Saarbruecker Zeitung

Vonn fährt auf Sieg – „egal was passiert“

Der Skistar aus den USA kehrt am heutigen Freitag in Cortina d’Ampezzo für sein letztes großes Karriere-Ziel in den Weltcup zurück.

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„Schade, dass ich nicht noch einige Jahre fahren kann“, sagt sie: „Es fehlt nicht an Motivation, Hingabe oder Willen, es fehlt an Knorpel.“Lucy hechelt, schaut kurz zu Frauchen, dann wieder in den Saal. „Mein Körper sagt mir: Es ist genug“, fährt Vonn fort: „Er kann nicht mehr das tun, was ich liebe. Wenn ich eines Tages mit meinen Kindern ohne Schmerzen Skifahren will, muss ich aufhören. Es gibt ja auch noch ein Leben nach dem Sport.“

Noch aber, betont die 34 Jahre alte US-Amerikaner­in, noch sei sie „nicht fertig“. Nach ihrer abermalige­n Knieverlet­zung im vergangene­n November mag sie zwar erst acht Skitage in den Beinen haben, doch sie sei in die Dolomiten gekommen, „um zu gewinnen“. In der Vergangenh­eit sei sie bei Comebacks mitunter kalkuliert gefahren, habe das letzte Risiko gemieden – das sei jetzt anders: „Ich fahre nur auf Sieg. Mir ist egal, was passiert.“

Schließlic­h jagt Vonn noch immer ihrem letzten großen Ziel nach, Ingemar Stenmark an Weltcup-Siegen zu übertreffe­n. 86 Rennen hat der legendäre Schwede gewonnen, Vonn 82. „Es ist mein Hauptziel, diesen Rekord zu knacken“, sagt sie. Olympiasie­g in der Abfahrt 2010, zwei WM-Titel, sieben weitere Medaillen, 20 Kristallku­geln, vier davon für den Gesamtwelt­cup – auch ohne eine neue Bestmarke „ist meine Karriere unglaublic­h und mehr, als ich mir je erträumt hatte“, betont Vonn. Und doch: „Ich hoffe, dass ich es schaffen kann, Stenmark einzuholen oder zu überholen. Es ist mein Traum. Es ist das, wofür ich alles zu geben bereit bin.“

Allein: Die Zeit läuft ihr davon. Wegen ihrer körperlich­en Beschwerde­n hat sie vor einigen Wochen ihr Karriereen­de für März 2019 verkündet. Zwar will sie im Herbst noch einmal an ihren Lieblingso­rt Lake Louise/Kanada zurückkehr­en, aber „da will ich nur sicher ins Ziel kommen“. Das bedeutet: Vonn bleiben nur noch die zehn Speedrenne­n in diesem Winter – für fünf Siege.

Cortina ist aus ihrer Sicht der ideale Ort, um dieses schier unmögliche Unterfange­n zu starten: 2004 stand sie hier erstmals auf dem „Stockerl“, 2015 übertraf sie auf der „Tofana“, wo sie zwölf Mal gewann, Österreich­s Jahrhunder­tsportleri­n Annemarie Moser-Pröll mit den meisten Siegen einer Frau. „Das ist eine super Strecke für mich, ich liebe Cortina“, sagt Vonn und lächelt süßlich, während Lucy kurz gähnt.

Was Vonn nicht sagt: Ihre Rekordjagd lässt sich in den USA sehr gut verkaufen. NBC Sports überträgt die erste Abfahrt aus Cortina am Freitag in aller Herrgottsf­rühe, Amerika giert nach diesen Geschichte­n voller Drama. Und Vonn heizt den Hype gerne an. Von Eurosport lässt sie sich für die Doku „Chasing History“auf Schritt und Tritt begleiten, auf ihrem neuen YouTube-Kanal gibt die frühere Lebensgefä­hrtin von Golf-Ikone Tiger Woods intimste Einblicke in ihr Leben.

Die Frage bleibt: Kann sie es schaffen? Kann sie über sich hinauswach­sen und auch ihrer dominieren­den Landsfrau Mikaela Shiffrin (bereits zehn Saisonsieg­e) Paroli bieten? „Ich bin zwar nicht zu 100 Prozent gesund, aber zu 100 Prozent stark“, sagt Vonn. Die Wahrheit liegt auf der „Tofana“. Die Abfahrt an diesem Freitag beginnt um 12 Uhr.

„Es fehlt nicht an Motivation, Hingabe oder Willen, es fehlt an Knorpel.“

Skistar Lindsey Vonn über ihre körperlich­en Probleme und das bevorstehe­nde Karriereen­de

 ?? FOTO: TROVATI/AP/DPA ?? Skirennfah­rerin Lindsey Vonn sitzt bei einer Pressekonf­erenz in Cortina d’Ampezzo auf dem Podium und beantworte­t alle Fragen nach ihrem Gesundheit­szustand. Natürlich mit dabei: Hündchen Lucy.
FOTO: TROVATI/AP/DPA Skirennfah­rerin Lindsey Vonn sitzt bei einer Pressekonf­erenz in Cortina d’Ampezzo auf dem Podium und beantworte­t alle Fragen nach ihrem Gesundheit­szustand. Natürlich mit dabei: Hündchen Lucy.

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