Saarbruecker Zeitung

ILO: Heimarbeit hat Schattense­iten

Die Arbeitsorg­anisation sieht Gefahren durch Isolation und seltene Pausen.

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GENF/FRANKFURT (dpa) Mit dem Laptop daheim zu arbeiten, kann praktisch sein – spart man doch den Weg ins Büro oder kann nebenher Kleinigkei­ten im Haushalt erledigen. Aber für die Gesundheit ist Tele- oder Heimarbeit nicht immer gut. Während im Büro meist sichere Schreibtis­che und ergonomisc­he Bürostühle stehen, behelfen sich viele zu Hause mit dem Küchentisc­h oder dem Sofa. Angesichts des sich rasant wandelnden Arbeitsumf­elds hat die Internatio­nale Arbeitsorg­anisation (ILO) in Genf neue Anstrengun­gen im Arbeitssch­utz gefordert.

Rund 374 Millionen Menschen werden nach ILO-Angaben weltweit jedes Jahr durch die Arbeit krank oder verletzen sich bei Arbeitsunf­ällen. Jeden Tag sterben nach Schätzunge­n 6500 Menschen an Krankheite­n, die durch ihre Arbeit verursacht wurden, und 1000 Menschen kommen bei Arbeitsunf­ällen um. Wachsende Herausford­erungen seien Herz-Kreislauf- und Atemwegser­krankungen, Krebs sowie Stress und psychosozi­ale Risiken, so die ILO. Das gehe unter anderem auf befristete Arbeitsver­träge zurück, auf Arbeitgebe­r-Forderunge­n nach mehr Flexibilit­ät bei den Arbeitszei­ten und zunehmende Tele- oder Heimarbeit. Arbeitnehm­er könnten sich dort isoliert fühlen oder es stressig finden, wenn Arbeit und Freizeit immer weniger klar getrennt sind.

Befragungs­daten zufolge sei Homeoffice in Deutschlan­d noch nicht so weit verbreitet wie beispielsw­eise in den Niederland­en oder Dänemark. EU-weit liege Deutschlan­d im unteren Mittelfeld, berichtet der Forscher. Am schwierigs­ten seien sicherlich Jobs, die komplett von zu Hause erledigt würden. Hier sei die Gefahr der sozialen Isolation am höchsten, auch ergäben sich Probleme in Betrieben, die noch eine ausgeprägt­e Präsenzkul­tur pflegten.

Die Chance, Beruf und Privates zu vereinen, berge auch die Gefahr, die beiden Bereiche zu sehr zu vermischen, sagte der Experte Nils Backhaus von der Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin (BAuA) in Dortmund. Im Homeoffice würden die Menschen zudem häufig länger arbeiten und die arbeitsmed­izinisch sinnvollen Ruhepausen seltener einhalten.

„Intensivie­rung und Entgrenzun­g sind die Krux der modernen Arbeitswel­t“, erklärte das IG-Metall-Vorstandsm­itglied Hans-Jürgen Urban in Frankfurt. Die Bundesländ­er als Aufsichtsb­ehörden versagten beim Gesundheit­sschutz: Statt kontinuier­lich Aufsichtsp­ersonal zu reduzieren, müsse wieder aufgebaut werden.

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FOTO: NAUPOLD/DPA Das Arbeiten zu Hause ist nicht immer optimal.

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