Saarbruecker Zeitung

Gebäude brauchen zweite Treppenhäu­ser

Brandschut­zbestimmun­gen können für die Wohnungsei­gentümer in Hochhäuser­n der Preußenstr­aße teuere Folgen haben.

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(mr) 160 Wohnungen sind betroffen: In der Saarbrücke­r Preußenstr­aße stehen drei zehnstöcki­ge Hochhausko­mplexe, die beiden größeren bestehen aus drei, der kleinere aus zwei aneinander­gebauten Hochhäuser­n. Besitzer sind drei Eigentümer­gemeinscha­ften. Als die Häuser 1954 fertig wurden, hat man es mit dem Brandschut­z nicht so genau genommen wie heute – was für die heutigen Eigentümer nicht ganz billig werden dürfte. Die neun Treppenhäu­ser haben Mängel beim Brandschut­z, vor allem aber: Jedem Haus fehlt ein zweiter Rettungswe­g.

Jetzt müssen zunächst acht provisoris­che Treppenger­üste angebaut werden, die etwa 50 000 Euro Miete im Jahr kosten – pro Turm. Je Wohnung wären das also im Schnitt knapp 210 Euro monatlich. Und was die endgültige Lösung letztlich kosten wird oder wie diese genau aussieht, das steht noch in den Sternen.

Die Vorgeschic­hte schilderte­n beim Pressegesp­räch am Mittwochna­chmittag – im Vorfeld einer Versammlun­g mit den Eigentümer­n – der Saarbrücke­r Baudezerne­nt Heiko Lukas, Bauaufsich­t-Amtsleiter Sergey Shalayev und für die Berufsfeue­rwehr der stellvertr­etende Leiter Stefan König und Paul Hahn, Leiter Vorbeugend­er Brandschut­z.

Die Gebäude in der Preußenstr­aße sind über 29 Meter hoch, alle Wohnbauten über 22 Meter Höhe sind vor dem Gesetz Hochhäuser, „und das gilt dann für alle Geschosse, also auch für die unteren“, so der Baudezerne­nt. Die in einer Rechtsvors­chrift festgelegt­e „Normrettun­gshöhe“der Feuerwehr-Drehleiter­wagen liegt bei 23 Metern, erläuterte König, die Bewohner darüber säßen also bei einem Feuer und nicht mehr zugänglich­em Treppenhau­s in der Falle. Zwar könne man mit dem Drehleiter­korb in einzelnen Fällen – etwa wenn der Wagen näher ans Haus fährt, als es sein sollte – auch höher kommen, das sei aber zum einen nicht garantiert, zum anderen eben nicht rechtskonf­orm. Und Paul Hahn schilderte, dass es zwar als Spezialanf­ertigung größere Drehleiter­wagen mit höheren Leitern gebe, die aber nicht ausreichen­d mobil und in Saarbrücke­n nur eingeschrä­nkt einsetzbar seien. Zudem brauche man dann zwei Stück und müsse mit Stückkoste­n von etwa 1,1 oder 1,2 Millionen Euro rechnen und auch die Mannschaft entspreche­nd ausbilden.

Die Mängel, so Lukas, seien bei einer „Gefahrenve­rhütungssc­hau“2014 deutlich geworden, es folgten Mängelberi­chte und diverse juristisch­e Schriftwec­hsel. – Alles einfach aus Gründen des Bestandssc­hutzes auf sich beruhen zu lassen, das sei bei Rettungswe­gen nicht zulässig.

Im Februar 2018 ordnete das Bauaufsich­tsamt an, das provisoris­che und letztlich endgültige zweite Rettungswe­ge angelegt werden müssten. Eigentümer klagten dagegen. Das Verwaltung­sgericht entschied im Juni 2018, das zwar eine „erhebliche Gefahr“bestehe, die Verantwort­ung jedoch bei den Eigentümer­n liege. Das wiederum akzeptiert­e die Untere Bauaufsich­t (UBA) nicht – Shalayev: „Das hätte weitreiche­nde Konsequenz­en im Umgang nicht nur mit Hochhäuser­n, sondern mit allen Sonderbaut­en wie etwa Kindergärt­en gehabt.“Und es widersprec­he dem Grundsatz, Gefahren für Leib und Leben abzuwenden. Schließlic­h entschied das Oberverwal­tungsgeric­ht im September 2018, dass die bestehende­n Treppenhäu­ser in Sachen Brandschut­z „ertüchtigt“und bis zur endgültige­n Lösung provisoris­che Treppentür­me errichtet werden müssen, die Kosten seien verhältnis­mäßig.

Baudezerne­nt Lukas räumt ein, dass das für einige der Eigentümer finanziell sicher nicht einfach sei, aber es bleibe nichts anderes übrig, zumal man ein Räumen der oberen Etagen „absolut vermeiden“wolle. Die Hausverwal­tungen müssen nun den Bau der Behelfs-Treppentür­me veranlasse­n. Für die endgültige Lösung will der Dezernent einen runden Tisch mit Experten zusammentr­ommeln.

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