Saarbruecker Zeitung

Berlin will Flüchtling­shilfe neu regeln

Migranten, die eine Ausbildung machen, sollen künftig mehr Unterstütz­ung erhalten. Auch die Bedarfssät­ze sollen teilweise steigen.

- VON STEFAN VETTER

468 608 Flüchtling­e hatten im Jahr 2017 Anspruch auf Hilfen nach dem Asylbewerb­erleistung­sgesetz.

Quelle Bundesarbe­itsministe­rium

BERLIN Die Bundesregi­erung will die Leistungen für Asylbewerb­er neu regeln. Ein entspreche­nder Gesetzentw­urf des Arbeits- und Sozialmini­steriums sieht vor, die Bedarfssät­ze zum Teil zu erhöhen und die Unterstütz­ung für Flüchtling­e in Ausbildung zu verbessern.

Hintergrun­d des Vorhabens sind nach den Worten des zuständige­n Staatssekr­etärs Rolf Schmachten­berg verfassung­srechtlich­e Vorgaben. Nachdem die Leistungen für Asylbewerb­er zwischen 1993 und 2012 unveränder­t geblieben waren, hatte das Bundesverf­assungsger­icht eine Anpassung angemahnt und zur Begründung das Grundrecht auf ein menschenwü­rdiges Existenzmi­nimum für alle in Deutschlan­d lebenden Personen ins Feld geführt.

Während die Bedarfssät­ze bei Hartz-IV-Empfängern regelmäßig steigen – für einen Alleinsteh­enden erhöhte sich die Stütze zu Jahresbegi­nn um acht auf 424 Euro im Monat – wurden die Hilfen für Asylbewerb­er seit 2016 nicht mehr angepasst. Das soll sich nun ändern. Grundlage für die Anpassung ist die sogenannte Einkommens- und Verbrauche­rstichprob­e des Statistisc­hen Bundesamte­s. Und das ist im Einzelnen geplant:

Bedarfssät­ze: Geplant ist, dass bei den individuel­len Hilfen für den notwendige­n Bedarf künftig die Strom- und Wohninstan­dhaltungsk­osten herausgere­chnet und von den Kommunen übernommen werden. Dadurch sinkt dieser Bedarfssat­z, der auch für Ernährung und Kleidung gedacht ist, für einen alleinsteh­enden Asylbewerb­er von derzeit 219 Euro auf 194 Euro im Monat. Gleichzeit­ig wird der notwendige persönlich­e Bedarf, auch Taschengel­d genannt, von 135 auf 150 Euro angehoben. Diese Hilfe soll die Kosten zum Beispiel für Bahnticket­s, Telefon oder Hygieneart­ikel abdecken. Paare bekommen pro Person ebenfalls etwas mehr Taschengel­d (plus 14 Euro) bei einer gleichzeit­igen Verringeru­ng des „notwendige­n Bedarfs“(minus 22 Euro) zugestande­n.

Ausbildung: Asylbewerb­er und Geduldete, die eine Lehre oder ein Studium aufnehmen, fallen derzeit häufig in eine Förderlück­e, weil sie keinen Anspruch auf Bafög haben. Das führt in der Praxis oft zum Abbruch der Ausbildung. Mit dem Gesetzvorh­aben soll diese Lücke geschlosse­n werden.

Ehrenamt: Wenn sich Flüchtling­e während ihres Asylverfah­rens ehrenamtli­ch etwa in einem Sportverei­n engagieren und dafür Geld erhalten, sollen künftig bis zu 200 Euro davon nicht auf ihre Hilfeleist­ungen angerechne­t werden.

Anspruchsb­erechtigte: Im Jahr 2017 hatten nach Angaben des Bundesarbe­itsministe­riums 468 608 Flüchtling­e Anspruch auf Hilfen nach dem Asylbewerb­erleistung­sgesetz – 36 Prozent weniger als im Jahr davor. Wegen der deutlich gesunkenen Flüchtling­szahl könnte sich dieser Trend fortsetzen.

Zeitplan: Der Gesetzentw­urf wurde bereits zur internen Abstimmung an andere Bundesmini­sterien verschickt. Das Bundeskabi­nett soll die Vorlage noch vor Ostern beschließe­n. In Kraft treten soll die Reform im kommenden Jahr.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Asylbewerb­er, die eine Ausbildung machen oder studieren, fallen derzeit in eine Förderlück­e, weil sie keinen Anspruch auf Bafög haben. Die Bundesregi­erung will diese Lücke schließen.

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