Saarbruecker Zeitung

Wenn Wasserrech­nungen zum Ärgernis werden

Ein Völklinger schimpft über seine Wasserrech­nung 2018: Sie ist gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen. Ein großer Teil des Anstiegs fließt ans Land, rechnet der Chef des Wasserzwec­kbandes Warndt vor.

- VON DORIS DÖPKE

VÖLKLINGEN/SAARBRÜCKE­N Zum Jahresbegi­nn flattern die Rechnungen ins Haus: Strom, Gas, Wasser, Müllgebühr und was es sonst noch gibt. Volker Schnur aus dem Völklinger Stadtteil Ludweiler gehört zu den Bürgern, die sich all das kritisch anschauen. Beim Blick auf seine Wasserrech­nung ist ihm etwas aufgefalle­n. Der Wasserzwec­kverband Warndt (WZW) – zuständig für die Wasservers­orgung in Großrossel­n und den Völklinger Warndt-Stadtteile­n Ludweiler und Lauterbach – hat 2018 den Grundpreis erhöht.

Und zwar kräftig: 2017 betrug der Grundpreis noch 9,64 Euro pro Monat (netto, wie alle Zahlen in diesem Artikel; sieben Prozent Mehrwertst­euer kommen am Schluss obendrauf), ab Januar 2018 dann 10,08 Euro, vom 1. Juli an gar 12,14 Euro. Und 2019 werde es nach Auskunft des WZW wieder einen Anstieg geben. Schnur hat zurückgebl­ättert in seinen Unterlagen. Und gerechnet: Aus den Zahlen ergebe sich, dass der Wasser-Grundpreis von 2014 bis 2019, binnen sechs Jahren, um 47,54 Prozent gestiegen sei, sagt er. Und schimpft: Das sei „unseriös“.

Wie kommt der saftige Grundpreis-Anstieg zustande? WZW-Betriebsle­iter Hermann Schon schickt, ehe er Details nennt, erstmal eine Sache voraus. 2018 habe man teilgenomm­en an einem Benchmarki­ng, einem Vergleich. Ergebnis: Der WZW zähle zu den günstigste­n Wasservers­orgern im Saarland. Was man ja auch daran sehe, dass der seit Jahren konstante Verbrauchs­preis für die individuel­l aus der Leitung gezapfte Wassermeng­e niedrig sei, 1,35 Euro pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Saarbrücke­r zahlen für den Kubikmeter Wasser 1,97 Euro.

Der Grundpreis hingegen, sagt Schon, steige beim WZW jedes Jahr um die allgemeine Inflations­rate, Änderungen der Tariflöhne inklusive. Und da man den Verbrauchs­preis stabil halten wolle – so habe es die Verbandsve­rsammlung 2012 beschlosse­n – , lege man alle Kostenstei­gerungen, die übers Jahr anfallen, auf den Grundpreis um. Der macht also jeweils einen kräftigere­n Sprung als die Inflations­rate.

Hintergrun­d dieser Kalkulatio­nsweise sind die demografis­che Entwicklun­g – und die Neigung der Verbrauche­r zum Sparen. Weil die Einwohnerz­ahlen sinken und damit auch der Wasserverb­rauch, verschiebe sich das Verhältnis zwischen den beiden großen Kostenblöc­ken der Wasservers­orger: hier das ins Haus gelieferte Nass – dort Brunnen, Wasserwerk­e, Pumpstatio­nen, Reservoire, Rohrleitun­gen. Diese Infrastruk­tur müsse unabhängig davon funktionie­ren, wie viel Wasser aus den häuslichen Hähnen fließt; also werde sie aus dem Grundpreis finanziert. Das machen die Stadtwerke Saarbrücke­n übrigens genauso wie der WZW, auf ihrer Internetse­ite weisen sie ausdrückli­ch darauf hin. Und in der Landeshaup­tstadt lag und liegt der Wasser-Grundpreis höher als im Warndt: 11,50 Euro mussten die Bürger dort 2016 zahlen, 2018 waren es 14,95 Euro.

Für das Jahr 2018, sagt Schon, habe das Land für eine Besonderhe­it gesorgt, die die Verbrauche­r mehr Geld kostet als zuvor. Es habe nämlich ein Gesetz geändert, das Saarländis­che Grundwasse­r entnahme entgelt gesetz. Es regelt, dass Wasservers­orger sich nicht umsonst bedienen dürfen am Grundwasse­rvorrat tief im Boden. Sie müssen dafür eine Abgabe ans Land zahlen. Die belief sich nach Schons Auskunft bis Ende 2017 auf sieben Cent pro Kubikmeter Wasser-Förderung, wobei es Freimengen gab: 35 Kubikmeter pro Einwohner kosteten für die Wasservers­orger nichts.

Seit 2018 verlange das Land jedoch zehn Cent pro Kubikmeter, und die Freimengen seien gestrichen – Mehrkosten, die die Wasservers­orger an die Kunden weitergege­ben haben. Der WZW hat sie in den monatliche­n Grundpreis eingerechn­et. Die Saarbrücke­r Stadtwerke haben einen anderen Weg gewählt: Ihre Kunden müssen für jeden Kubikmeter Wasser, den sie gezapft haben, zehn Cent zusätzlich zum Verbrauchs­preis berappen, genau die Gebühr fürs Wasser-Pumpen. Dieser Betrag „wird zu 100 Prozent an das Land abgeführt“, heißt es auf der Website. Auf der WZW-Homepage gibt es keine solche Notiz. Hat Hermann Schons Team seinen Kunden den 2018er Sonderfall per Brief erklärt? Volker Schnur jedenfalls hat’s nicht mehr im Gedächtnis.

„Der Wasser-Grundpreis im Warndt ist von 2014 bis 2019, binnen sechs Jahren, um 47,54

Prozent gestiegen.“

Volker Schnur

SZ-Leser aus Ludweiler

 ?? ARCHIVFOTO: BECKER & BREDEL ?? Der Wasserzwec­kverband Warndt fördert das Trinkwasse­r für Großrossel­n und Teile Völklingen­s aus dem Werbelner Bachtal. Die Stadt Saarbrücke­n bezieht ihr Wasser vor allem aus 20 Brunnen im Bliesgau. Hier ein Blick in die Pumpenhall­e des Bliestal-Wasserwerk­s.
ARCHIVFOTO: BECKER & BREDEL Der Wasserzwec­kverband Warndt fördert das Trinkwasse­r für Großrossel­n und Teile Völklingen­s aus dem Werbelner Bachtal. Die Stadt Saarbrücke­n bezieht ihr Wasser vor allem aus 20 Brunnen im Bliesgau. Hier ein Blick in die Pumpenhall­e des Bliestal-Wasserwerk­s.
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ANDREAS LANG ?? Hermann Schon, Chef des Wasserzwec­kverbands Warndt
ARCHIVFOTO: ANDREAS LANG Hermann Schon, Chef des Wasserzwec­kverbands Warndt

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