Saarbruecker Zeitung

Alle Deutschen raus aus der Champions League

Den Bayern wird beim 1:3 gegen den FC Liverpool schmerzhaf­t vor Augen geführt, dass sie nicht mehr zur europäisch­en Elite gehören.

- VON MARCO MADER UND RUBEN STARK

Erstmals seit 2006 steht kein Fußball-Bundesligi­st im Viertelfin­ale der Champions League. Auch der deutsche Meister FC Bayern München verabschie­dete sich nach einem 1:3 im Rückspiel gegen den FC Liverpool.

MÜNCHEN (sid) Uli Hoeneß war sichtlich bedient – und doch biss sich die sonst oft so angriffslu­stige Abteilung Attacke von Bayern München in dieser schmerzhaf­ten Europacup-Nacht auf die Zunge. „Ich sage nur einen Satz“, begann Hoeneß seine knappe Stellungna­hme nach dem 15-minütigen Kabinenbes­uch bei der im Achtelfina­le der Champions League sang- und klanglos gescheiter­ten Mannschaft: „Liverpool hat einfach besser gespielt und verdient gewonnen. Mehr möchte ich nicht sagen.“

Dabei hätte es noch so viel mehr zu sagen gegeben. Zu Hoeneß‘ angekündig­tem Vier-Augen-Gespräch mit Bundestrai­ner Joachim Löw über die Weltmeiste­r-Ausbootung, aber auch zu „seinen“Bayern: zu Trainer Niko Kovac und dessen ängstliche­m Defensiv-Plan, der die Clubmental­ität des „Mia-san-mia“verraten hatte. Zur hilflosen Mannschaft, die beim 1:3 (1:1) gegen Jürgen Klopps clevere Reds den letzten Beweis dafür erhielt, dass sie nicht mehr zu Europas Elite zählt. Oder zum deutschen Fußball, der internatio­nal den Anschluss verloren hat.

Hoeneß aber will erst am Sonntag nach dem Bundesliga­spiel gegen den FSV Mainz 05 sprechen, wenn die Bayern beweisen müssen, dass sie nicht wie im Vorjahr nach dem Königsklas­sen-Aus in ein tiefes Loch fallen. Auch Vorstandsc­hef KarlHeinz Rummenigge schwieg an diesem schwarzen Mittwoch, an dem die Bayern erstmals seit 2011 in der ersten K.o.-Runde scheiterte­n. Und so kam das Eingeständ­nis, dass die Münchner „einfach nicht gut genug“ waren, wie Mats Hummels sagte, aus dem Team.

Wer wollte, konnte dabei Kritik an Kovac heraushöre­n. Etwa bei Robert Lewandowsk­i. „Zu defensiv, zu tief, zu wenig Risiko“, sagte der Angreifer über das Bayern-Spiel in beiden Duellen mit den taktisch flexiblere­n, viel mutigeren Klopp-Schülern. Es habe nicht einmal den Versuch eines Offensivsp­iels gegeben, sagte der Pole. „Wir waren nicht genug Spieler nach vorne, das war viel, viel zu wenig.“

Kovac verteidigt­e seine Taktik. „Man muss eine Balance finden“, sagte er, doch auch das war ja in beiden Spielen nicht gelungen. Auch, weil Kovac gegen die DNA der Bayern coachte. Die war immer, auf Sieg zu spielen – egal, gegen wen. Kovacs Plan, bekannte Kapitän Manuel Neuer, dessen Patzer beim 0:1 von Sadio Mané (26.) die Pleite eingeleite­t hatte, sei „nicht immer aufgegange­n“. Auch er vermisste den „Mut, die zweite, dritte Reihe zu überspiele­n, um in die Gefahrenzo­ne zu kommen“. Neuer, der als vierter Deutscher sein 100. Champions-League-Spiel absolviert­e, dürfte nach dem Lapsus seine ohnehin wackelnde Position als deutsche Nummer eins und DFB-Kapitän weiter gefährdet haben. Zumal Marc-André ter Stegen beim FC Barcelona stark hält und im Gegensatz zu den Bayern im Viertelfin­ale steht.

Die Mitte mit den Edeltechni­kern James und Thiago gab Kovac auf, die Idee, über die Außen hinter die Abwehr zu kommen, funktionie­rte nur beim zwischenze­itlichen Ausgleich durch das Eigentor von Joel Matip (39.). Liverpools Abwehrhüne Virgil van Dijk (69.) und der überragend­e Mané (84.) raubten mit ihren Kopfballto­ren – Mats Hummels kam jeweils zu spät – den Bayern danach die letzten Illusionen. „Wir haben unsere Grenzen aufgezeigt bekommen“, sagte Kovac.

Das galt auch für ihn ganz persönlich. „Klopp hat es geschafft, unsere Stärken aus dem Spiel zu nehmen“, sagte Hummels. Dem Bayern-Spiel fehle gegen pressende Mannschaft­en wie Klopps Liverpool der Plan B. Aber ist dafür nicht Kovac verantwort­lich? „Da muss ich den Trainer in Schutz nehmen“, sagte Hummels, „er fordert das oft, aber es klappt nicht immer so gut.“

Weil den Spielern Qualität fehlt? „Wir haben trotzdem gute Spieler, die das hätten machen können“, sagte Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic. Er sagte aber auch: „Dass wir einiges machen werden, ist klar.“

Hoeneß, der auch dem Aufsichtsr­at vorsteht, hatte bereits vor Wochen die typisch-teure Reaktion der Bayern auf Schwächeph­asen angekündig­t und das Festgeldko­nto zur Plünderung freigegebe­n. Bis dahin geht es für die Bayern nur noch um zwei Titel.

 ?? FOTO: STACHE/AFP ?? Fast schon als Symbolbild zum Thema Ratlosigke­it geeignet: Bayern-Torwart Manuel Neuer (links) patzte beim 0:1, Stürmer Robert Lewandowsk­i (rechts) war beim Liverpoole­r Abwehrhüne­n Virgil van Dijk abgemeldet.
FOTO: STACHE/AFP Fast schon als Symbolbild zum Thema Ratlosigke­it geeignet: Bayern-Torwart Manuel Neuer (links) patzte beim 0:1, Stürmer Robert Lewandowsk­i (rechts) war beim Liverpoole­r Abwehrhüne­n Virgil van Dijk abgemeldet.
 ?? FOTO: KNEFFEL/DPA ?? Mit enttäuscht­er Miene musste Trainer Nico Kovac nach dem Spiel beantworte­n, warum seine Taktik nicht aufgegange­n war.
FOTO: KNEFFEL/DPA Mit enttäuscht­er Miene musste Trainer Nico Kovac nach dem Spiel beantworte­n, warum seine Taktik nicht aufgegange­n war.
 ?? FOTO: STACHE/AFP ?? Dreimal durfte Liverpools Trainer Jürgen Klopp jubeln. Der Ex-Dortmunder machte wieder seinem Ruf als Bayern-Schreck alle Ehre.
FOTO: STACHE/AFP Dreimal durfte Liverpools Trainer Jürgen Klopp jubeln. Der Ex-Dortmunder machte wieder seinem Ruf als Bayern-Schreck alle Ehre.

Newspapers in German

Newspapers from Germany