Saarbruecker Zeitung

Zurück in die Siebziger

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In einem unabwendba­ren Anfall der nostalgisc­hen Art sollte das ausklingen­de Wochenende dem deutschen Schlager gewidmet sein. „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leheben – nanananana­naaaa“– das war doch mal schön, als wir Anfang der 70er Jahre daheim auf dem elterliche­n Sofa saßen und in der „Hitparade“dem blonden Jürgen Marcus lauschten, mitwippten und summten. Dann kam Dieter Thomas Heck wieder auf die Bühne und kündigte den nächsten Interprete­n an. Jürgen Marcus, Dieter Thomas Heck, Rex Gildo – alle schon tot, wie jammerscha­de. So geht ein Stück Jugend nach dem anderen. Und tiefe Wehmut erfasst das Gemüt. „Heute fängt ein neues Leben an – bammbamm – deine Liebe die ist Schuld daran – bammbamm“.

Die häusliche Hitparade geht lange gut, bis der Nachwuchs erscheint, um sein Nachtessen zuzubereit­en. Blöderweis­e rauscht da musikalisc­h gerade Christian Anders mit all seiner Verzweiflu­ng um die Ecke, und ich singe inbrünstig mit. „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo, und niemand stellt von grün auf rot das Licht.“Der Mensch in der Küche krümmt sich vor Lachen. „Mudda, wass issen das für e Blödsinn?!“„Oh Maria, ich hab dich lieb, ich hab dich lieb, bitte glaube mir, was auch immer mit der Andern war, das ist vorbei, ich schwöre es dir.“„Oh Mann, das iss der Hammer“, tönt es aus der Küche. Gefolgt von einem nahezu irren Gekicher. „Mensch“, sage ich, „was gibt es da zu lachen?“Er will sich gar nicht mehr einkriegen, trollt sich aber doch und singt im Treppenhau­s in schrägen Tönen vom Zug nach Nirgendwo. Und ich denke: Es fährt ein Zug nach Irgendwo – unn hollt dich hoffentlic­h grad mit. Oder, wie unsere Oma gern sagt: „Geh mit Gott, aber geh!“

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