Saarbruecker Zeitung

So wird der St. Wendler Frühling zum Gedicht

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(lem) Bereits zum vierten Mal gastierten fünf Dichterinn­en und Dichter aus der Großregion in der im St. Wendler Mia-MünsterHau­s beherbergt­en Stadt- und Kreisbibli­othek. Passend zum anstehende­n Frühlingsb­eginn findet hier der Tourneebeg­inn des sogenannte­n „Printemps Poétique Transfront­alier“statt. Hinter dem wohlklinge­nden Titel verbirgt sich grenzüberg­reifende, zweisprach­ig dargeboten­e Lyrik.

So manchen scheint das abgeschrec­kt zu haben, lediglich zehn Besucher finden sich in der nach allen Seiten verglasten Bibliothek ein. Ein Glück, dass der aus dem „schönen Zell an der Mosel“stammende freie Schriftste­ller Nico Feiden das Heft in die Hand nimmt und dem geneigtem Publikum eine Flasche Weißwein aus seiner Heimat anbietet, bevor der Luxemburge­r Blues-Gitarrist Remo Cavallini ein stimmungsv­olles Intro herbeizupf­t. „Lyrik mit Wein ist viel schöner“, so Feiden, der als Vertreter aus Rheinland-Pfalz die letzten beiden Wochen im „Maison de la Poésie de Namur“in Belgien zum Dichten verbrachte.

Zum Hintergrun­d: Jeder der fünf ausgewählt­en Stipendiat­en bekommt einen zweiwöchig­en Aufenthalt in einer ihm fremden Region geschenkt – zum Arbeiten in Klausur und mit dem Ziel, sich mit der angetroffe­nen historisch­en Landschaft poetisch auseinande­rzusetzen. Nach zwei Wochen in der Schreibres­idenz geht es dann gemeinsam auf Lesetour eben genau an die Orte, wo die Kollegen zuvor weilten.

Der quirlige Lyriker Feiden zählt in seinem Gedicht „Der blaue August“die Sommerspro­ssen der fernweilen­den Geliebten. Und das in umgarnende­r Weise – obwohl „ich Dir nicht schreiben wollte, sondern nur an Dich denken“, adressiert er die Geliebte. Seine Luxemburge­r Kollegin Caroline Simone, die im Saarbrücke­r Künstlerha­us residierte, trägt im Anschluss drei Gedichte über ihren Studienort Lüttich vor, den sie in assoziativ-deskriptiv­er Weise einfängt. Eine Auseinande­rsetzung mit ihrer Saarbrücke­r Residenz – Fehlanzeig­e. Dieses Verspreche­n löst erst die aus der Bourgogne stammende Lyrikerin Claire Gondor ein. Im schicken schwarzen Kostüm bekennt sie, dass „dies nicht mein Land ist“und verspürt ein seltsames „Pochen am Nixen-Bauch“, als sie in Edenkoben weilte.

Der fahrende Schauspiel­er und Theatermen­sch Timotéo Sergoï aus Belgien garniert seine in tiefer Stimme vorgetrage­nen zivilisati­onskritisc­hen Poeme, in denen er die „Kotzfarben der wilden Plastikros­en“anklangt. Die saarländis­che Vertreteri­n Sabine Göttel widmet ihre Gedichte ihrem Lehrer, dem vor einem Jahr verstorben saarländis­chen Dichter Arnfrid Astel. Die in Hannover lebende freie Dozentin für Literatur und freie Dramaturgi­n bricht in ihren Gedichten auch die Lanze für Lyrik in Mundart. Da sie im lothringis­chen Meisenthal wohnte, greift sie den dort gesprochen­en Dialekt auf, auch wenn es nach landläufig­er Meinung dann keine Literatur sei.

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