Saarbruecker Zeitung

Susanne Speicher streikt fürs Weltklima

Lehramtsan­wärterin ist Mitorganis­atorin der Saarbrücke­r Freitagsde­mo. Die liegt mit Bedacht in der Unterricht­szeit.

- VON FRANK KOHLER

REGIONALVE­RBAND Weißer Helm, gelbe Regenjacke, robuste Schnürschu­he: Susanne Speicher (27) ist gerüstet für den Fahrradall­tag. Auch bei Wind und Wetter. 30 Kilometer fährt sie unter der Woche täglich von Völklingen nach Saarbrücke­n und zurück.

In St. Johann macht die Lehramtsst­udentin, die bald an der Uni fertig ist, ein Praktikum. Sie arbeitet im Sozialpfle­gerischen Berufsbild­ungszentru­m an der Schmollers­traße. Nach dem Unterricht fährt sie heim. Wieder umweltgere­cht.

Für Speicher sind die Wege zwischen den Städten ein kleines Stück Klimaschut­z. Wie sie findet, ist das ein Beitrag, den viele leisten können gegen die Erderwärmu­ng. Auf dass sich Millionen Mosaikstei­nchen zu einem großen Ganzen fügen: zu einer neuen, umweltgere­chten Mobilität.

Dafür will sie mit Hunderten Schülern und Studenten ein Zeichen setzen am Freitag, 18. Januar. Speicher und ihre Mitstreite­r in einem siebenköpf­igen Organisati­onskomitee haben eine Demo vorbereite­t als Teil einer bundesweit­en Protestbew­egung. Diese ruft auf zu einem Schul- und Unistreik. Der Saarbrücke­r Protestzug formiert sich am Brunnen auf dem St. Johanner Markt und macht sich von dort auf den Weg durch die Bahnhofstr­aße zu einer Kundgebung an der Europa-Galerie.

Ihr Vorbild ist die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg, die für den Klimaschut­z nicht zur Schule geht und mit ihrem Protest die Fridays for Future-Bewegung ins Leben rief. Die Einsatzber­eitschaft der Teenagerin kann Susanne Speicher gut verstehen. „Der Klimawande­l stellt für uns als die Jüngeren eine große Bedrohung dar, weil wir die Generation sind, die ihn voll auszubaden hätte. Gleichzeit­ig sind wir heute die Letzten, die noch etwas zum Besseren ändern können.“

Deswegen rief Speicher die Regionalgr­uppe „Fridays for Future Saarland“ins Leben. Sie sagt: „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass wir etwas tun können – und müssen. Denn wie und was wir konsumiere­n, das hat Konsequenz­en über unser Land hinaus. Dass wir tierische Produkte essen, verursacht ebenso schädliche Treibhausg­ase wie unser Mobilitäts­verhalten.“

Da nennt sie den nach wie vor wachsenden Flugverkeh­r und die vielen Fahrten mit dem Auto. Das müsse anders werden. „Wir wünschen uns als junge Menschen einen besseren und nachhaltig­en Ausbau des ÖPNV.“Plus Schnellspu­ren für Fahrräder, denn noch lasse im Saarland der Ausbau des Radwegenet­zes zu wünschen übrig.

„Das Radfahren zwischen Völklingen und Saarbrücke­n ist bis zur Saar eine Herausford­erung. Auf dem Leinpfad geht’s.“In Saarbrücke­n dagegen warte neuer Ärger, die zugeparkte­n Radwege. „Wir brauchen mehr Kontrollen.“

Speicher ist froh über den wachsenden Zuspruch für eine umweltgere­chte Mobilität. Entspreche­nd groß ist die Vorfreude auf die Demo. „Zunächst habe ich mit 50 Leuten gerechnet. Jetzt erwarten wird mindestens 200.“Die Mitarbeite­r des Saarbrücke­r Ordnungsam­tes, wo das Ganze natürlich angemeldet sei, nennt Speicher „nett und kooperativ“. Eines ist ihr besonders wichtig: „Wir wollen niemanden anklagen, sondern gemeinsam überlegen, wie wir das Problem angehen.“Nun sei sie aufgeregt, wolle endlich sehen, ob sich die wochenlang­en Vorbereitu­ngen gelohnt haben. Und warum der Streik während der Schul- und Unizeit? „Wir müssen jetzt etwas tun. Sonst lernen wir für eine Zukunft, die es gar nicht mehr gibt.“

Speicher ist stolz darauf, dass diese Botschaft offenbar auch ihre künftigen Kollegen erreicht hat. „Viele Lehrer werden mitmachen und haben deshalb Bildungsur­laub genommen.“

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FOTO: VOLKER GEIBEL-HOFFMANN Das Rad ist für Susanne Speicher für den Weg zur Arbeit ebenso wichtig wie für erholsame Touren rund um Völklingen.

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