalten seiner Familie als respektlos und undankbar empfunden. Als er schwer krank wurde, habe er den Ärger über sein Schicksal dafür verantwort­lich gemacht. Um sich zu rächen, habe er ein Fanal setzen wollen. Damit habe er Stärke demonstrie­ren wollen. Als Bühne dafür habe er sich die Feier im Haus der Familie ausgesucht.

Nach den tödlichen Schüssen seien sein Hass und sein Arger verraucht gewesen, so die Richter weiter. Vor dem Haus der Familie habe er sich neben seine schwer verletzte Ex-Frau auf eine Mauer gesetzt und zu ihr gesagt: „Jetzt stirbst Du. Und bist selbst schuld.“Dann habe er die geladene Pistole neben die 60-Jährige gelegt und gesagt: „Jetzt kannst Du mich erschießen.“Aber das habe die vierfache Mutter und sechsfache Großmutter als gläubige Christin nicht getan. Sie lehnte ab und wurde kurze Zeit später wegen ihrer schweren Verletzung­en bewusstlos. Der Mann wartete vor dem Haus. Dort ließ er sich von der Polizei ohne Widerstand festnehmen. In der anschließe­nden Untersuchu­ngshaft habe er nach eigener Aussage zum ersten Mal seit langer Zeit eine Nacht ruhig durchgesch­lafen. Auch vor Gericht wirkte der Angeklagte die ganze Zeit über ruhig und gefasst. So wie jemand, der mit sich selbst im Reinen ist.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

„Jetzt stirbst Du. Und

bist selbst schuld.“

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FOTO: HARALD TITTEL/DPA Beamte der Spurensich­erung stehen in Fechingen vor dem Haus, in dem der Angeklagte zwei Menschen erschossen und zwei verletzt hatte.

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