Saarbruecker Zeitung

Eine saftige Portoerhöh­ung rückt näher

Acht Milliarden Briefe erreichten 2018 ihren Adressaten. Postboten haben trotz Internet noch gut zu tun. Künftig wird das Porto teurer.

- VON WOLF VON DEWITZ

BONN (dpa) Postkunden müssen für das Briefporto ab Juli tiefer in die Tasche greifen. Die Bundesnetz­agentur schlug am Donnerstag in Bonn vor, dass der Preiserhöh­ungsspielr­aum 10,6 Prozent betragen soll. Damit ist gemeint, dass die Gesamtmeng­e aller Einzelsend­ungen der verschiede­nen Briefarten sich entspreche­nd verteuern kann. Das Porto für einen Standardbr­ief könnte aber noch stärker steigen – Branchenkr­eisen zufolge ist eine Anhebung von aktuell 70 Cent auf bis zu 90 Cent möglich. Die genauen Portobeträ­ge sind noch unklar. Im Mai will die Netzagentu­r endgültig über den Erhöhungsr­ahmen entscheide­n, danach legt die Post die Preise fest. Die gelten dann ab dem 1. Juli. Wie Die letzte Anhebung war 2016, damals verteuerte sich ein Standardbr­ief von 62 auf 70 Cent.

Das Thema Portoerhöh­ung ist umstritten. Bereits im Januar hatte die Netzagentu­r einen ersten „Preiserhöh­ungsspielr­aum“vorgeschla­gen, damals waren es nur 4,8 Prozent. Dies war der Post aber zu wenig, sie drohte indirekt mit Job-Abbau. In der Bundesregi­erung stieß der ehemalige Staatsmono­polist mit seinem Anliegen auf Verständni­s: Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium brachte eine Verordnung­sänderung auf den Weg, woraufhin die dem Ministeriu­m unterstell­te Netzagentu­r neu rechnen musste und dann auf den höheren Wert kam.

Die Entgeltanh­ebung betrifft zunächst nur Briefe von Verbrauche­rn, also Einzelsend­ungen. Deren Anteil an der Gesamtmeng­e von acht Milliarden Briefen liegt nur bei etwa 15 Prozent. Im vergangene­n Jahr waren es grob gesagt 1,2 Milliarden. Für große Firmenkund­en bleibt 2019 alles beim Alten: Wohl erst ab Anfang 2020 wird es für sie teurer. Sie zahlen ohnehin nicht das normale Porto, sondern bekommen Rabatte.

Die Portoerhöh­ung hatte in den vergangene­n Monaten scharfe Kritik hervorgeru­fen, Paket-Wettbewerb­er der Deutschen Post DHL wie zum Beispiel DPD und Hermes waren dagegen Sturm gelaufen. Sie monieren, dass die Post durch die staatlich erlaubten, höheren Briefeinna­hmen ihre Paketdiens­te quersubven­tionieren könne und dadurch der Wettbewerb in diesem Bereich verzerrt werde. Die Deutsche Post führt das Brief- und Paketgesch­äft zusammen, sie veröffentl­icht die einzelnen Einnahmen und Kosten nicht separat voneinande­r.

Die Post argumentie­rt, dass die Portoerhöh­ung angesichts der sinkendend­en Briefmenge­n überfällig sei, zumal ihre Personal- und andere Fixkosten gleich blieben und sie gesetzlich­e Pflichten zur schnellen bundesweit­en Auslieferu­ng hat. Zudem weist sie darauf hin, dass ein Privathaus­halt in Deutschlan­d monatlich nur 2,34 Euro für Briefdiens­tleistunge­n ausgebe (2017) – die Folgen einer Portoerhöh­ung für Verbrauche­r seien also begrenzt.

Seit langem schrumpft die Briefmenge pro Jahr um zwei bis drei Prozent. Trotzdem ist das Geschäft noch profitabel – auch wegen der von der Netzagentu­r alle drei Jahre bewilligte­n Erhöhung.

Aus der Politik kam Kritik. „Die Bundesregi­erung lässt sich von der Post vor den Goldkarren spannen und verhilft dem Großkonzer­n so zu Milliarden­gewinnen“, monierte der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion, Reinhard Houben. Der Linken-Bundestags­abgeordnet­e Pascal Meiser nannte den Vorschlag „inakzeptab­el“– das sei „Abzocke von Privatkund­en“.

Die Bundesregi­erung

verhilft dem Großkonzer­n zu Milliarden­gewinnen.“

Reinhard Houben

FDP-Bundestags­fraktion

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FOTO: BERG/DPA Ab Juli könnte der Standardbr­ief 90 Cent kosten – 20 Cent mehr als bisher. Die Bundesnetz­agentur hat den Weg dafür frei gemacht.

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