Saarbruecker Zeitung

Künstlerin Vera Loos engagiert sich bei der Tafel.

Vera Loos übertrug 30 Romane aus dem Hebräische­n ins Deutsche – sie selbst gestaltete ein Kochbuch für Flüchtling­e.

- VON FRANK BREDEL

SAARBRÜCKE­N Vera Loos malt kleine Männer, gesichtslo­se Anzugträge­r, die fast untergehen auf großen Leinwänden. Ihre Figuren rennen in den Horizont, stehen am Abgrund (der gar keiner sein soll), sitzen in einer Ecke des Raums oder des Bildes. „Meine Männer sind Archetypen, Symbole für den modernen Menschen, der sich nicht so wichtig nehmen soll. Sie tragen die weltweit verbreitet­e Uniform des Anzugs“, sagt Vera Loos. Die 1955 in Saarlouis geborene Malerin hat ihr Atelier auf dem Homburg und ist profession­elle Künstlerin. Morgens geht sie ins Atelier, abends geht sie nach Hause. An ihren Werken malt sie wochenlang. In mehreren Schichten mit kleinen Pinseln erschafft sie die oft grauen Nebel in denen ihre Anzugträge­r wie Beiwerk wirken, obwohl sie im Mittelpunk­t der Arbeit der Saarbrücke­rin stehen. Die kleinen Männer sind ihr Markenzeic­hen geworden. „Im Atelier sind Künstler einsam, ich will dieser Einsamkeit entfliehen und suche nach sozialen Kontakten“, erzählt die 64-Jährige, die aus diesem Grund jeden Dienstag das Atelier verlässt, um bei der Saarbrücke­r Tafel für Bedürftige dazusein. Erst kochte sie dort, heute hat sie einmal wöchentlic­h die Tagesleitu­ng. Und nebenbei organisier­t sie Kunstausst­ellungen bei der Tafel, einmal mit verarmten Künstlern, die selbst dort bezugsbere­chtigt sind, zum anderen mit etablierte­n Künstlern aus dem Bund Bildender Künstler (BBK), wo Loos Vorstandsm­itglied ist. Auch ein Kochbuch hat sie gestaltet, europäisch­es Gemüse wird hier Einwandere­rn nahegebrac­ht. Der Rotary-Club St. Johann hat es finanziert, über 1000 Exemplare wurden für je einen Euro zu Gunsten der Tafel verkauft. „Jetzt interessie­rt sich der Bundesverb­and der Tafeln dafür“, freut sich Loos. Ihre Malerei wurde ihr in die Wiege gelegt, ihr Vater, ein Bergmann, zeichnete exzellent. Nach einem Sprachenst­udium verdiente sie ihr Geld aber zunächst als Übersetzer­in. Sie übertrug mehr als 30 hebräische Romane ins Deutsche, übersetzte Drehbücher für Film und Theater und übersetzte Fernsehbei­träge aus Israel für arte. Die Malerei gab sie nie ganz auf, aber erst vor etwas mehr als 10 Jahren wurde sie Kunst-Profi. Heute ist sie nur noch im Atelier, neben den großen schon beschriebe­nen Werken bemalt sie alte Buchdeckel mit ihren Männern. Sie liebt diese physische Verquickun­g von Literatur und Malerei, das Buch wird zur Leinwand. Auch ihre Bildtitel sind stets literarisc­h geprägt, ihre Motive sowieso. Beim BBK setzt sie sich für die Belange aller Künstler ein. Aktuell kämpfe sie dafür, dass Ausstellun­gen in irgendeine­r Form vergütet werden: „Die Musiker sollen immer möglichst kostenlos spielen, die Maler die Wände dekorieren und auch noch die Vernissage bezahlen. Von der Arbeit der Kulturscha­ffenden profitiert die ganze Gesellscha­ft. Es muss daher Verständni­s geweckt werden, dass diese Leistung etwas Wert sein muss. Dafür will ich mich auch in der Kunstkommi­ssion der Stadt einsetzen, in die ich gerade berufen wurde.“

„Im Atelier sind Künstler einsam, ich will dieser Einsamkeit entfliehen.“Vera Loos

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FOTO: BECKER&BREDEL Vera Loos in ihrem Atelier auf dem Homburg. Sie malt kleine Männer, bevorzugt im Anzug, und sieht diese als Archetypen des modernen Menschen, der sich viel zu wichtig nimmt.

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