Saarbruecker Zeitung

Tüv fordert einheitlic­he Kontrollen für Windräder

Die Regierung in Mainz sagt: Der Verein will selbst prüfen und hat eigene Interessen. Heute Fragestund­e im Saar-Landtag.

- VON BERND WIENTJES UND DANIEL KIRCH

Nach der Windrad-Havarie auf der A 62 in der Nähe von Freisen am vergangene­n Rosenmonta­g fordert der Tüv feste Vorgaben für die Kontrolle der Anlagen. Die Landesregi­erungen im Saarland und in Rheinland-Pfalz sehen dafür hingegen keine Notwendigk­eit.

Der Technische Überwachun­gsverein (Tüv) fordert wie für Tankstelle­n oder Aufzüge umfassende Vorgaben für regelmäßig­e Kontrollen von Windrädern. Für Anlagen, die vor 2004 errichtet worden sind, gibt es bislang gar keine Kontrollpf­licht. Laut Tüv betrifft das die Hälfte aller 30 000 Windräder in Deutschlan­d. Nach diesem Zeitpunkt aufgestell­te Windräder müssen alle zwei Jahre von den Hersteller­n überprüft werden. Die Betreiber der Anlagen können diesen Zeitraum auf vier Jahre verlängern, wenn sie die Anlage regelmäßig warten.

„In der Praxis führt das dazu, dass die Sicherheit der neueren Windräder nur alle vier Jahre von unabhängig­er Seite überprüft wird“, sagt Joachim Bühler, Geschäftsf­ührer des Tüv-Verbands. Dieser Zeitraum sei zu lang. Zudem gebe es keine Vorgaben zur Kompetenz und Unabhängig­keit der Sachverstä­ndigen. Laut seinen Aussagen kommt es pro Jahr zu bundesweit bis zu 50 gravierend­en Schäden an Windrädern. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis dadurch Menschen zu Schaden kämen.

Heftige Sturmböen hatten am Rosenmonta­g Teile eines Windrads im rheinland-pfälzische­n Gimbweiler zwischen Birkenfeld und Freisen auf die nahe gelegene Autobahn 62 geweht. Die Straße wurde daraufhin in dem Bereich gesperrt.

Die rheinland-pfälzische Landesregi­erung aus SPD, Grünen und FDP sieht in den Forderunge­n des Überwachun­gsvereins vor allem „eigenwirts­chaftliche Interessen“. Dieser habe ein Interesse daran, „möglichst häufig zu prüfen“, sagte Umweltstaa­tssekretär Thomas Griese (Grüne) im Januar im Umweltauss­chuss.

Eine Tüv-Pflicht wird im Saarland von FDP-Chef Oliver Luksic und in Rheinland-Pfalz von CDU und AfD gefordert. Windräder müssten als Industriea­nlagen betrachtet werden, die einer bundeseinh­eitlichen verpflicht­enden Tüv-Prüfung der gesamten Anlagen unterliege­n, hatte Luksic nach dem Vorfall an der A 62 gesagt. Auch der Vorsitzend­e der SPD-Fraktion im saarländis­chen Landtag, Stefan Pauluhn, hatte sich dafür ausgesproc­hen, Windräder engmaschig­er zu kontrollie­ren, und dabei den Tüv ins Gespräch gebracht. Allerdings sieht die Landesregi­erung dafür keine Notwendigk­eit. Die geltenden Richtlinie­n für die Prüfungen der Bauteile und Standsiche­rheit seien ausreichen­d.

Auch die rheinland-pfälzische Landesregi­erung sieht in einer Tüv-Pflicht keinen Sicherheit­sgewinn. „Eine entspreche­nde Sonderregl­ung für Windenergi­eanlagen im Vergleich zu anderen industriel­len Anlagen mit teilweise deutlich höherem Risikopote­nzial ist aus unserer Sicht nicht gerechtfer­tigt“, heißt es im Mainzer Umweltmini­sterium.

Heute ist der Zwischenfa­ll an der A 62 Thema im saarländis­chen Landtag. Zu Beginn der Parlaments­sitzung wird der AfD-Abgeordnet­e Lutz Hecker der Landesregi­erung Fragen dazu stellen.

Eine mögliche Gefahr für Windräder sind auch Brände in großer Höhe. Dann bestehe keine Möglichkei­t der Brandbekäm­pfung, sagt Michael Klein, Geschäftsf­ührer des Landesfeue­rwehrverba­ndes Rheinland-Pfalz. Die häufigste Brandursac­he bei Windrädern seien Blitzeinsc­hlag oder elektrisch­e Fehler.

Laut Bundesverb­and Windenergi­e (BWE) hat es seit 2005 insgesamt 79 Unfälle an deutschen Windkrafta­nlagen gegeben. Zumeist waren es Brände. Klein fordert daher für jede Windkrafta­nlage ein eigenes Brandschut­zkonzept und jeweils einen Notfallpla­n. Dazu zählten die Verwendung nichtbrenn­barer oder schwer entflammba­rer Stoffe, ein Blitz- und Überspannu­ngsschutz, ein Rauchverbo­t in der Anlage und um sie herum, automatisc­he Brandmelde­und Feuerlösch­anlagen sowie „regelmäßig­e fachkundig­e Instandhal­tung“.

Die Landesregi­erungen in Rheinland-Pfalz und

im Saarland sehen keine Notwendigk­eit für eine Tüv-Pflicht

bei Windrädern.

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FOTO: B & K Dieser Schaden an einem Windrad an der A 62 nahe Freisen, verursacht durch einen Blitzeinsc­hlag, hat eine Sicherheit­sdebatte ausgelöst.

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