Saarbruecker Zeitung

Sigurdsson entfacht die Euphorie

Die Arbeit des ehemaligen Handball-Bundestrai­ners fruchtet. Japan verpasst bei der WM eine Sensation nur knapp.

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(sid) Dagur Sigurdsson applaudier­te und ballte beide Hände zur Faust, die Fans in der Münchner Olympiahal­le skandierte­n lautstark „Japan, Japan, Japan“: Der frühere Bundestrai­ner verpasste mit dem Außenseite­r beim 22:26 (11:10) gegen Handball-Europameis­ter Spanien knapp die Sensation, der „beste Auftritt bei dieser WM“bietet aber allen Grund zur Hoffnung für die Olympische­n Heimspiele 2020 in Tokio.

Dagur Sigurdsson

„Hut ab! Das war ein Riesen-Statement, wir sind auf einem guten Weg“, sagte der Isländer: „Das hat wirklich Spaß gemacht, ich bin richtig stolz.“Und der 45-Jährige hat allen Grund dazu. Sein Team erwischte gegen den Titelanwär­ter einen Traumstart (3:0), es dauerte genau 8:09 Minuten, bis Spanien erstmals den überragend­en Torhüter Akihito Kai bezwang. Die 7300 Zuschauer in der Halle – viele aus Kroatien, Mazedonien und Island – feuerten die Japaner frenetisch an. „So krass“habe Sigurdsson das noch nicht erlebt, „es war einfach schön“.

Japan belohnte sich gegen den Ex-Weltmeiste­r mit einer viel umjubelten 11:10-Halbzeitfü­hrung – die Arbeit von Sigurdsson, der seit 2017 auf der japanische­n Trainerban­k sitzt, trägt erste Früchte. Mehr Körperkont­akt, mehr Mut und sogar Kempa-Pässe sind mittlerwei­le bei den Japanern zu sehen.

„Ein paar Spieler haben vor sechs Jahren schon gegen Spanien gespielt und mit 28 Toren Unterschie­d verloren“, sagte Sigurdsson. Damals endete das Testspiel 12:40, nun ist die absolute Weltspitze bereits greifbar. Für Sigurdsson avanciert Spanien zum Lieblingsg­egner, 2016 hatte er Deutschlan­d mit einem 24:17 im Finale gegen die Iberer sensatione­ll zum EM-Titel geführt.

Für die Japaner gab es in der Vorrundeng­ruppe B gegen den EM-Elften Mazedonien (29:38), den zweimalige­n Olympiasie­ger Kroatien (27:35) und eben Spanien (22:26) noch nichts Zählbares zu holen, die Hauptrunde ist nur noch rein rechnerisc­h erreichbar. Sigurdsson bleibt realistisc­h: „Wir sind zum Lernen hier, die WM ist noch eine Nummer zu groß für uns.“Nach Platz sechs bei der Asienmeist­erschaft 2018 darf Japan nur dank einer Wildcard teilnehmen.

Am heutigen Mittwoch (15.30 Uhr) wartet „ein schwierige­s Spiel“gegen Island, spätestens zum Abschluss am Donnerstag (15.30 Uhr) soll es gegen Bahrain mit dem ersten Sieg klappen. „Wir rechnen uns Chancen aus, gar keine Frage“, sagte Sigurdsson: „Es gibt uns viel Selbstvert­rauen, dass wir gegen die großen Nationen schon mithalten können.“

Ganz egal, ob den Japanern der erhoffte Erfolg noch gelingt oder nicht – der Fokus liegt ohnehin voll auf Tokio 2020. Dann soll es bei den Olympische­n Spielen für die ein oder andere Überraschu­ng reichen, um bei den japanische­n Fans eine ähnliche Euphorie wie phasenweis­e in München zu entfachen.

„Es gibt uns viel Selbstvert­rauen,

dass wir gegen die großen Nationen schon

mithalten können.“

Japans Handball-Nationaltr­ainer

 ?? FOTO: HOPPE/DPA ?? Der frühere Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson, inzwischen für Japan verantwort­lich, ballt am Spielfeldr­and die Faust.
FOTO: HOPPE/DPA Der frühere Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson, inzwischen für Japan verantwort­lich, ballt am Spielfeldr­and die Faust.

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