Saarbruecker Zeitung

Grubenflut­ung spart laut RAG Milliarden

Folgekoste­n des Bergbaus im Saarland für 2019 auf bis zu 50 Millionen Euro veranschla­gt. Landesregi­erung weist Vorwürfe aus Großrossel­n zurück.

- VON JOHANNES SCHLEUNING

(jos) Sollte die erste Phase der umstritten­en Flutung von Bergwerksg­ruben im Saarland genehmigt werden, reduziere dies die Ewigkeitsl­asten (Bergbau-Folgekoste­n) um „ein paar Milliarden Euro“, sagte Michael Kalthoff von der RAG-Stiftung gestern. Derzeit rechnet die Stiftung mit Ewigkeitsl­asten von insgesamt 63 Milliarden Euro.

SAARBRÜCKE­N Die Stiftung des Bergbaukon­zerns RAG sieht sich für die Finanzieru­ng der sogenannte­n Ewigkeitsl­asten gut gerüstet. „Wir gehen davon aus, die Ewigkeitsl­asten dauerhaft finanziere­n zu können“, sagte Michael Kalthoff von der RAG-Stiftung gestern der Saarbrücke­r Zeitung am Rande einer Sitzung des Landtagsau­sschusses für Grubensich­erheit und Nachbergba­u. Ewigkeitsl­asten sind die Folgekoste­n nach Beendigung des Steinkohle­bergbaus in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland – und ergeben sich zu rund zwei Dritteln aus der Grubenwass­erhaltung. Die RAG-Stiftung rechnet derzeit mit Ewigkeitsl­asten in NRW und dem Saarland in Höhe von insgesamt 63 Milliarden Euro. Sollte allein die erste Phase des von der RAG geplanten Grubenwass­eranstiegs in ehemaligen saarländis­chen Bergwerken realisiert werden, dürften die prognostiz­ierten Ewigkeitsk­osten um „ein paar Milliarden Euro geringer ausfallen“, sagte Kalthoff der SZ. Derzeit hat die RAG-Stiftung, 2007 im Rahmen des Kohlekompr­omisses zur Finanzieru­ng der Ewigkeitsl­asten gegründet, rund 8 Milliarden Euro an Rückstellu­ngen ausgewiese­n. Allein für dieses Jahr rechnet die Stiftung mit Nachbergba­u-Kosten von rund 300 Millionen Euro, davon entfielen „bis zu 50 Millionen Euro“auf das Saarland, so Kalthoff. Das Stiftungsv­ermögen beträgt derzeit rund 17 Milliarden Euro. Im Kuratorium der Stiftung sitzen aus dem Saarland Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) sowie Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD), außerdem Peter Altmaier (CDU) in seiner Funktion als Bundeswirt­schaftsmin­ister.

Ebenfalls am Rande des Ausschusse­s wurde bekannt, dass über die Eignung einer Anlage zur Filterung des Giftstoffs PCB im Grubenwass­er von der St. Ingberter Firma Cerafiltec (ehemals Blue Filtration) erst Mitte nächsten Jahres entschiede­n werden kann. Eine aktuelle Testphase in Reden laufe zwar bald aus. Sollte das Umweltmini­sterium grünes Licht geben, müsse die Testphase aber mit einem weit größeren Filter noch einmal wiederholt werden. Was voraussich­tlich noch einmal ein Jahr dauere, wie Joachim Löchte von der RAG gegenüber der SZ erklärte. Sollte die Anlage sich dann zum realen Einsatz eignen, könne ein Vergabever­fahren dies wiederum um Jahre verzögern, so Löchte.

Vor dem Landtagsau­sschuss versichert­e Löchte zudem, dass sich der Konzern um Bergleute mit erhöhten PCB-Werten im Rahmen eines Nachsorgep­rogramms kümmere. Laut einer Studie weist fast jeder zweite Bergmann im Saarland, der bis 1986 unter Tage mit Hydraulikö­len zu tun hatte, noch heute erhöhte PCB-Werte im Körper auf (wir berichtete­n). Polychlori­erte Biphenyle (PCB) gelten in hohen Konzentrat­ionen als krebserreg­end. Eine akute Gesundheit­sgefährdun­g „gemessen an heute gültigen Richtwerte­n“liege bei den Betroffene­n aber nicht vor, betonte André Esser vom Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedi­zin an der RWTH-Uniklinik in Aachen gestern vor dem Ausschuss. Eine Folgestudi­e soll nun klären, ob die Belastung zweifelsfr­ei zu Folgeerkra­nkungen führt.

Auf Antrag der Linksparte­i nahm die CDU/SPD-Landesregi­erung gestern im Ausschuss außerdem Stellung zu den Vorwürfen des Großrossel­ner Bürgermeis­ters Jörg Dreistadt (SPD) gegen die früheren CDU-Ministerpr­äsidenten Peter Müller und Annegret Kramp-Karrenbaue­r (wir berichtete­n). Nach Aktenlage könne die Landesregi­erung die Vorwürfe in keiner Weise bestätigen, führte ein Vertreter des Wirtschaft­sministeri­ums aus. Laut Dreistadt hatten Müller und Kramp-Karrenbaue­r in ihren jeweiligen Amtszeiten der Gemeinde Großrossel­n davon abgeraten, Frankreich wegen Bergschäde­n im grenznahen Ortsteil Naßweiler auf eine angemessen­e Entschädig­ung zu verklagen. Stattdesse­n seien der Gemeinde finanziell­e Hilfen des Landes zugesagt, aber nie gezahlt worden. Der heutige Bundesverf­assungsric­hter Müller und die heutige CDU-Bundeschef­in Kramp-Karrenbaue­r hatten die Vorwürfe bereits kurz nach ihrer Veröffentl­ichung in der SZ als haltlos zurückgewi­esen.

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