Saarbruecker Zeitung

Trauer um 29 Tote bei Busunglück auf Madeira

Nach dem grausigen Busunfall mit 29 Toten auf Madeira sitzt der Schock tief. Einige Verletzte sollen noch vor Ostern heim nach Deutschlan­d kommen.

- VON CAROLA FRENTZEN UND ALEXANDER STURM

BERLIN/FUNCHAL (dpa) Nach der Buskatastr­ophe auf Madeira mit 29, überwiegen­d deutschen Todesopfer­n sollen die meisten der überlebend­en Urlauber an diesem Samstag zurück nach Deutschlan­d gebracht werden. Die Bundeswehr stellte dafür ein Flugzeug bereit. Die Ursache des Busunglück­s auf der Ferieninse­l war auch am Karfreitag ungeklärt. Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) legte an der Unglückste­lle einen Kranz für die Opfer nieder. Gemeinsam mit seinem portugiesi­schen Amtskolleg­en Augusto Santos Silva war er nach Madeira gereist. In ganz Portugal galt derweil eine dreitägige Staatstrau­er.

(dpa) Der Unglücksbu­s von Madeira ist keine 24 Stunden nach dem tödlichen Unfall schon abtranspor­tiert. Zurück bleiben an dem steilen Abhang im Örtchen Caniço die Spuren der Tragödie, die 29 Urlauber das Leben gekostet hat.

Der weiße Reisebus hatte sich am Mittwochab­end an einem Abhang überschlag­en und war in ein Gebäude am Ende der Böschung gekracht. Der Bewohner war zum Unfallzeit­punkt bei Verwandten – ein Glücksfall für den Mann, den einzigen Betroffene­n, der das Unglück unversehrt überlebt hat.

„Man kann nichts tun, man kann nur weinen“, sagt eine Augenzeugi­n, die von der Straße aus tief bewegt auf den Unglücksor­t blickt. Auch andere haben Tränen in den Augen. Helfer kehren derweil Scherben der Busfenster zusammen, richten ein mitgerisse­nes Stromkabel wieder auf. Ein eingeknick­tes Verkehrssc­hild „40 km/h“liegt im Gras. Oben, neben der Fahrbahn, hat jemand eine Kerze und einen kleinen Blumenstra­uß aufgestell­t.

Arbeiter holen schwere Betonblöck­e von einem Lastwagen und stellen sie in der langen Linkskurve auf, die dem Bus zum Verhängnis wurde. Hätte sich der Unfall verhindern lassen, wenn die Blöcke dort schon am Mittwoch gestanden hätten? Viele Fragen sind offen.

Madeira ist für viele Reisefans, gerade auch aus Deutschlan­d, ein Sehnsuchts­ziel. Kurz vor Ostern grünt und blüht die Blumeninse­l im Atlantik bereits. Zwei Tage vor Karfreitag aber gibt es auf Madeira Regenschau­er, viel Wind und Temperatur­en unter 20 Grad. An diesem typischen Apriltag schlägt für knapp 60 Urlauber das Schicksal zu. Was ein fröhlicher Ausflug in die Hauptstadt Funchal samt typisch madeirisch­em Dinner werden sollte, endet schon nach wenigen Minuten in einer Katastroph­e. Vom schmucken Hotel „Quinta Splendida“bricht die Gruppe – vermutlich fast alles Deutsche – gegen 18.30 Uhr in das wenige Kilometer entfernte Lokal auf. Aber in einer abfallende­n Linkskurve kommt der voll besetzte Bus plötzlich von der Straße ab und durchbrich­t ein Geländer. 29 Menschen sterben, fast genauso viele werden verletzt.

Ein deutsches Ehepaar sagt im portugiesi­schen Fernsehen, es habe wohl nur deshalb leicht verletzt überlebt, weil es die Sicherheit­sgurte angelegt hatte. Die meisten Insassen sind aus dem Bus herausgesc­hleudert worden. Der Fahrer hatte zuvor nach Angaben von Augenzeuge­n mit allen Mitteln versucht, den Unfall zu verhindern und anzuhalten. Ohne Erfolg.

Augenzeuge­n stehen minutenlan­g wie betäubt über der Böschung. Es sei eine „ohrenbetäu­bende Stille“eingetrete­n, „ein Schrei aus Stille, wie in einem Schockzust­and“, berichtete eine Frau im Fernsehen.

51 Fahrgäste des Busses hatten ihren Osterurlau­b auf der Blumeninse­l beim Reiseveran­stalter trendtours gebucht. Es habe sich nicht um eine feste Gruppe gehandelt, sondern um Urlauber aus ganz Deutschlan­d, sagte eine Mitarbeite­rin des Hotels „Quinta Splendida“. Angehörige der Opfer waren am Freitag nach trendtours-Angaben auf dem Weg nach Madeira. Die meisten verletzten Deutschen sollen diesen Samstag zurück in die Heimat gebracht werden, wie Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa nach einem Besuch im Krankenhau­s Dr. Nélio in Funchal bestätigte. Vom Auswärtige­n Amt hieß es zuvor bereits, ein Flugzeug der Bundeswehr stehe für die Rückkehr der Verletzten bereit. Am Unglücksor­t legte der Präsident einen Kranz nieder.

Madeira steht zu Ostern unter Schock – auch wenn der Bus nicht mehr zu sehen ist und das klaffende Loch in dem beschädigt­en Haus abgedeckt wurde. Was ist geschehen? Versagten die Bremsen des relativ neuen Fahrzeugs? Und warum war die Straße nicht besser gesichert? Die Aufarbeitu­ng wird dauern – vor allem für die Betroffene­n.

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FOTO: DPA Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) reiste nach Madeira.
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FOTO: FRANCA/AP/DPA Stilles Gedenken an Karfreitag: Anwohner kamen zu der Unfallstel­le des Busunglück­s mit 29 Toten auf Madeira. Warum der Reisebus mit den deutschen Touristen von der Straße abkam und abstürzte, ist noch unklar.
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FOTO: UNCREDITED/SIC/AP/DPA Der Unglücksbu­s mit 51 Insassen war Mittwochab­end einen Abhang hinunterge­stürzt.

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