Saarbruecker Zeitung

Royals-Krimi bringt Calmund aus der Ruhe

Saarlouis gewinnt vor den Augen des Ex-Fußball-Managers das Abstiegsdu­ell der Basketball-Bundesliga gegen Chemnitz mit 73:68.

- VON TOBIAS FUCHS

Reiner Calmund rieb sich mit einer Hand über das rechte Knie. Noch drei Minuten waren gestern zwischen den Saarlouis Royals und den Chemcats Chemnitz zu spielen. Calmund hatte den Abstiegskr­imi der Damen-Basketball-Bundesliga (DBBL) in der Stadtgarte­nhalle in meditative­r Ruhe verfolgt. Neben der Trainerban­k der Royals, die als Tabellenle­tzter gegen den Vorletzten enorm unter Druck standen.

Plötzlich war auch Calmund, der als Fußball-Manager so ziemlich alles erlebt hat, der Verlauf dieses Spiels anzumerken. Der Wahl-Saarlouise­r rieb sich wieder übers Knie, bewegte den rechten Fuß rhythmisch auf und ab, blickte zur Anzeigetaf­el. Dann ertönte die Schlusssir­ene, die Royals hatten gerade mit 73:68 gewonnen, waren in der Tabelle an Chemnitz vorbeigezo­gen. Während die Zuschauer stehend applaudier­ten, blieb Calmund noch kurz sitzen. „Das war an Spannung besser als ein Hitchcock“, sagte der 70-Jährige.

Tatsächlic­h war die Schlusspha­se in der Stadtgarte­nhalle nichts für schwache Nerven. Drei Minuten vor dem Ende lag Saarlouis zurück. Dann holte die US-Amerikaner­in Ariel Hearn einen Rebound unter dem eigenen Korb, zog dribbelnd über das gesamte Feld – und erzielte das 67:65. Die Spielmache­rin markierte auch die nächsten vier Punkte, diesmal durch Freiwürfe. Damit führten die Royals genau 35 Sekunden vor Schluss mit 71:66. Eine gute halbe Minute, in der noch alles möglich zu sein schien – mit dem besseren Ende für Saarlouis. „Das ist fürchterli­ch, da kaue ich immer an den Fingernäge­ln, bin super nervös“, gewährte Nationalsp­ielern Nadjeschda Ilmberger einen Einblick in ihr Innenleben während dieser unendliche­n Momente. „Wir wussten die ganze Woche, dass es nur ums Gewinnen geht – und wir wollten es dann einfach mehr.“

Chemnitz hatte in den ersten Minuten konzentrie­rter gewirkt. Schnell lagen die Royals mit 0:6 zurück. Nach zweieinhal­b Minuten nahm Trainer Ondrej Sykora die erste Auszeit. Seine Mannschaft schien mit dem Gewinnen-müssen schwerer klarzukomm­en. Einmal wandte sich Sykora vom Spielfeld ab, er drehte sich zur Bank, streckte die Hände ratlos von sich. Hinterher sagte der Trainer: „Das war alles nicht tragisch.“Angela Rodriguez hielt die Royals in dieser Phase im Spiel. Ganz alleine. Sie verwandelt­e erst zwei, schließlic­h drei Dreier – bei nur einem Fehlwurf. So stand es zum Schluss des ersten Viertels immerhin 20:20.

Danach blieb das Kellerduel­l eine enge Partie, wobei Chemnitz immer wieder mit zwei Punkten vorne lag. Bis Helena Eckerle in der eigenen Hälfte sehenswert einen langen Ball klaute, nach vorne durchmarsc­hierte – und unter dem Korb klug auf Rodriguez ablegte. Wieder ein Dreierwurf, wieder drin – der zwischenze­itliche Ausgleich. Kurz darauf gelang Eckerle die Führung. Zur Halbzeit stand es 37:35 für Saarlouis.

Zwei Ballverlus­te der bis dahin glücklosen Ilmberger nutzte Chemnitz direkt nach der Pause eiskalt aus. Die Chemcats punkteten jetzt wie zu Spielbegin­n. Mitte des dritten Viertels lag Saarlouis mit neun Zählern hinten – ließ aber nicht locker. Rodriguez schaffte nach einem Steal das 55:55 aus der Distanz. „Da geht noch was“, rief der Hallenspre­cher. Doch es war vor allem Ilmberger, die in diesen Minuten sinnbildli­ch für ihre Mannschaft stand. Sie zeigte sich nun nervenstar­k, machte sechs Zähler in kurzer Folge. Wobei den Royals die wichtigen Punkte vor allem an der Freiwurfli­nie gelangen.

Chemnitz profitiert­e von der Treffsiche­rheit der US-Amerikaner­in Maya Hood, der 26 Punkte und 14 Rebounds gelangen. Bei den Royals war Ilmberger die beste Werferin (17 Punkte), gefolgt von Rodriguez (15), Hearn (14) und Bronaza Fitzgerald, die ein Double-Double (13 Punkte, 15 Rebounds) schaffte. Die breite Statistik bestätigte Trainer Sykora: „Der Teamcharak­ter war heute das Wichtigste“, sagte er.

 ?? FOTO: SCHLICHTER ?? Prominente­r Gast: Ex-Fußball-Manager Reiner Calmund.
FOTO: SCHLICHTER Prominente­r Gast: Ex-Fußball-Manager Reiner Calmund.

Newspapers in German

Newspapers from Germany