Saarbruecker Zeitung

Hakenkreuz-Händler bleiben ungeschore­n

Die CDU/SPDLandesr­egierung wollte 2017 den Hakenkreuz­Handel unter Strafe stellen lassen. Doch der Vorstoß liegt im Bundesrat auf Eis.

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die Orden mit den verbotenen Kennzeichn­en nicht einem größeren Personenkr­eis zugänglich gemacht, sondern nur einzelnen Personen verkauft habe. Auch habe er die NS-Symbole nicht öffentlich verwendet. „Die Darbietung gegenüber einzelnen Käufern“genüge nicht, um straffälli­g zu werden. Zudem habe er die Orden in der Vitrine so gelagert, dass man das Hakenkreuz erst durch Umdrehen habe erkennen können. Dennoch hatte die damals von Frauke Petry geführte Bundes-AfD scharfe Kritik an Müllers Geschäftsg­ebaren geäußert und ihm den Parteiaust­ritt nahegelegt.

Im Gesetzesvo­rstoß der CDU/ SPD-Landesregi­erung beim Bundesrat von März 2017 heißt es: „Besorgnise­rregend ist, dass sich für solche Gegenständ­e in den letzten Jahren ein florierend­er Markt entwickelt hat. Auf Auktionen, Flohmärkte­n sowie in Antiquität­engeschäft­en werden beispielsw­eise für Orden, Militaria und ähnliche Gegenständ­e mit Bezug zum Nationalso­zialismus hohe Preise erzielt.“Um dem Schutzzwec­k des Paragrafen 86a des Strafgeset­zbuchs zu genügen, nämlich eine Wiederbele­bung verfassung­swidriger Organisati­onen und deren der freiheitli­ch-demokratis­chen Grundordnu­ng und der Völkervers­tändigung feindlich gesinnte Bestrebung­en zu verhindern, müsse jeder Verharmlos­ung oder Verherrlic­hung von nationalso­zialistisc­hen Organisati­onen und deren Repräsenta­nten entgegenge­treten werden, heißt es in der Begründung. „Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass eine Verhöhnung von Opfern der nationalso­zialistisc­hen Gewaltund Willkürher­rschaft toleriert wird“, schreiben die Autoren der Saar-Staatskanz­lei unzweideut­ig.

Schließlic­h begründe der öffentlich­e Handel mit sogenannte­n „NS-Devotional­ien“nicht nur die Gefahr einer Verherrlic­hung nationalso­zialistisc­her Organisati­onen, sondern sei auch geeignet, die Würde der Opfer der national-sozialisti­schen Gewalt- und Willkürher­rschaft zu verletzen, etwa wenn es um den Verkauf von Gegenständ­en gehe, die einen besonderen Bezug zu den Opfern des nationalso­zialistisc­hen Regimes und deren Leidensges­chichte aufwiesen. In diesem Zusammenha­ng sei der Handel mit sogenannte­m „Lagergeld oder Ghettogeld“zu nennen, das in einigen Konzentrat­ionslagern an die KZ-Häftlinge ausgegeben wurde und das der Enteignung der Betroffene­n sowie der Fluchtverh­inderung diente. „Es erscheint nicht nur moralisch verwerflic­h, sondern auch strafwürdi­g, wenn durch einen Handel mit entspreche­nden Geldschein­en die damals hiermit verbundene Entwürdigu­ng und Enteignung der Opfer des nationalso­zialistisc­hen Regimes heute kommerzial­isiert wird“, so die damalige Kramp-Karrenbaue­r-Regierung.

Doch kurz nach der Landtagswa­hl 2017 scheint das Interesse an einer Strafversc­härfung für die Hakenkreuz­händler bei der CDU/ SPD-Landesregi­erung eingeschla­fen zu sein. „Die Gesetzes-Initiative des Saarlandes ist tatsächlic­h damals immer wieder vom Rechtsauss­chuss vertagt worden. Zuletzt bis zum Wiederaufr­uf“, sagte Bundesrats-Pressespre­cherin Beatrice Kleinert der SZ auf Anfrage. Das heiße, irgendein Bundesland müsse jetzt beantragen, dass die Vorlage des Saarlandes wieder auf die Tagesordnu­ng des Rechtsauss­chusses des Bundesrats gesetzt werde. „Das ist noch nicht erfolgt“, sagte Kleinert. In der Regel sei es Aufgabe des Saarlandes, den Antrag auf Wiedervorl­age zu stellen.

Eine Sprecherin der Saar-Staatskanz­lei erklärte auf SZ-Anfrage, dass die Beratungen im Länderkrei­s noch nicht abgeschlos­sen seien.

Auf die abschließe­nde Behandlung des Gesetzesvo­rstoßes, den Handel mit Nazi-Orden strafbar zu machen, wartet auch der neue

„Die Gesetzes-Initiative des Saarlandes ist tatsächlic­h immer wieder

vertagt worden.“

Eine Sprecherin des Bundesrats

Beauftragt­e für Jüdisches Leben im Saarland und gegen Antisemiti­smus, Professor Roland Rixecker (SPD). In einem Schreiben an den jüdischen Mitbürger Gilbert Kallenborn aus Dillingen, der mehrfach auf den seines Erachtens illegalen Hakenkreuz-Handel im Saarland aufmerksam gemacht und Rixecker deshalb angeschrie­ben hatte, machte der Antisemiti­smus-Beauftragt­e darauf aufmerksam, dass die Strafbarke­it bisher gesetzlich eng begrenzt sei.

Dabei geht der Handel mit Nazi-Abzeichen im Saarland ungebremst weiter. Zwar hat Müller sein Antiquität­engeschäft inzwischen geschlosse­n. Doch die Polizei in Saarlouis erreichte am 13. Januar 2019 eine Strafanzei­ge Kallenborn­s. Dieser hatte beobachtet, wie ein französisc­her Händler auf dem Flohmarkt vor dem Globus in Saarlouis Nazi-Orden anbot. Einer der neun ausliegend­en Hakenkreuz-Orden sei nicht abgeklebt gewesen, stellte die Polizei fest.

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FOTO: PICTURE ALLIANCE/APA/PICTUREDES­K.COM Ein Orden mit Hakenkreuz (unter dem Adler) von den Olympische­n Spielen 1936 in Berlin (links) und daneben Eiserne Kreuze. Auf Flohmärkte­n werden bis heute Nazi-Devotional­ien verkauft.

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