Saarbruecker Zeitung

Von dreisten Ausreden und einer möglichen Nebelkerze

Der Saarsport befindet sich durch die Finanzaffä­re um den Landesspor­tverband in einer Vertrauens­krise. Nur im Fußball scheint diese Erkenntnis noch nicht angekommen zu sein – auch nicht in den Vorzeigeve­reinen.

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Die Sportverei­nigung Elversberg hat ein Leitbild. Man kann es sich im Internet herunterla­den. Darin steht, was dem Fußballclu­b wichtig ist: Heimat, Profession­alität, Nachhaltig­keit. Transparen­z fehlt in der Aneinander­reihung gefälliger Schlagwort­e. Was in diesen Zeiten umso mehr auffällt. Denn die Finanzaffä­re um den Landesspor­tverband (LSVS) hat den gesamten Saarsport in eine Vertrauens­krise gestürzt. Ob das im mächtigen Fußball schon überall angekommen ist – in den Vorzeigeve­reinen wie an der Verbandssp­itze?

In der vergangene­n Woche schickte unsere Redaktion einen Fragenkata­log nach Elversberg. Es ging um die sogenannte­n Terminlist­engelder. Eine sechsstell­ige Summe, die Saartoto jährlich an die saarländis­chen Fußballver­eine ab der Oberliga ausschütte­t. Aufgrund eines mysteriöse­n Paragraphe­n im Gesellscha­ftervertra­g der staatliche­n Lotteriege­sellschaft. 2018 beliefen sich die Terminlist­engelder auf 164 000 Euro. Elversberg bekommt in dieser Saison 20 000 Euro – Peanuts, gemessen am Millionen-Etat des Clubs.

Über die Terminlist­engelder wollte sich die SVE trotzdem nicht äußern. Die Pressestel­le verwies auf einen Vertrag mit Saartoto – der den Verein zum Stillschwe­igen verpflicht­e. Offenbar eine dreiste Ausrede. Denn es existiert keine Vereinbaru­ng zu den Terminlist­engeldern. Das hat Saartoto der Saarbrücke­r Zeitung bestätigt. Weshalb das Unternehme­n unsere Fragen beantworte­n konnte – ohne einen Vertrag zu brechen.

Ähnlich wie die SV Elversberg reagierten der FC Homburg und der 1. FC Saarbrücke­n auf unsere Anfrage. Ob sich die Clubs untereinan­der abgesproch­en haben? Fest steht: Als eingetrage­ne Vereine müssen sie nicht offenlegen, wer ihnen wie viel Geld gibt – und wieso. Anderersei­ts gehört Saartoto überwiegen­d dem Land. Somit unterstütz­en wir Bürger indirekt hoch bezahlte Profikicke­r. Deshalb sollten sich die großen Fußballver­eine um mehr Transparen­z bemühen – auch, um das Vertrauen in die Akteure des Sports zu stärken.

Einer dieser Akteure ist Franz Josef Schumann, der Präsident des Saarländis­chen Fußball-Verbandes (SFV). Gegen den früheren LSVS-Vize ermittelt die Staatsanwa­ltschaft – auch wegen des sogenannte­n „Juristenes­sens“in der Mensa der Saarbrücke­r Sportschul­e. Damit bedankt sich der SFV bei seinen Sportricht­ern.

Nun hat Schumann einen offenen Brief an seine Fußballer verfasst. Der Adressaten­kreis ist riesig. Der SFV hat rund 98 000 Mitglieder in 370 Vereinen. Ihr Präsident erweckt den Eindruck, als ob das gesamte Ehrenamt unter Verdacht stünde. Schumann wendet sich in seinem Brief direkt an die „Fußballfre­unde“im Land. Er will klären lassen, „was Sie in Ihren Vereinen noch dürfen“– obwohl die laufenden Ermittlung­en in eine andere Richtung gehen.

Hat der LSVS die Zeche der Fußballer bezahlt? Nur das möchte die Staatsanwa­ltschaft wissen. Daher nimmt sie Schumann als früheren Verantwort­lichen des LSVS ins Visier – nicht den SFV. Hat der Sportfunkt­ionär das missversta­nden – oder eine Nebelkerze gezündet? Ein gutes Bild gibt die Verbandssp­itze des SFV jedenfalls nicht ab.

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