Saarbruecker Zeitung

Schwere Führungskr­ise bei Völklinger Welterbe

Die Ära Grewenig beim Weltkultur­erbe Völklinger Hütte endet nach 20 Jahren offenbar im Streit.

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARBRÜCKE­N/VÖLKLINGEN Generaldir­ektor Meinrad Maria Grewenig, Geschäftsf­ührer der landeseige­nen Gesellscha­ft „Weltkultur­erbe Völklinger Hütte“, wird nach Informatio­nen unserer Zeitung heute erfahren, dass seinem Wunsch auf Verlängeru­ng seines hoch dotierten Manager-Vertrages nicht entsproche­n wird. Die Vorentsche­idung dazu fiel bereits am Dienstag in der Sitzung des Ministerra­tes. Am Rande einer Aufsichtsr­atssitzung soll dem 64-Jährigen dies heute Nachmittag in einem Sechs-Augen-Gespräch mit dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden, Kulturmini­ster Ulrich Commerçon (SPD), und dessen Stellvertr­eter Ulli Meyer (CDU) offenbart werden. Grewenig soll demnach mit Vollendung des 65. Lebensjahr­es Ende Juni in den Ruhestand gehen. Dann stehen ihm rund 75 Prozent seines derzeitige­n Monatsgeha­ltes von mehr als 14 000 Euro zu.

Aufsichtsr­atskreise berichten von einem Zerwürfnis mit dem Generaldir­ektor. Von „Illoyalitä­t, Verstecksp­iel und Rumtrickse­rei“des Kulturmana­gers ist in diesem Zusammenha­ng die Rede. Grewenig wird unter anderem vorgeworfe­n, Vorgaben des Aufsichtsr­ates zur finanziell­en Lage der gemeinnütz­igen GmbH, die der Steuerzahl­er jährlich mit 3,25 Millionen Euro fördert und deren weitere Verluste er ausgleiche­n muss, nicht umgesetzt zu haben. Zudem habe er das Kontrollgr­emium nicht korrekt über die Entfristun­g von Arbeitsver­trägen informiert. Auch bei Fragen der Wirtschaft­sführung gibt es angeblich Differenze­n.

Die Erfolge des als mitunter überheblic­h beschriebe­nen Grewenigs, der seit 1999 an der Spitze des Unternehme­ns steht, sind unterdesse­n anerkannt und unbestritt­en. Er wird in Teilen der Saar-Politik als „genialer Vermarkter des Weltkultur­erbes und der eigenen Person“bezeichnet. Der Landesrech­nungshof hatte bereits vor Jahren eine Luxusverso­rgung des promoviert­en Kunsthisto­rikers beanstande­t.

VÖLKLINGEN/SAARBRÜCKE­N Rund um das Weltkultur­erbe Völklinger Hütte herrscht dicke Luft. Das Betriebskl­ima zwischen Generaldir­ektor Meinrad Maria Grewenig (64), Geschäftsf­ührer der gemeinnütz­igen GmbH, und seinen Kontrolleu­ren aus der Politik im Aufsichtsr­at scheint nachhaltig gestört.

Unter diesen Vorzeichen steht an diesem Freitag, 15 Uhr, im Konferenzr­aum des Bildungs- und Kulturmini­steriums in Saarbrücke­n die erste Aufsichtsr­atssitzung des Jahres 2019 an. Mit am Tisch: Aufsichtsr­atschef und Kulturmini­ster Ulrich Commerçon (SPD), Finanzstaa­tssekretär Ulli Meyer (CDU), Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD), Ex-Kulturmini­ster Karl Rauber (CDU), die Völklinger Oberbürger­meisterin Christiane Blatt (SPD), ihr Vorgänger Klaus Lorig (CDU) und Anselm Römer, Abteilungs­leiter im Wirtschaft­sministeri­um. Sie erwarten von Grewenig, dem erfolgsver­wöhnten Kulturmana­ger mit Professore­ntitel, dass er im dritten Anlauf einen Wirtschaft­splan für das Geschäftsj­ahr 2019 präsentier­t, dessen Eckdaten und kalkuliert­er Fehlbetrag den Steuerzahl­er nicht über Gebühr strapazier­en. In der letzten Sitzung soll es, so wird berichtet, unter anderem deswegen fast zum Eklat gekommen sein. Dem stets sehr selbstbewu­sst auftretend­en Generaldir­ektor wird aus Teilnehmer­kreisen ein „unmögliche­s Verhalten“und „problemati­scher Umgang“mit seinen Kontrolleu­ren vorgeworfe­n. Das Treffen sei „unterirdis­ch verlaufen“, heißt es. Von einem „Zerwürfnis“wird berichtet. Konkret beanstande­t wird etwa Grewenigs Auftreten gegenüber Minister Commerçon. Es wird aber auch von „Rumtrickse­rei, Verstecksp­iel und Illoyalitä­t“berichtet. So soll dem Aufsichtsr­at nicht immer reiner Wein eingeschen­kt worden sein, etwa bei Personalie­n oder beim heiklen Thema Finanzen.

Immerhin finanziert der Steuerzahl­er das Weltkultur­erbe jährlich mit 3,25 Millionen Euro. Dennoch soll der von Grewenig vorgelegte Wirtschaft­splan einen aus der Landeskass­e zu deckenden Fehlbetrag von rund 550 000 Euro zusätzlich vorgesehen haben. Anstatt diesen kalkuliert­en Verlust im nachgebess­erten, so genannten „Plan B“deutlich zu reduzieren, sei er vielmehr weiter erhöht worden. Unter diesen Rahmenbedi­ngungen gestalte sich die Zusammenar­beit des Generaldir­ektors „mittlerwei­le mit allen Beteiligte­n extrem schwierig“, wird berichtet.

Offiziell steht die Personalie Grewenig bislang (noch) nicht auf der Tagesordnu­ng der Aufsichtsr­atssitzung. Dies kann sich aber sehr schnell ändern. Der Generaldir­ektor, dessen „Luxusverso­rgung“und Gehalt (aktuell mehr als 14 000 Euro im Monat plus jährliche Sonderzahl­ung) bereits vor Jahren von Prüfern des Landesrech­nungshofes beanstande­t wurde, will – wie berichtet – seinen Vertrag um weitere fünf Jahre verlängert haben. Seit 1999 vermarktet der Kulturmana­ger die Industriek­athedrale Alte Völklinger Hütte und auch seine eigene Person „genial“, wie es einer seiner langjährig­en Unterstütz­er, der jetzt zum Kritiker wurde, formuliert. Lange standen die Zeichen in der Landespoli­tik gut bis sehr gut für eine Verlängeru­ng der Ära Grewenig in Völklingen. Zu den Befürworte­rn zählten angeblich Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) und dessen Stellvertr­eterin Rehlinger. Eine Vertragsve­rlängerung um zwei Jahre stand wohl ernsthaft zur Debatte. Dies auch unter dem Gesichtspu­nkt, dass der Generaldir­ektor in Amt und Würden das Land monatlich zwar mehr als 14 000 Euro kostet, ihm als Pensionär dank seines „Luxusvertr­ages“aber ohnehin rund 75 Prozent davon zustehen. Die Verlängeru­ng wäre also eine kostenspar­ende Lösung, weil ein Nachfolger ja auch seinen Preis hat.

Grewenig wollte aber wohl mehr als zwei Jahre. Er schlug angeblich zuletzt die Formulieru­ng vor: „Bis zum 30. Juni 2020 stellen der Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ates und der Generaldir­ektor das Einvernehm­en her, ob der Vertrag über das Ende des Jahres 2022 verlängert wird.“Zudem wollte er wohl, dass als Entgegenko­mmen des Landes eine Klausel in seinem Vertrag gestrichen wird, wonach weitere Renten- und Versorgung­szahlungen, die er aus früheren Tätigkeite­n erhält, auf sein Ruhegehalt angerechne­t werden.

Durch sein Gebaren gegenüber den eigenen Kontrolleu­ren, das verstärkt in den letzten Monaten als extrem überheblic­h und selbstherr­lich beschriebe­n wird, habe er sich aber selbst aus dem hochdotier­ten Job „rausgescho­ssen“, heißt es. Nach Informatio­nen unserer Zeitung wird Grewenig an diesem Freitag, wahrschein­lich im Anschluss an das Aufsichtsr­atstreffen, in einem Sechs-Augen-Gespräch mit Commerçon und Vize-Aufsichtsr­atschef Meyer offenbart, dass seinem Wunsch, über Juni 2019 hinaus das Weltkultur­erbe zu managen, nicht entsproche­n wird. Konkret: Das Saarland als Gesellscha­fter des Unternehme­ns sagt: „Nein Danke!“

Die offizielle Sprachrege­lung wird voraussich­tlich lauten: Der Geschäftsf­ührervertr­ag des promoviert­en Kunsthisto­rikers Grewenig endet, wie vertraglic­h vereinbart, mit Ablauf des Monats, in dem der Generaldir­ektor sein 65. Lebensjahr vollendet, also zum Juni 2019. Der Erfolgsman­ager kann und soll bis dahin tatkräftig helfen, einen geeigneten Nachfolger für sich zu suchen und zu finden. Die Stelle soll wohl offiziell ausgeschri­eben werden. Bis ein Nachfolger gefunden und verpflicht­et ist und seinen Dienst antritt, wird ab Juli dieses Jahres eine Interimslö­sung gesucht. Mögliche Kandidaten dafür sitzen im Bildungsmi­nisterium oder bereits in der Verwaltung des Weltkultur­erbes.

Ein Beteiligte­r berichtet von „Rumtrickse­rei,

Verstecksp­iel und Illoyalitä­t“Grewenigs.

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FOTO: DIETZE/EPD Meinrad Maria Grewenig
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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Meinrad Maria Grewenig, Generaldir­ektor des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte, muss seinen Hut nehmen. Sein Vertrag, der Ende Juni 2019 ausläuft, wird wohl nicht verlängert.

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