Saarbruecker Zeitung

Hersteller rufen so viele Pkw zurück wie noch nie

Im Vorjahr wurden in Deutschlan­d an 3,5 Millionen Autos Sicherheit­smängel festgestel­lt.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN/SAARBRÜCKE­N Autos in Deutschlan­d sind offenbar mitunter längst nicht so sicher wie gedacht. Das Kraftfahrb­undesamt (KBA) hat im Vorjahr wegen Sicherheit­smängeln über 3,5 Millionen Fahrzeuge zurückgeru­fen und damit in die Werkstatt beordert. 600 000 mehr als 2017 und damit so viele wie nie. Das geht aus einer Antwort des Verkehrsmi­nisteriums auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der SZ vorliegt. „2018 wurden sogar mehr Autos zurückgeru­fen als Neuwagen zugelassen“, sagte Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer. Das sei eine „problemati­sche Entwicklun­g, die der Branche zu denken geben sollte“.

Die Statistik des Ministeriu­ms reicht zurück bis ins Jahr 2012: Damals betrafen die KBA-Beanstandu­ngen lediglich rund 824 000 Fahrzeuge. Insgesamt waren seither 13,6 Millionen Wagen von Mängeln etwa an Lenkung, Bremsanlag­e oder Airbags betroffen. Unabhängig davon, heißt es in der Antwort, habe es noch die freiwillig­en Rückrufakt­ionen einiger Hersteller für „Software-Updates“gegeben. Betroffen davon seien 6,3 Millionen Dieselfahr­zeuge gewesen. Eine Folge des Abgas-Skandals.

Wo liegen die Gründe? Der Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r gibt zwar Entwarnung, die hohe Zahl der Rückrufe bedeute nicht zwangsläuf­ig, dass die Fahrzeuge unsicherer seien. Aber die Wagen würden komplexer. „Je größer die Anzahl der Funktionen ist, umso größer ist die Ausfallwah­rscheinlic­hkeit für das Gesamtsyst­em“, so Dudenhöffe­r. Hinzu käme ein hoher Kostendruc­k bei den Firmen. Und: Immer öfter würden die gleichen Teile von globalen Zulieferer­n eingebaut.

Nach Ansicht des Grünen Krischer werden neue Modelle zu oft zu schnell in den Markt eingeführt. Zugleich setze das KBA mehr Mitarbeite­r bei der Kontrolle ein. Anders als in den USA gebe die Behörde aber keine Informatio­nen heraus, „ob es Unfälle und Verletzte in Deutschlan­d in Zusammenha­ng mit fehlerhaft­en Teilen gab“, kritisiert Krischer: „Das muss sich ändern.“

„Die Entwicklun­g sollte der Branche zu denken geben.“

Oliver Krischer

Grünen-Fraktionsv­ize

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