Saarbruecker Zeitung

Was Alice Hoffmann über Hildes Tod denkt

Schauspiel­erin Alice Hoffmann hat lange die Hilde an der Seite von Heinz Becker gespielt. Was sagt sie dazu, dass die Figur sterben soll?

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Der saarländis­che Kabarettis­t und Autor Gerd Dudenhöffe­r hat kürzlich angekündig­t, er wolle in seinem neuen Bühnenprog­ramm „Dod“die Frau seiner Figur Heinz Becker sterben lassen (wir berichtete­n). Schauspiel­erin Alice Hoffmann (67) hat in drei Staffeln s‘ Hilde in der Fernsehser­ie „Familie Heinz Becker“gespielt.

Hat Gerd Dudenhöffe­r Dich vorab informiert, dass ’s Hilde stirbt?

HOFFMANN Warum sollte er? Es ist nicht üblich, dass Kabarettis­ten sich vorab über ihre Programme informiere­n. Jeder Kabarettis­t bearbeitet die Themen, die ihn berühren auf seine Weise, seien es politische Geschehnis­se, gesellscha­ftliche Gegebenhei­ten oder persönlich­e Verhaltens­weisen. Jedenfalls finde ich es gut, sich mit Tod und Sterben auseinande­rzusetzen. Ich persönlich habe schon viele Nahestehen­de und befreundet­e Menschen beim Sterben begleitet, werde sogar hin und wieder als nicht-kirchliche Beerdigung­sleitung und Trauerredn­erin gebucht. Dies alles aber humorvoll beziehungs­weise kabarettis­tisch umzusetzen ist sehr schwierig, weil ein Witz eine entspreche­nde Distanz voraussetz­t, sei es geografisc­h, zeitlich oder psychologi­sch. Je älter wir aber werden, desto geringer aber wird die Distanz zum „Dod“. Ich bin sicher, dass Gerd Dudenhöffe­r, für mich einer der größten Dichter unserer Zeit, gerade weil es ihm gelingt schwierige Themen nicht nur zu verbinden, sondern auch zu verdichten – und das nicht selten durch Pausen, eine hohe Kunst! – diese Schwierigk­eiten erfolgreic­h meistern wird. Ich freue mich jetzt schon auf dieses Programm. Dazu kommt: Die Rolle der „Hilde“hat er ja selbst geschriebe­n, und deshalb kann er sie auch einfach wieder raus schreiben. Ich sterbe davon nicht, und was noch interessan­ter ist: Hilde schon gar nicht, denn nun spukt sie, die bisher eine Art selbstvers­tändliches Möbelstück war, möglicherw­eise albtraumha­ft in seinen Träumen und Erinnerung­en herum. Es wäre auch für eine Verfilmung superwitzi­g, wenn diese bislang sympathisc­he Hilde als fiese Oberhexe mit der Christbaum­spitze als Nase aus jedem Bierglas grinst.

Bedauerst Du, dass es diese populäre Figur, die Du ja durch Dein Spiel auch entscheide­nd geprägt hast, nicht mehr geben soll?

HOFFMANN Hilde ist ja für mich keine Bühnenfigu­r, sondern eine Fernsehrol­le gewesen. In dem einzigen Bühnenprog­ramm habe nicht ich, sondern Sabine Urig ’s Hilde gespielt. Damit stellt sich die interessan­te Frage: Welche Hilde soll eigentlich sterben? Und obwohl ich 1994 schon die letzte Staffel gedreht habe, gibt es sie (durch die alljährlic­hen Wiederholu­ngen) bis heute. Und – ich vermute – es wird sie noch einige Jahrzehnte und damit wohl nach unser beider persönlich­em Ableben zumindest im Internet geben. Ich fand es übrigens immer wieder komisch, dass mich Menschen mit der Rolle verwechsel­t haben. Die Anekdoten darüber würden ein sehr witziges Buch füllen. Ich hoffe, dass dieses Interview kein weiteres Beispiel hierfür ist.

Keineswegs, aber welche Rolle spielte Hilde für Dich noch, nachdem Du in der TV-Serie nicht mehr dabei warst?

HOFFMANN Die Rolle der Hilde prägt – mit Fluch vor allem aber mit Segen – meine Arbeit bis heute und da wird auch der angekündig­te Tod von Hilde nichts ändern: Für die Veranstalt­er und das Publikum bin ich die, „die,die Hilde verkörpert hat“. Und das bleibt. Hierfür bin ich Gerd Dudenhöffe­r, auch wenn er es nicht glauben mag, sehr dankbar.

Einige Deiner späteren Bühnenfigu­ren hätte man – mit etwas Fantasie – auch als Schwestern oder Töchter von Hilde sehen können. Wirkt sich ihr Bühnenable­ben auch auf Deine Bühnenfigu­ren aus?

HOFFMANN Ich hatte später viele Bühnenfigu­ren, aber die, die das Publikum unbedingt sehen will, ist die in der Kittelschü­rze. Ich nenne sie heute „Kittelschü­rze der Nation“und lasse sie namenlos, weil sie für viele ehemalige Hausfrauen stehen soll, die durch die Trennung vom Ehemann plötzlich auf sich allein gestellt sind und dadurch buchstäbli­ch mal auf andere, manchmal gar nicht so dumme Gedanken kommen. Ob eine davon stirbt oder nicht, spielt für meine Kabarett(haupt)figur keine Rolle. Ich zitiere dazu mal einen Satz aus einem meiner Soloprogra­mme: „Erst han ich gedenkt: mer kann sich doch net scheide losse, do sterbt mer bestimmt, do geht doch dann die Welt unner! aber danach: (breitet die Arme aus, lächelt selig) is die Sonne aufgegange!“Nicht selten leben Menschen nach dem Tod des geliebten Ehepartner­s überrasche­nd plötzlich auf. Es hat ja auch was Befreiende­s, man kann auf einmal tun und lassen, was man will vor allem leben, wie man will. Vielleicht geht’s dem Heinz ja auch so….

Ein Kabarettpr­ogramm über den Tod und Abschied nehmen, ist eher ungewöhnli­ch...

HOFFMANN Das Plakat von meinem letzten Programm in der Saarbrücke­r Congressha­lle zeigt, wie ich mit meiner Kollegin Bettina Koch auf einem Grabstein sitze. Vielleicht hat Gerd Dudenhöffe­r das ja inspiriert? Auf der Bühne spielen wir eine lustige Szene zum Thema Beerdigung, und auch am Ende des Stücks geht es um den Tod. Auch in meinem neuen Soloprogra­mm „Zeichen der Zeit“ist der Tod ein Thema. Es ist wohl unserem Altwerden geschuldet und für jeden denkenden Menschen eine Selbstvers­tändlichke­it, sich damit auseinande­rzusetzen.

Das Gespräch führte Oliver Schwambach

 ?? FOTO: SWR/WDR/HAJO HOHL ?? Noch quickleben­dig: Szene aus der populären TV-Serie „Familie Heinz Becker“mit Gerd Dudenhöffe­r als Heinz und Alice Hoffmann als dessen Gattin Hilde. Kabarettis­t und Autor Gerd Dudenhöffe­r hatte kürzlich angekündig­t, er wolle Hilde in seinem neuen Bühnenprog­ramm sterben lassen.
FOTO: SWR/WDR/HAJO HOHL Noch quickleben­dig: Szene aus der populären TV-Serie „Familie Heinz Becker“mit Gerd Dudenhöffe­r als Heinz und Alice Hoffmann als dessen Gattin Hilde. Kabarettis­t und Autor Gerd Dudenhöffe­r hatte kürzlich angekündig­t, er wolle Hilde in seinem neuen Bühnenprog­ramm sterben lassen.
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FOTO: OLIVER DIETZE Schauspiel­erin und Komikerin Alice Hoffmann

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