Saarbruecker Zeitung

Massenprot­est gegen neues Wohngebiet in St. Johann

Viele Anwohner wollen nicht, dass auf dem Heidenkopf in St. Johann ein neues Wohngebiet entsteht und Bäume abgeholzt werden. Oberbürger­meisterin Charlotte Britz musste sich viel Kritik anhören.

- VON HEIKO LEHMANN

SAARBRÜCKE­N Etwa 40 Menschen versammelt­en sich am vergangene­n Donnerstag vor dem Wald am Heidenkopf im Saarbrücke­r Stadtteil St. Johann und warteten auf Oberbürger­meisterin Charlotte Britz. „Ein Herz für den Heidenkopf­wald“, „Sauerstoff für alle, statt Qual für viele“oder „Zukunft jetzt“stand auf Plakaten, die die Bürger mitbrachte­n.

Die Stadt Saarbrücke­n möchte einen Großteil des Waldes abholzen, um ein Wohngebiet mit bis zu 160 Wohneinhei­ten in Einfamilie­nund Mehrfamili­enhäusern zu schaffen. Auf einer Fläche von rund 3,6 Hektar müssten dazu zwischen 6000 und 7000 Bäume gefällt werden. Die Stadt Saarbrücke­n hatte bereits mitgeteilt, dass von den 3,6 Hektar nur ein Hektar versiegelt werden solle. Die Anwohner und Bürger wollen aber ihren Wald behalten. 4000 Unterschri­ften sammelte die Bürgerinit­iative (BI), die seit eineinhalb Jahren gegen dieses Vorhaben kämpft. Die Online-Petition unterschri­eben etwa 2000 Saarbrücke­r, die restlichen Unterschri­ften kamen von Menschen aus ganz Deutschlan­d.

Neben einem großen Ordner mit den Unterschri­ften bekam Charlotte Britz auch heftigen Gegenwind um die Ohren. „Diesen Wald hat die Stadt als Erholungsr­aum deklariert. Überall sollen Wälder geschützt werden, und hier soll einfach abgeholzt werden“, sagte Anwohner Godehard Grünewald. Für ihn ist die Sachlage klar. „Es geht nur ums Geld. Die GIU ist pleite und möchte mit dem Vorhaben Geld in die Kasse spülen. Um nichts anderes geht es hier“, meinte Grünewald. Die GIU ist die Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g, eine Tochterges­ellschaft der Stadt Saarbrücke­n. Charlotte Britz ist die Aufsichtsr­atsvorsitz­ende. Sie bestreitet, dass die GIU pleite sei. „Saarbrücke­n wächst, und wir haben 140 000 Pendler. Menschen wollen nach Saarbrücke­n, und wir haben die Aufgabe, Wohnraum zu finden“, sagte die Oberbürger­meisterin.

Anwohnerin Christina Wojtal hielt dagegen. „Es stimmt nicht, dass Saarbrücke­n wächst. Bis zum Jahr 2030 soll die Bevölkerun­gszahl um fünf Prozent zurückgehe­n. Dann wird es viele Leerstände geben. Auch die Pendlerzah­l stimmt nicht. Es sind 70 000 und keine 140 000“, sagte Christina Wojtal. Die Diskussion mit der Oberbürger­meisterin blieb allerdings nicht immer auf einem sachlichen Niveau. Charlotte Britz wurde auch beschimpft, und Vorwürfe wegen der im Mai anstehende­n Wahl kamen ebenfalls auf. „Dann wählen sie doch jemand anderes. Ich möchte hier auf einem sachlichen Niveau bleiben“, erklärte Britz. Sachlich heißt: Es ist noch lange nicht entschiede­n, ob der Wald überhaupt einem Wohngebiet weichen muss. Ein Bebauungsp­lan soll frühestens Ende des Jahres aufgestell­t werden. Bis dahin kann sich durch die Wahlen sowohl die Besetzung des Stadtrates als auch die Position des Rathausche­fs ändern. Die Stadt lässt aktuell Gutachten erstellen. Es geht um die Hanglage des Waldes, um den Verkehr, bedrohte Tierarten und auch um Starkregen­ereignisse. „Als ich Anfang der 90er-Jahre hierher gezogen bin, gab es ein Unwetter, und viele Häuser, gerade in den tieferen Regionen der Peter-Zimmer-Straße, hatten Wasser und Schlamm in den Kellern und Wohnungen. Wenn der Wald weg kommt und eine große Fläche versiegelt wird, wird sich ein Unwetter auf deutlich mehr Häuser auswirken“, sagte Anwohner Lutz Borschen. Charlotte Britz sicherte den Bürgern zu, dass es eine intensive Beratung geben wird, alle Meinungen und Gutachten ernst genommen werden und dass die Bürger noch einmal gehört werden, bevor eine Entscheidu­ng fällt.

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FOTO: HEIKO LEHMANN Oberbürger­meisterin Charlotte Britz diskutiert­e mit Bürgern, die das neue Wohngebiet am Heidenkopf verhindern wollen.

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