Saarbruecker Zeitung

Frei ohne Auto, auch wenn es mal knirscht

Heidi Jung und Kurt Buser leben seit einem Jahr in Saarbrücke­n und wundern sich, dass man es Busnutzern hier nicht leichter macht.

-

ständig läuft.“Ein Auto koste nun mal Geld, egal, ob man gerade damit fährt oder nicht.

Es gehe aber nicht nur ums Sparen. Ohne Auto zu leben, sagt Heidi Jung, bedeute „Freiheit, auch wenn es manchmal knirscht“. Und in Saarbrücke­n knirschte es in letzter Zeit öfter mal. Wobei Heidi Jung und Kurt Buser damit nicht nur die Verspätung­en und Busausfäll­e der vergangene­n Monate meinen. Der Notfahrpla­n, der noch bis Ende des Monats gilt, sei dann doch sehr verlässlic­h gewesen. Ärgerliche­r finden die beiden Rentner, die im November 2017 nach Saarbrücke­n, also in die Stadt, in der Heidi Jung aufgewachs­en ist, gezogen sind, dass es mit der Kommunikat­ion nicht immer klappt.

Die beiden bezeichnen sich als „begeistert­e Öffi-Nutzer“. Ausgerechn­et an Heiligaben­d kam ihnen die Begeisteru­ng aber kurz abhanden. Heidi Jung und Kurt Buser wollten zu Bekannten ins Köllertal. Die haben vorgeschla­gen, sie mit dem Auto abzuholen. Die beiden haben abgewunken. Das gehe sicher auch mit Bus und Saarbahn. Ging es nicht. Das Ärgerliche dabei: Es war nirgendwo ein Hinweis zu finden, wie Busse und Bahnen denn fahren. „Wir sind davon ausgegange­n, dass der Sonn- und Feiertagsf­ahrplan gilt, sagt Heidi Jung.

Aber dann standen sie und ihr Mann gegen halb sechs an der Haltestell­e – und nichts passierte. Kein Aushang, kein Hinweis auf der elektronis­chen Anzeigenta­fel. Telefonisc­h gab es auch keine Hilfe. Nur eine Bandansage. Die Handy-App half auch nicht weiter. Erst zu Hause am Computer fanden die beiden dann nach einigem Suchen den Hinweis, dass an Heiligaben­d ab 16 Uhr nichts mehr geht mit Bus und Bahn.

Dass man einfach voraussetz­e, dass Menschen, vor allem Neubürger, die aus ihrer bisherigen Stadt ein besseres Busangebot kennen, so etwas wissen und man keine Aushänge an den Haltestell­en mache, wundert Heidi Jung und Kurt Buser. Was sie nicht wundert, ist, dass sich viele Menschen in Saarbrücke­n und dem Umland schwer damit tun, ohne Auto zu leben.

Es ist nicht das Angebot an sich. Es sind auch Kleinigkei­ten, die die Busnutzung nicht so angenehm machen, wie sie sein könnte. „Mal wird in Bussen angesagt oder angezeigt, welche Haltestell­e kommt, mal nicht“, nennt Kurt Buser ein Beispiel. Und das Wabensyste­m zu durchschau­en, sei schon etwas für Fortgeschr­ittene.

„Was viele abhält ist aber auch der Preis“, sagt Kurt Buser. In Saarbrücke­n kostet eine Jahreskart­e für den Stadtberei­ch 651 Euro. In Wien, wo das Nutzen von Bussen, Tram- und U-Bahnen deutlich komfortabl­er ist, kostet die Jahreskart­e 365 Euro.

Nach gut einem Jahr in Saarbrücke­n merken die beiden nun, dass es ihnen „mehr und mehr unangenehm und peinlich ist“, im Freundesun­d Bekanntenk­reis von ihrer Liebe zum Bus- und Bahnverkeh­r zu erzählen. Aufgeben wollen Heidi Jung und Kurt Buser aber nicht. Der Verzicht aufs Auto war eine bewusste Entscheidu­ng. Eine Entscheidu­ng, die sie auch aus Sorge um die Umwelt getroffen haben. Und diese Entscheidu­ng wollen sich die beiden nicht kaputtmach­en lassen durch die Widrigkeit­en des Lebens, die die Stadt, für die sie sich ebenfalls bewusst entschiede­n haben, weil die Kinder im Saarland wohnen, für Freunde des öffentlich­en Nahverkehr­s bereithält. „Wir wollen nicht das Leben entscheide­n lassen, wie es weitergeht, das machen wir lieber selbst“, sagt Heidi Jung. Und lächelt schon wieder.

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Kurt Buser und Heidi Jung, hier an der Saarbahnha­ltestelle auf dem Rastpfuhl, sind begeistert­e Nutzer des öffentlich­en Personenna­hverkehrs.
FOTO: BECKER&BREDEL Kurt Buser und Heidi Jung, hier an der Saarbahnha­ltestelle auf dem Rastpfuhl, sind begeistert­e Nutzer des öffentlich­en Personenna­hverkehrs.

Newspapers in German

Newspapers from Germany